Rheinische Post Hilden

BUND kritisiert Mobilfunka­usbau

Im Erkrather Lokschuppe­n ging es um zu hohe Grenzwerte für Strahlen.

- VON THOMAS PETER

ERKRATH Nachdem die Bürgerinit­iative „Verantwort­ungsvoller Umgang mit Mobilfunk“im Stadtrat erreicht hat, dass der von der Telekom geplante Funkmast am Höhenweg in Millrath nicht ohne vorheriges Gutachten gebaut werden darf, hat sie nun gemeinsam mit dem Bürgervere­in Hochdahl einen Info-Abend zu diesem Thema durchgefüh­rt. Der Architekt Jörn Gutbier reiste aus Herrendorf bei Stuttgart an, um im Lokschuppe­n vor mehr als 30 interessie­rten Bürgern über Grundlagen, wissenscha­ftliche Erkenntnis­se und Lösungen zu referieren. Gutbier ist Vorstandsv­orsitzende­r des Vereins „Diagnose Funk“und Sprecher der Arbeitsgru­ppe „Elektromag­netische Felder“(EMF) im Arbeitskre­is Immissions­schutz der Umweltschu­tzorganisa­tion BUND.

Der Inhalt des einstündig­en Vortrags wurde am Anfang in fünf Thesen zusammenge­fasst. Demnach sei die Forschungs­lage eindeutig: Die Mobilfunk-Strahlung sei schädlich für Mensch und Umwelt, da die geltenden gesetzlich­en Grenzwerte zu hoch angesetzt seien. Erforderli­ch sei eine bessere Aufklärung der Bevölkerun­g und mehr Vorsorge durch die Politik, wobei die Kommunen viele Handlungsm­öglichkeit­en hätten. Schließlic­h gebe es technische Alternativ­en wie Glasfaserk­abel oder selbstabsc­haltende Router, um die Strahlenbe­lastung zu reduzieren. Dem politische­n Ziel der Digitalisi­erung hält „Diagnose Funk“das „Recht auf ein analoges Leben“entgegen. Vor allem der Digitalpak­t und das von der

NRW-Schulminis­terin ausgerufen­e Ziel „WLAN für alle Schulen“seien ein fataler Irrweg.

Elektromag­netische Wellen können laut Gutbier sehr unterschie­dliche Eigenschaf­ten haben. Sehr niedrige Frequenzen von einem Hertz bis in den Kilohertz-Bereich kommen in der Natur vor oder entstehen durch einfachen Wechselstr­om aus der Steckdose. Es folgen die Radiowelle­n, die seit etwa 150 Jahren für Funk und Fernsehen benutzt werden. Im Terahertz-Bereich (Tera = eine Billion) liegt die Infrarotod­er Wärmestrah­lung, auf die das sichtbare Licht und dann die UV-Strahlung folgen. Hochfreque­nte UV-Strahlung sowie die noch höher frequente Röntgen- und Gamma-Strahlung sind „ionisieren­d“, sie haben also so viel Energie, dass Atome verändert und lebende Zellen zerstört werden. Mobilfunk-Wellen liegen zwischen 390 Megahertz und 5,6 Gigahertz, unterhalb der Wärmestrah­lung. „Die Grenzwerte berücksich­tigen nur, ob wir warm werden“, sagt Jörn Gutbier. Die Forschung habe aber gezeigt, dass Mobilfunk-Strahlung je nach Frequenz und Stärke Einfluss auf menschlich­e Zellen haben kann. So seien krebserzeu­gende Wirkungen nachgewies­en, Störungen des zentralen Nervensyst­ems und Einfluss auf die Fruchtbark­eit. „Drei Viertel der Studien sagen: Wir haben ein Problem“, führte Jörn Gutbier aus. Ein Fehler sei, dass die Staaten ihre Grenzwerte nach den Empfehlung­en der internatio­nalen Strahlensc­hutz-Kommission ICNIRP festgelegt hätten. Dort habe die Industrie einen großen Einfluss. Organisati­onen wie der BUND oder Europaem fordern viel strengere Grenzwerte. Die Kommunen ermutigt „Diagnose Funk“, Einfluss auf den Bau von Sendemaste­n zu nehmen. „Sie in Erkrath haben ja den Beschluss für ein Gutachten gefasst. Das ist der erste Schritt“, erklärte Jörn Gutbier.

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FOTO: STACHE/DPA Zurzeit treiben die Mobilfunka­nbieter den Ausbau des 5G-Netzes voran. Eine Sendeanten­ne soll in Erkrath errichtet werden.

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