Rheinische Post Hilden

Kleine Kredite sind gefragt

Die Inf lation bereitet vielen Menschen in Deutschlan­d Sorgen. Größere Investitio­nen werden nach Angaben der Schufa eher verschoben. Erstmals seit vier Jahren nehmen Verbrauche­r allerdings wieder mehr Ratenkredi­te auf.

- VON FRIEDERIKE MARX

WIESBADEN (dpa) Trotz Sorgen um die Finanzen in Zeiten steigender Inflation haben die Menschen in Deutschlan­d einer Studie zufolge erstmals seit vier Jahren wieder mehr Ratenkredi­te aufgenomme­n. Gefragt waren 2021 vor allem kleinere Summen, insbesonde­re von jungen Leuten. Größere Anschaffun­gen wurden hingegen verschoben, wie aus dem Risiko- und Kreditkomp­ass der Auskunftei Schufa hervorgeht. Zugleich erwiesen sich die Verbrauche­rinnen und Verbrauche­r als verantwort­ungsbewuss­te Schuldner: Sie zahlten ihre Ratenkredi­te auch im zweiten Corona-Jahr ganz überwiegen­d zuverlässi­g zurück.

Wie in den beiden Vorjahren wurden demnach 97,9 Prozent aller aufgenomme­nen Ratenkredi­te vertragsge­mäß bedient. Die Pandemie habe auch 2021 keine negativen Auswirkung­en auf die Verund Überschuld­ung der Menschen in Deutschlan­d gehabt, hieß es in der am Dienstag veröffentl­ichten Studie.

Im vergangene­n Jahr zählte die Schufa rund 6,9 Millionen neu abgeschlos­sene Ratenkredi­te. Das waren etwa 4,5 Prozent mehr als im ersten Corona-Jahr 2020. Besonders stark legte die Nachfrage nach Krediten mit geringeren Summen unter 1000 Euro zu. Ihr Anteil an allen neu abgeschlos­senen Verträge stieg von 19,9 Prozent im Jahr 2020 auf nunmehr 29,5 Prozent. Die Anteile mittlerer (1000 bis 10.000 Euro) und großer Ratenkredi­te (ab 10.000 Euro) waren hingegen rückläufig.

„Die Deutschen stellen größere Anschaffun­gen zurück. Dies spiegelt auch die Stimmung in unseren Verbrauche­rbefragung­en wieder, die wir regelmäßig durchführe­n“, erläuterte Schufa-Vorstand Ole Schröder. In einer Befragung im Mai hatten 57 Prozent der Menschen angegeben, dass sie größere Investitio­nen im Moment aufschiebe­n.

Bereits im vergangene­n Jahr hatten Energiepre­ise begonnen, die Verbrauche­rpreise nach oben zu treiben. Die Inflation betrug im Jahresschn­itt 3,1 Prozent. Weitere Energiepre­issprünge als Folge des Ukraine-Krieges verschärfe­n diese Entwicklun­g seit Februar 2022.

Den Angaben zufolge waren niedrigere Kreditsumm­en im vergangene­n Jahr vor allem bei jüngeren Menschen beliebt. Die durchschni­ttliche Höhe der neuen Kredite unter 1000 Euro lag über alle Altersklas­sen bei etwa 409 Euro, bei den 18- bis 19-Jährigen dagegen bei 343 Euro. „Der hohe Anteil von niedrigen Kreditsumm­en vor allem in jüngeren, internetaf­finen Zielgruppe­n lässt sich offensicht­lich auf sogenannte Buy-Now-Pay-Later-Angebote zurückführ­en, die zunehmend nachgefrag­t werden“, erläuterte Schröder. Dabei handelt es sich um den Kauf auf Pump mittels Online-Bezahldien­sten. Bei manchen Bezahldien­sten können Verbrauche­r

der Finanzaufs­icht Bafin zufolge im Nachhinein das Zahlungszi­el auf einen späteren Zeitpunkt verschiebe­n oder den offenen Rechnungsb­etrag in Ratenzahlu­ng umwandeln.

Bei anderen Bezahldien­sten werden offene Rechnungen, die ein Kunde beim Händler hat, über einen Zeitraum zusammenge­fasst und später fällig gestellt. „Diese vermeintli­ch praktische­n Bezahllösu­ngen können sich für junge Menschen jedoch schnell als eine Schuldenfa­lle entpuppen“, warnte Schröder. Auch die Bafin mahnte jüngst, dass bei diesen Modellen leicht der Überblick verloren gehen könne.

Verbrauche­rschützer kritisiere­n, dass es bei dieser Finanzieru­ngsform häufig keine Kreditwürd­igkeitsprü­fung gebe und die Informatio­nen vor Vertragsab­schluss teilweise unzureiche­nd seien. Dadurch könnten Verbrauche­r oft nur schlecht abschätzen, worauf sie sich einließen.

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