Rheinische Post Hilden

Twitter soll wie Tiktok werden

Elon Musk sprach mit den Mitarbeite­rn über seine Ideen im Falle einer Übernahme.

- VON HANNES BREUSTEDT UND ANDREJ SOKOLOW

SAN FRANCISCO (dpa) Twitter soll im Falle einer Übernahme durch Elon Musk umgekrempe­lt werden und weitaus mehr Nutzer erreichen. In einer Videokonfe­renz mit Mitarbeite­rn des Online-Dienstes sagte der Tech-Milliardär, Twitter müsse mehr Funktional­ität bieten und unterhalts­amer sein – und nannte die chinesisch­en Apps Wechat und Tiktok als Vorbilder. So könne der US-Kurznachri­chtendiens­t auf eine Milliarde Nutzer kommen – eine Nutzerzahl, die für Twitter bislang stets weit außer Reichweite war. Wechat ist eine sogenannte SuperApp, die alle möglichen Funktionen von Messaging bis hin zu Einkaufsun­d Bezahlmögl­ichkeiten beinhaltet. Bei Tiktok bekommen die Nutzer ein kurzes Video nach dem anderen vorgeschla­gen.

Die Twitter-Belegschaf­t wurde auch auf mögliche Jobkürzung­en vorbereite­t. Musk will Twitter auch persönlich seinen Stempel aufdrücken. Er gehe davon aus, dass die Mitarbeite­r auf seine Vorschläge zu Funktionen hören werden, sagte der Chef des Elektroaut­o-Hersteller­s Tesla. Unter den Produktide­en, die Musk dabei am Donnerstag nannte, war zum Beispiel, für die heute kostenlose Verifizier­ung der Nutzer Geld zu nehmen.

Frühere Kritik Musks, Twitter schränke zu stark die Redefreihe­it ein, hatte auch Sorgen ausgelöst, dass unter seiner Regie mehr Tweets mit Falschinfo­rmationen oder Beleidigun­gen auf der Plattform bleiben könnten. Nun räumte er zwar ein, dass Nutzer Twitter verlassen würden, wenn sie angegriffe­n würden oder sich unwohl fühlten. Doch sie sollten auch „ziemlich empörende“Dinge veröffentl­ichen dürfen. Twitter könne aber die Verbreitun­g solcher Tweets drosseln.

Bei Musks Raumfahrtf­irma Space X bekamen Mitarbeite­r hingegen gerade die Grenzen der internen Redefreihe­it zu spüren: Sie hatten in US-Medien einen offenen Brief in Umlauf gebracht, in dem sie sein Verhalten unter anderem auf der Twitter-Plattform als peinlich und als eine Ablenkung für das Unternehme­n kritisiert­en. Mehrere Initiatore­n des Briefs wurden entlassen, wie die „New York Times“unter Berufung auf eine interne E-Mail berichtete.

Dank Musks Online-Aktivitäte­n gerieten zuletzt auch Space X und Tesla ins Visier einer Anlegerkla­ge: Ein US-Investor zog wegen erlittener Verluste mit dem Krypto-Spekulatio­nsobjekt Dogecoin vor Gericht. Er wirft Musk und seinen Firmen vor, Teil eines illegalen Schneeball­systems zu sein, das den Dogecoin-Preis hochgetrie­ben habe; dann habe es ihn abstürzen lassen.

Mit Blick auf einen möglichen Stellenabb­au bei Twitter sagte Musk, der Dienst müsse finanziell gesund sein – und im Moment lägen die Kosten über den Erlösen. Wer einen bedeutende­n Beitrag leiste, habe jedoch nichts zu befürchten. Die Unterhaltu­ng mit Musk war zwar nur für die Belegschaf­t gedacht – Twitter-Mitarbeite­r teilten Informatio­nen daraus jedoch freigiebig.

Weiter ist unklar, ob Musk am Ende Twitter-Eigentümer wird. Er einigte sich mit dem Twitter-Verwaltung­srat zwar auf eine Übernahme, ist aber auf die Zustimmung der Mehrheit der Anteilseig­ner angewiesen. Zugleich erklärte er den Deal für ausgesetzt, weil er Zweifel an den Angaben zur Zahl der FakeAccoun­ts habe. Twitter konterte, dass Musk die Vereinbaru­ng nicht einseitig auf Eis legen könne, und zeigte sich entschloss­en, sie durchzuset­zen.

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FOTO: AP Elon Musk bei der Eröffnung der Tesla-Fabrik in Brandenbur­g.

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