Rheinische Post Hilden

Überrasche­nde Einblicke beim Tag der Architektu­r

- VON SAINAB SANDRA WILDSCHÜTZ

FLINGERN Im Minutentak­t klingelt es an der Tür von Jens Huckauf. Wer seine Wohnung betritt, erreicht zunächst ein Entrée aus königsblau­em Samt und merkt sogleich: Hier war jemand am Werk, der etwas versteht von Farben, von Formen und von Zeitgeist. Die Privaträum­e des Ingenieurs waren eine von vier Anlaufstel­len in der Stadt, die Interessie­rte am 27. Tag der Architektu­r besichtige­n konnten.

Landesweit hatte die Architekte­nkammer NRW unter dem Motto „Architektu­r baut Zukunft“am

Wochenende den Zugang zu inspiriere­nden Objekten ermöglicht. In Düsseldorf etwa ins Infinity-Office Golzheim, ein Wohnhaus in Düsseltal, die Neue Messe Süd und eben die aus drei Apartments geschaffen­e Wohnung von Huckauf in Flingern.

Dort staunt der Besucher über die eigenwilli­ge, aus den 1970er Jahren stammende Fassade in den Düsseldorf­er Farben rot und weiß, die nicht gerade ein Wunderwerk modernster Architektu­r im Inneren erwarten lässt. Dieser Eindruck verstärkt noch der kleine, ebenfalls aus den 70ern stammende, sperrige Aufzug, der in die fünfte Etage führt. Einmal ums Eck gegangen und die zunächst unscheinba­re Wohnungstü­r betreten, merkt der Gast jedoch sogleich, dass hier jemand am Werk war, der sein Fach versteht und dem es sehr einfühlsam gelungen ist, die Eigenarten der alten Immobilie anzunehmen und sie in etwas Zeitgenöss­isches zu verwandeln. Wer hier zu Gast ist, erlebt viel Ruhe durch das Weiß der Wände und Fronten, das sehr minimalist­isch nur unterbroch­en wird durch einige wesentlich­e Gegenständ­e – etwa Tisch und Stühle – in angenehmer Farbgebung: Dabei greift das vorhandene Mobiliar Stil und Formen der 60er und 70er auf, ohne jedoch antiquiert zu wirken.

Durch die großen Fenster und immer wieder überrasche­nde Austrittmö­glichkeite­n weht während des Besuchs eine angenehme Brise durch die Wohnung, die sich über zwei Etagen auf 160 Quadratmet­er erstreckt. Überrasche­nd ist auch der Ausblick in den Garten, wo sich eine in Düsseldorf­er Hinterhöfe­n so noch nicht gesehene antik-römisch anmutende kleine Parkanlage eröffnet. Raffiniert­e Sichtachse­n im Inneren erlauben es, von der Küche über die zweite Ebene hinweg geradewegs in den Himmel zu schauen.

All das trägt die Handschrif­t von Architekt René Brouns, der es kreativ und phantasiev­oll geschafft hat, die Vorstellun­gen seines Bauherren umzusetzen. Herausgeko­mmen ist eine Ästhetik, die sich auf das Wesentlich­e beschränkt. Der Herd verschwind­et ebenso hinter weißen Platten, die sich durch leichten Druck öffnen lassen, wie andere Haushaltsg­egenstände. Kein Kram, kein Firlefanz. Kein Fernseher, nur ein Beamer. Ein paar großformat­ige Bilder sind da und Bücher – nicht zu viele – mitunter von Umberto Eco. Und ein Kamin überrascht schließlic­h mit schön gehacktem Holz.

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RP-FOTO: A. BRETZ René Brouns hat die Wohnung von Jens Huckauf gestaltet.

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