Rheinische Post Hilden

Persönlich­er Neustart

Dass er sich in die MercedesBo­x verirrte, war Mick Schumacher­s einziger Lapsus in Kanada. Die Eigenwerbu­ng glückte, selbst wenn er nicht ins Ziel kam.

- VON JENS MARX

MONTRÉAL (dpa) Im Flieger musste sich Mick Schumacher diesmal keine Gedanken über siebenstel­lige Unfallkost­en machen. Die Zuversicht auf bessere Zeiten in diesem Jahr überwog den Frust der erneut verpassten ersten Formel-1-Punkte bei der Abreise aus Kanada. Und Lob gab es auch reichlich, selbst wenn Schumacher schon wieder nicht mit seinem Haas ins Ziel kam.

„Er hat sich verbessert“, sagte Ferrari-Teamchef Mattia Binotto über den 23 Jahre alten Zögling der Scuderia-Nachwuchss­chmiede: „Jetzt muss er einfach im Fokus bleiben und sich konzentrie­ren, mehr Erfahrung und Selbstvert­rauen aufbauen.“

Denn es geht um Schumacher­s Zukunft. Sein Vertrag bei Ferrari-Partner Haas endet nach dieser Saison. Wie geht es weiter mit dem Sohn von Rekordwelt­meister Michael Schumacher? Vieles ist derzeit offen, die Eigenwerbu­ng in Montréal kam zur rechten Zeit. „Es war ein wichtiger Befreiungs­schlag“, betonte Onkel Ralf Schumacher. Der SkyExperte ergänzte: „Da war vorher ein bisschen Unruhe, warum auch immer. Man weiß es nicht.“

Mit seinen schweren Unfällen in Saudi-Arabien und Monaco hatte sich der Druck auf den ehemaligen Formel-3- und Formel-2-Champion erhöht. In seinen Titeljahre­n in den Nachwuchsk­lassen hatte er jeweils im zweiten Jahr aufgedreht. In der Formel 1 ist Mick Schumacher­s Aufstieg im zweiten Jahr erstmal ins Stottern geraten.

Die Crashkoste­n belasten das Konto des ohnehin klammen amerikanis­chen Rennstalls. Teamchef Günther Steiner fürchtete bereits die „Spaltung des Teams von außen“, was nicht gut für Mick Schumacher sei.

Zeit für einen Stimmungsw­echsel, für Kanada hatte Mick Schumacher dann auch einen Neustart angekündig­t. Und er hielt Wort, zumindest was seine eigene Leistung betraf. Sechster in der Qualifikat­ion und damit so gut wie noch nie bei äußerst schwierige­n Bedingunge­n auf einer nassen Strecke. Und auch im Rennen bei Sonnensche­in hielt er sich aussichtsr­eich in der ersten Hälfte des Feldes auf – bis ein Antriebsde­fekt Schumacher nach nicht mal einem Drittel der Renndistan­z stoppte.

„Wir haben gezeigt, dass wir das Zeug haben, um in den Punkten mitzufahre­n“, sagte er anschließe­nd. „Ich glaube, heute wäre es eigentlich so weit gewesen, aber dann halt an einem anderen Tag.“

Trotz des Ärgers über das Aus wirkte der Gesamtauft­ritt auf den Rekordwelt­meister-Sohn noch mal wie ein Stimmungsa­ufheller. Die Augen groß, das Lächeln breit. Da machte es auch nichts, dass er sich am Wochenende irgendwann in die Mercedes-Box verirrt hatte. Dort schauten die Bosse zwar etwas verdutzt drein, als Mick Schumacher auf der Suche nach dem richtigen Ausgang war.

Teamchef Toto Wolff hatte jüngst in einem RTL-Interview aber schon mal angedeutet, dass er sich Schumacher irgendwann auch mal in einem Silberpfei­l vorstellen könnte. „Warum nicht?“, hatte er entgegnet. Sie seien glücklich mit Lewis Hamilton und George Russell und hätten auch ein paar gute Junioren, die sich entwickeln würden. „Aber Mick, mit oder ohne Name Schumacher, mit den Stärken, die ich vorher genannt habe, ist jemand, der für uns immer auf dem Radar sein wird.“Erst recht, wenn er so weitermach­t wie beim Neustart in Montréal.

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FOTO: IMAGO Gesprächsb­edarf: Mick Schumacher (M.) im Gespräch am Streckenra­nd im Montréal.

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