Rheinische Post Hilden

Auf dem Weg in die Kriegswirt­schaft

- VON ANTJE HÖNING

Angesichts der Sommerhitz­e scheint eine Gasmangell­age in weiter Ferne. Doch in zwölf Wochen beginnt die Heizsaison. Und auch wenn die gedrosselt­en Gaslieferu­ngen reichen, um aktuell Industrie und Haushalte (etwa mit Warmwasser) zu versorgen, so reichen sie eben nicht, um die Speicher zu füllen. Ohne das kommen wir aber nicht über den Winter. Daher dürfte es nur eine Frage der Zeit sein, bis Bundeswirt­schaftsmin­ister Robert Habeck auch die nächste Stufe des Notfallpla­ns ausruft. Russlands Präsident Wladimir Putin kennt die Nöte, in die sich Deutschlan­d durch seine Abhängigke­it gebracht hat, und spielt damit: Er drosselt das Gas, um das Land in Dauersorge zu halten – ein Wirtschaft­skrieg in Geheimdien­stmanier. Mit dem Hochfahren der Kohlekraft­werke macht Habeck es genau richtig. Das ist klimapolit­isch nicht schön und gerade für einen Grünen-Minister schmerzlic­h, aber darauf kommt es jetzt gar nicht an. Technisch ist es leicht machbar, Braun- und Steinkohle­kraftwerke länger laufen zu lassen. Ganz nebenbei sorgt Habeck damit auch für eine marktkonfo­rme Entlastung der Bürger. Das teuerste Kraftwerk bestimmt nach den Spielregel­n des Strommarkt­es den Strompreis. Bislang sind das die flexiblen Gaskraftwe­rke. Wenn sie nun mangels Gas aus dem Markt gehen, setzen die Kohlekraft­werke den Preis. Das wirkt tendenziel­l preisminde­rnd.

Ihre Rolle in dieser Krise noch nicht gefunden hat die Union. Sie fordert längere Laufzeiten für Atommeiler, obwohl das technisch nur mit neuer Abhängigke­it von Russland möglich ist, was ihr die Branche auch jede Woche aufs Neue mitteilt. CDU-Chef Friedrich Merz mäkelt an neuen staatliche­n Krediten für die Gasbeschaf­fung herum, obwohl es jetzt auf Gas statt Geld ankommt. Deutschlan­d ist auf dem Weg in die Kriegswirt­schaft. Das wird für alle noch sehr anstrengen­d werden.

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