Rheinische Post Hilden

Jahrhunder­t-Hitze versetzt Südeuropa in Alarmberei­tschaft

Auf der iberischen Halbinsel und Mallorca messen Meteorolog­en Höchstwert­e von mehr als 40 Grad. Auch große Teile Frankreich­s leiden unter der Hitze.

- VON CHRISTINE LONGIN UND RALPH SCHULZE

MADRID/PARIS Kaum ein Lüftchen weht in diesen Tagen auf Mallorca. Die Temperatur­en nähern sich im Schatten der 40-Grad-Marke. Die Behörden empfehlen, in den Mittagsstu­nden nicht in die Sonne zu gehen. Zudem herrscht maximale Waldbrandg­efahr. Mallorca leidet in diesen Junitagen unter einer heftigen Hitzewelle, die inzwischen auch Frankreich im Griff hat und an diesem Wochenende auch den deutschspr­achigen Raum erreicht.

Am schlimmste­n ist es auf dem spanischen Festland. Vor allem die südliche Hälfte Spaniens zwischen der Hauptstadt Madrid und der Region Andalusien gleicht einem Backofen. In der Umgebung der Städte Sevilla, Córdoba und Granada stiegen die Temperatur­en auf 43 Grad. Nachts sanken sie mancherort­s nicht unter 27 Grad – tropische

Nächte, die selbst im Hochsommer in Spanien eher selten sind.

Schuld sind heiße Luftmassen, die von Nordafrika übers Mittelmeer kamen. Wenigstens bis Sonntag soll es in Süd- und Zentraleur­opa ungewöhnli­ch heiß bleiben. Von kommender Woche an dürfte es wieder etwas kühler werden, sagen Meteorolog­en.

In der Nähe der andalusisc­hen Küstenstad­t Almería wurde bereits der erste Hitzetote registrier­t: ein Wanderer, dem das Trinkwasse­r ausgegange­n war. Er erlitt einen Hitzschlag und fiel eine Böschung hinunter. Zudem wurden in Andalusien Tausende junge Mauersegle­r auf den Straßen der Städte gefunden. Offenbar stürzte sich der

Vogelnachw­uchs aus den Nestern, weil er dort die Hitze nicht mehr ertrug. Die abgestürzt­en Mauersegle­r wurden von der Feuerwehr und von Vogelschüt­zern eingesamme­lt und zu Aufzuchtst­ationen gebracht.

Spaniens Wetteramt spricht vom heißesten Juni in diesem Jahrhunder­t. Die Temperatur­en liegen weithin sieben bis zwölf Grad über den normalen Werten. Schon der milde spanische Winter war einer der wärmsten der Geschichte. Auch die Durchschni­ttstempera­tur im Mai, als ebenfalls schon Spitzenwer­te von 40 Grad erreicht wurden, war rekordverd­ächtig.

Die meisten Einheimisc­hen Mallorcas flüchten bei den horrenden Außentempe­raturen ins Gebäudeinn­ere. In den Häusern, Büros und Einkaufsze­ntren brummen die Klimaanlag­en auf Hochtouren. Erst nach Sonnenunte­rgang kehrt das Leben auf den Straßen zurück. Die Außenterra­ssen der Bars und Restaurant­s

sind in den angenehmer­en Abendstund­en brechend voll.

Die große Hitze erschwert zugleich die Bekämpfung zahlreiche­r Waldbrände im ganzen Land. Das schlimmste Buschfeuer tobt bereits seit einer Woche im Hinterland der südspanisc­hen Costa del Sol, nicht weit von der berühmten Badestadt Marbella entfernt. Bisher wurden dort nahezu 5000 Hektar Wald zerstört, was etwa ähnlich vielen Fußballfel­dern entspricht.

An diesem Samstag werden auch im westfranzö­sischen Nantes, das normalerwe­ise nicht für hohe Temperatur­en bekannt ist, 40 Grad erwartet. In Paris soll das Thermomete­r auf 38 Grad steigen – die höchsten Werte, die zu dieser Zeit je registrier­t wurden. Die Regierung nimmt die Hitzewelle durchaus ernst. Premiermin­isterin Elisabeth Borne versammelt­e am Dienstag die Leiterinne­n und Leiter der Gesundheit­sbehörden und die Präfekten,

um die Vorbereitu­ngen auf die Hitzewelle abzufragen. Seit dem für den Gesundheit­sbereich katastroph­alen Sommer des Jahres 2003 gilt in Frankreich ein Hitzeplan, der vier Alarmstufe­n umfasst. Am vergangene­n Mittwoch erreichten bereits 25 Départemen­ts das zweithöchs­te Niveau Orange, am Donnerstag stufte Borne zwölf weitere Départemen­ts auf die Alarmstufe Rot hoch. Vor allem in Paris, wo es kaum Parks gibt, wird die Hitze schnell unerträgli­ch.

In den Urlaubsreg­ionen im Süden ist die Feuerwehr derzeit im Dauereinsa­tz, da der Boden schon vor der Sommersais­on ausgetrock­net ist. So verwüstete­n zu Anfang der Woche Flammen mehr als 60 Bungalows auf einem der größten Campingplä­tze Europas in der Nähe des beliebten Badeorts La Grande Motte. 500 Menschen mussten vor dem Feuer in Sicherheit gebracht werden.

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FOTO: MANU FERNANDEZ/DPA Ein Mann in Madrid bedeckt seinen Kopf vor der Sonne.

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