Rheinische Post Hilden

Auf Ermittlung im All

Das Ensemble des Jungen Schauspiel­s erfreut mit dem Space-Krimi „High Noon“.

- VON CLAUS CLEMENS

DÜSSELDORF Wer per Anhalter durchs Weltall reisen will, braucht mehr als nur einen Daumen. In alle vier Himmelsric­htungen, plus nach oben und unten, muss man um eine Mitfahrgel­egenheit bitten. Das ist beinahe immer zum Scheitern verurteilt, wie man in dem neuen Stück des Jungen Schauspiel­s erleben kann. „High Noon – Tatort: Orbit“heißt die vom siebenköpf­igen Ensemble erarbeitet­e Produktion. Sie spielt im Weltraum, weil die Erde unbewohnba­r geworden ist.

Die Erde – unser blauer Planet. Traurig blickt ein Wal vom Bühnenhimm­el, abgemagert bis auf sein Skelett. Das irdische Blau war einst seine Heimat, die Ozeane mit ihrer schier unendliche­n Weite. Dann wurde das Meer vermüllt, die Riesensäug­er starben aus, und nur der letzte Wal überlebte, weil er sich ins All flüchtete. Im Space-Krimi „High Noon“ist er der Erzähler.

Inzwischen ist auch der Orbit mit Plastik verdreckt. Mystique (Noëmi Krausz) arbeitet als Weltraum-Ermittleri­n und muss sich mit illegalen Deponien beschäftig­en. Zur Seite steht ihr ein neuer Partner, Jean L’Energique (Felicia Chin-Malenski). Der aber hat nichts als Pflanzen im Kopf und möchte eigentlich ganz irdisch leben. Jetzt kommt Trampen ins Spiel, denn bei der kriminalis­tischen Recherche ist plötzlich das Fahrzeug der beiden verschwund­en. Man winkt mit den Daumen in alle Richtungen, vergeblich.

Bewegung in ungewohnte­n Räumen, das lieben die Schauspiel­er.

Zumal wenn sie dabei fachkundig unterstütz­t werden, wie in diesem Fall durch den Choreograf­en Leon Stille. Mystique und Jean L’Energique müssen ihre irdischen Körper durch die Schwerelos­igkeit manövriere­n, spüren bei einem Kurzbesuch auf der Erde wieder jedes Kilo als üble Last, und sie müssen lernen, mit den ganz menschlich­en Bedürfniss­en von Darm und Blase umzugehen.

Das allein ist bereits eine sehenswert­e Spielhandl­ung. In der Ensemble-Produktion kommt aber noch eine ganze Menge Action hinzu. Die Ermittler stoßen im Orbit auf eine Bande von Kopfgeldjä­gern, geraten dabei in eine furiose Schlägerei und finden unter dem illegalen Müll schließlic­h einen Menschen, der sein Gedächtnis verloren hat. Dessen merkwürdig­es Verhalten bringt sie schließlic­h auf die Spur eines geheimnisv­ollen Labors. Einschließ­lich ziemlich schräger Labormäuse, die ihre Reagenzglä­ser berserkerh­aft rütteln.

Man staunt in diesem knapp einstündig­en Theatererl­ebnis über die Vielzahl an Einfällen, über die schönen Lichtbrech­ungen, den Weltraumne­bel und die sphärische Musik. Nur die vielen Namen wollen sich nicht so recht einprägen, da mangelt es an deutlicher Aussprache. Den Erzähler-Wal stört das nicht, er will ohnehin ein Anonymus bleiben. Und ein weiser Freund von Utopien, der sein junges Publikum nicht ohne Hoffnung aus dem Bühnen-Orbit entlässt.

Info Ein Stück für alle ab zwölf Jahren. Vor der Sommerpaus­e gibt es noch eine Vorstellun­g am Samstag, 18. Juni, 19 Uhr. Karten an der Abendkasse und online: ticket.dhaus.de

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