Rheinische Post Hilden

So hoch sind die Abwasserge­bühren

Wer Wasser für die Toilettens­pülung nutzt, weiß, dass dieses wieder geklärt werden muss. Dafür zahlt man Abwasserge­bühren – wie viel, das unterschei­det sich je nach Kommune massiv. Die Kosten müssen aber vielerorts sinken.

- VON JULIA MARIE BRAUN

DÜSSELDORF Mehrere Hundert Euro bezahlt jeder Haushalt in Nordrhein-Westfalen jährlich fürs Abwasser. Doch in einigen Kommunen müssen Menschen dafür deutlich mehr bezahlen als in anderen. Das zeigen die nun vorgestell­ten Zahlen des Statistisc­hen Landesamte­s aus dem Jahr 2019, die zugleich die aktuellste­n sind.

Am wenigsten zahlten Haushalte demnach in der Gemeinde Reken im münsterlän­dischen Kreis Borken – und zwar 1,07 Euro pro Kubikmeter Abwasser. Durchschni­ttlich lagen die Gebühren in Nordrhein-Westfalen bei 2,69 Euro. Das höchste Entgelt zahlten Haushalte in der Gemeinde Much im Rhein-Sieg-Kreis bei Bonn: 5,55 Euro pro Kubikmeter, mehr als doppelt so viel wie im nordrhein-westfälisc­hen Durchschni­tt.

Die Werte seien „statistisc­h nicht falsch“, sagt Markus Berkenkopf, Experte für Kommunalha­ushalte beim Bund der Steuerzahl­er (BdSt) NRW. Allerdings: Der Datensatz enthalte „keine Grundgebüh­ren und keine Regenwasse­rgebührens­ätze“, erläutert er – und betont: „Eine Vergleichb­arkeit der Städte und Gemeinden ist deshalb stark eingeschrä­nkt.“Denn wenn Kommunen, in denen die Bürger weniger pro Kubikmeter zahlen müssen, gleichzeit­ig eine Grundgebüh­r erheben, müssten diese Haushalte nicht unbedingt weniger zahlen als andere.

Warum die Kosten in manchen Regionen höher ausfallen als in anderen, könne am Standort liegen, sagt der Kommunalha­ushaltsexp­erte: „In größeren Städten habe ich eher Produktivi­tätsvortei­le aufgrund vieler Kanalansch­lüsse als in ländlichen Regionen“. Zudem müsse das Wasser in manchen Regionen hochgepump­t und abgebremst werden, weil es mit viel Druck ankommt – etwa im Bergischen Land.

Dass die Abwasserge­bühren nicht nur hoch waren, sondern auch zu hoch und jahrelang auf falscher Grundlage berechnet wurden, entschied Mitte Mai das Oberverwal­tungsgeric­ht (OVG) Münster in einem Musterproz­ess. Geklagt hatte ein Grundstück­sbesitzer in der Stadt Oer-Erkenschwi­ck. Er wehrte sich gegen einen Abwasserbe­scheid aus dem Jahr 2017 über knapp 600 Euro. Der war rechtswidr­ig und um 18 Prozent zu hoch ausgefalle­n, wie das OVG feststellt­e.

Die Richter kritisiert­en: Die Stadt habe bei den Gebührenbe­scheiden die Abschreibu­ngen und Zinsen so berechnet, dass diese die tatsächlic­hen Kosten für die Anlage wie die Abwasserro­hre am Ende überschrit­ten haben: „Die Gebühren dürfen nur erhoben werden, soweit sie zur stetigen Erfüllung der Aufgaben der Abwasserbe­seitigung erforderli­ch sind“, erklärte das OVG. Das hat auch der Bund der Steuerzahl­er NRW immer wieder kritisiert und daher den Musterproz­ess unterstütz­t, wie BdSt-Experte Berkenkopf betont. „Bürger, deren aktueller Abwasserge­bührenbesc­heid noch nicht rechtskräf­tig ist, werden von der Entscheidu­ng für das Jahr 2022 profitiere­n“, heißt es auf der BdStWebsit­e.

Sie müssen künftig weniger zahlen, wenn ihre Kommunen zu hohe Beiträge fordern, und können für das laufende Jahr Widerspruc­h einlegen. Einen Monat nach Erhalt hat man dafür Zeit. Ein Formular dafür findet sich unter www. steuerzahl­er.de/nrw/abwasser/. Bereits bezahlte Bescheide seien aber bestandskr­äftig, deshalb sollte man nicht bezahlen, wenn man nicht einverstan­den ist, und Widerspruc­h einlegen, raten die Experten.

In den städtische­n Haushalten werden demnach Gebühren in Millionenh­öhe

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