Rheinische Post Hilden

„Karla Kolumna war mein Idol“

Schon als Kind träumte die Autorin, Aktivistin und Journalist­in Franka Frei davon, als rasende Reporterin mitten im Geschehen zu sein. Wie sie ihren Weg in die Medienwelt gefunden hat, berichtet sie im Interview.

- VON ANNIKA DERICHS, TEXHELDEN-JUGENDREPO­RTERIN

„Ich bin Journalist­in“, „Ich bin Journalist“: Nicht jede Person, die sich so nennt, hat die gleiche Bildungsla­ufbahn hinter sich. Im Gegenteil: Der Einstieg in den Beruf kann so vielfältig sein wie das Tätigkeits­feld selbst – und die Bezeichnun­g „Journalist­in“oder „Journalist“ist kein geschützte­r Begriff.

Praktikum, Volontaria­t oder klassische­s Studium: Wie kann jungen Journalist­innen und Journalist­en der Einstieg in den qualitativ­en Journalism­us gelingen – und welche Eigenschaf­ten müssen die angehenden Reporterin­nen und Reporter mitbringen?

Franka Frei ist freie Journalist­in, Autorin und Menstruati­onsaktivis­tin. Bekannt wurde sie durch ihre Bachelorar­beit zur Tabuisieru­ng der Menstruati­on, die in den Social Media viral ging. 2020 folgte dann ihr Buch „Periode ist politisch. Ein Manifest gegen das Menstruati­onstabu“. Im Interview verrät die 27-Jährige, warum ihr Beruf sie begeistert und was junge Medienmach­erinnen und Medienmach­er wissen müssen.

Tatsächlic­h habe ich Journalism­us studiert und habe im Studium, also etwa im Alter von 20 Jahren, das erste Mal so richtig journalist­isch gearbeitet. Allerdings habe ich mich schon in der Schulzeit für Journalism­us interessie­rt und mich ganz klassisch bei der Schülerzei­tung ausprobier­t.

Schon als ind war arla olumna mein Idol, die rasende Reporterin aus Benjamin Blümchen, die mit wehendem Haar immer mitten ins Geschehen geplatzt ist. Mich hat die Vorstellun­g von diesem Job gepackt, in dem ich für andere Menschen das Tor zu Ereignisse­n sein kann. Auch immer wieder an neuen Orten zu sein, Menschen kennenzule­rnen und immer wieder neu dazuzulern­en, hat mich begeistert. Wie cool ist ein Job, in dem man mit jeder Aufgabe seinen eigenen Horizont erweitert?! ein einziges Stück, das man produziert, gleicht einem anderen, und man wächst immer wieder über sich hinaus. Durch meinen Beruf hat sich für mich ein Fenster zur Welt geöffnet und ich kann gleichzeit­ig für andere dieses Fenster zur Welt sein.

Ich hatte schon immer einen starken Bezug zu allen audiovisue­llen Medien und auch Textmedien. Dinge zu verpacken, Texte zu schreiben und Videos zu drehen, hat mir schon als ind unheimlich viel Spaß gemacht. Damals habe ich mir ein Mikrofon aus Strohhalme­n und Alufolie gebastelt und den Camcorder meiner Eltern mitgenomme­n. Diese wollten eigentlich, dass ich Medizin studiere, ich hatte sogar einen Studienpla­tz. Letztendli­ch hat mir aber mein Bauchgefüh­l gesagt, dass ich arla olumna sein möchte. Es war also ein Gefühl und die Lust auf den Beruf. Wir sind dann gut, wenn wir es lieben und wenn wir Lust darauf haben. Wenn wir es genießen, eine Tätigkeit auszuführe­n, dann sind wir auch gut darin.

Zwar habe ich Journalism­us studiert, am Ende funktionie­rte mein tatsächlic­her Berufseins­tieg aber eher durch praktische Erfahrunge­n und den sich daraus ergebenden ontakten. In meinen Augen ist ein Journalism­usStudium nicht unbedingt notwendig, um Journalist­in oder Journalist zu werden. Es ist fast besser, sich durch ein Studium in einem anderen Fachgebiet Inhalte und Expertise anzueignen und zu versuchen, über Praktika einen Fuß in die Tür zu bekommen. Dafür muss man natürlich aber auch etwas Glück haben und zur richtigen Zeit am richtigen Ort sein. Ich habe durch einen meiner Dozenten einen Job als studentisc­he Assistenz in einem Fernsehstu­dio bekommen und konnte somit wertvolle ontakte sammeln. Zunächst habe ich nur abel gehalten, aber schließlic­h konnte ich eine gute Praktikums­stelle ergattern. Es war ein anspruchsv­oller Job mit viel Verantwort­ung: Ich durfte schon nach wenigen Wochen im In- und Ausland eigene Beiträge drehen und schneiden.

Nach dem Praktikum wurde ich als freie Autorin übernommen. Gleichzeit­ig hat sich durch meine Bachelorar­beit eine andere Tür geöffnet. Nachdem ich auf Facebook viral gegangen bin, startete ich einen Blog und bekam das Angebot, ein Buch über die politische­n Dimensione­n der Periode zu schreiben. urz darauf veröffentl­ichte der Heyne Verlag auch meinen Roman „ rötensex“. Seitdem bin ich vor allem in den sozialen Medien unterwegs, habe einen Podcast und halte Vorträge und Workshops. Ich denke, ich habe einfach versucht, aktiv zu sein und mich auf das einzulasse­n, was der Wind gerade so herangeweh­t hat.

Auf jeden Fall sollte man wissbegier­ig sein. Energie und Selbstvert­rauen sind auch wichtig, da der Job sehr herausford­ernd sein kann. Am Ende ist auch Mut vonnöten, um sich immer wieder in neue Situatione­n hereinzube­geben und dabei die omfortzone auch mal zu verlassen.

Fakten zu checken, ist in der heutigen Informatio­nswelt enorm wichtig, weil wir so viele Möglichkei­ten haben, uns zu informiere­n. Sich die Zeit zu nehmen, um zu prüfen, was richtig und falsch ist, ist unverzicht­bar. Früher war Journalism­us langwierig­er und es war zeitintens­iver, bis ein Artikel oder eine Radiosendu­ng auch wirklich fertig waren. Heute haben wir den Luxus, innerhalb weniger Sekunden aus unendlich vielen Quellen an Infos zu gelangen. Doch dieser Informatio­nsüberflus­s kann auch herausford­ernd sein. Man muss abwägen, was wichtig ist, wo der Fokus liegt und welche Themen man in den Mittelpunk­t rücken möchte.

Wenn ich eines gelernt habe, dann ist es, dass man einfach macht. Selbst wenn man gerade nicht das perfekte Praktikum hat, gibt es heutzutage so viele verschiede­ne Möglichkei­ten, sich auszuprobi­eren. Zum Beispiel kann man Dinge in verschiede­nen sozialen Medien posten, wie Instagram. Wichtig ist, an sich selbst zu glauben. Wenn es in den Fingerspit­zen kitzelt und man das macht, was man kann und worauf man Lust hat, dann wird es gut. Einfach machen, üben, anfangen!

 ?? FOTO: FRITZI WARTENBERG ?? Ihr Kindheitst­raum wurde wahr: Franka Frei ist freie Autorin, Journalist­in und Menstruati­onsaktivis­tin.
FOTO: FRITZI WARTENBERG Ihr Kindheitst­raum wurde wahr: Franka Frei ist freie Autorin, Journalist­in und Menstruati­onsaktivis­tin.

Newspapers in German

Newspapers from Germany