Twitter soll wie Tiktok werden
Elon Musk sprach mit den Mitarbeitern über seine Ideen im Falle einer Übernahme.
SAN FRANCISCO (dpa) Twitter soll im Falle einer Übernahme durch Elon Musk umgekrempelt werden und weitaus mehr Nutzer erreichen. In einer Videokonferenz mit Mitarbeitern des Online-Dienstes sagte der Tech-Milliardär, Twitter müsse mehr Funktionalität bieten und unterhaltsamer sein – und nannte die chinesischen Apps Wechat und Tiktok als Vorbilder. So könne der US-Kurznachrichtendienst auf eine Milliarde Nutzer kommen – eine Nutzerzahl, die für Twitter bislang stets weit außer Reichweite war. Wechat ist eine sogenannte SuperApp, die alle möglichen Funktionen von Messaging bis hin zu Einkaufsund Bezahlmöglichkeiten beinhaltet. Bei Tiktok bekommen die Nutzer ein kurzes Video nach dem anderen vorgeschlagen.
Die Twitter-Belegschaft wurde auch auf mögliche Jobkürzungen vorbereitet. Musk will Twitter auch persönlich seinen Stempel aufdrücken. Er gehe davon aus, dass die Mitarbeiter auf seine Vorschläge zu Funktionen hören werden, sagte der Chef des Elektroauto-Herstellers Tesla. Unter den Produktideen, die Musk dabei am Donnerstag nannte, war zum Beispiel, für die heute kostenlose Verifizierung der Nutzer Geld zu nehmen.
Frühere Kritik Musks, Twitter schränke zu stark die Redefreiheit ein, hatte auch Sorgen ausgelöst, dass unter seiner Regie mehr Tweets mit Falschinformationen oder Beleidigungen auf der Plattform bleiben könnten. Nun räumte er zwar ein, dass Nutzer Twitter verlassen würden, wenn sie angegriffen würden oder sich unwohl fühlten. Doch sie sollten auch „ziemlich empörende“Dinge veröffentlichen dürfen. Twitter könne aber die Verbreitung solcher Tweets drosseln.
Bei Musks Raumfahrtfirma Space X bekamen Mitarbeiter hingegen gerade die Grenzen der internen Redefreiheit zu spüren: Sie hatten in US-Medien einen offenen Brief in Umlauf gebracht, in dem sie sein Verhalten unter anderem auf der Twitter-Plattform als peinlich und als eine Ablenkung für das Unternehmen kritisierten. Mehrere Initiatoren des Briefs wurden entlassen, wie die „New York Times“unter Berufung auf eine interne E-Mail berichtete.
Dank Musks Online-Aktivitäten gerieten zuletzt auch Space X und Tesla ins Visier einer Anlegerklage: Ein US-Investor zog wegen erlittener Verluste mit dem Krypto-Spekulationsobjekt Dogecoin vor Gericht. Er wirft Musk und seinen Firmen vor, Teil eines illegalen Schneeballsystems zu sein, das den Dogecoin-Preis hochgetrieben habe; dann habe es ihn abstürzen lassen.
Mit Blick auf einen möglichen Stellenabbau bei Twitter sagte Musk, der Dienst müsse finanziell gesund sein – und im Moment lägen die Kosten über den Erlösen. Wer einen bedeutenden Beitrag leiste, habe jedoch nichts zu befürchten. Die Unterhaltung mit Musk war zwar nur für die Belegschaft gedacht – Twitter-Mitarbeiter teilten Informationen daraus jedoch freigiebig.
Weiter ist unklar, ob Musk am Ende Twitter-Eigentümer wird. Er einigte sich mit dem Twitter-Verwaltungsrat zwar auf eine Übernahme, ist aber auf die Zustimmung der Mehrheit der Anteilseigner angewiesen. Zugleich erklärte er den Deal für ausgesetzt, weil er Zweifel an den Angaben zur Zahl der FakeAccounts habe. Twitter konterte, dass Musk die Vereinbarung nicht einseitig auf Eis legen könne, und zeigte sich entschlossen, sie durchzusetzen.