Bundespräsident kritisiert Veranstalter der Documenta
KASSEL (kna) Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier hat die 15. Documenta am Samstag mit deutlicher Kritik an Veranstaltern und Kuratoren eröffnet. Auch der Antisemitismus-Beauftragte der Bundesregierung, Felix Klein, äußerte scharfe Kritik. Steinmeier erklärte in Kassel: „Es fällt auf, wenn auf dieser bedeutenden Ausstellung zeitgenössischer Kunst wohl keine jüdischen Künstlerinnen oder Künstler aus Israel vertreten sind.“Es verstöre ihn, „wenn weltweit neuerdings häufiger Vertreter des globalen Südens sich weigern, an Veranstaltungen, an Konferenzen oder Festivals teilzunehmen, an denen jüdische Israelis teilnehmen“.
Die alle fünf Jahre stattfindende Documenta wird 2022 erstmals von einem Kuratorenkollektiv aus dem globalen Süden verantwortet. Steinmeier betonte, eine demokratische Gesellschaft dürfe Künstler nicht bevormunden oder instrumentalisieren. „Kunst darf anstößig sein, sie soll Debatten auslösen.“Auch Kritik an israelischer Politik sei erlaubt, „doch wo Kritik an Israel umschlägt in die Infragestellung seiner Existenz, ist die Grenze überschritten“.
Er habe die Diskussion im Vorfeld der jetzigen Documenta sehr genau verfolgt, „auch manchen gedankenlosen, leichtfertigen Umgang mit dem Staat Israel“, unterstrich Steinmeier. Denn so berechtigt manche Kritik an der israelischen Politik sei: „Die Anerkennung der israelischen Staatlichkeit ist die Anerkennung der Würde und Sicherheit der modernen jüdischen Gemeinschaft; die Anerkennung ihrer Existenzgewissheit.“Er hätte sich gewünscht, dass vor der Eröffnung der Documenta über all das diskutiert worden wäre, sagte Steinmeier. „Und ich bedauere, dass es nicht möglich war, eine direkte Diskussion zwischen den Vertretern des globalen Südens, der jüdischen Gemeinschaft in Deutschland und Israel zu organisieren.“
Klein sagte der „Bild am Sonntag“, es sei den Verantwortlichen der Documenta nicht gelungen, die Antisemitismus-Vorwürfe in glaubwürdiger Weise auszuräumen. Er teile die kritische Einschätzung Steinmeiers. „Es kann nicht sein, dass Antisemitismus Teil des von der öffentlichen Hand geförderten künstlerischen Diskurses in Deutschland ist.“