Flug verpasst – was tun?
An den Airports im Land herrschen teils chaotische Zustände, weil Abfertigung und Sicherheitskontrollen überlastet sind. Eben erst hat Eurowings wieder 20 Flüge gestrichen. Was Experten für Reiserecht empfehlen, um trotzdem ans Ziel zu kommen.
DÜSSELDORF Vor allem zum Start in die Sommerferien am Wochenende werden an den Flughäfen erneut viele Passagiere und damit lange Schlangen vor den Check-inSchaltern erwartet. Zuletzt kam es speziell am Düsseldorfer Flughafen immer wieder zu extremen Verzögerungen. Passagiere warteten Stunden an der Sicherheitskontrolle, Flüge verspäteten sich oder fielen ganz aus. Dabei kam es teils zu tumultartigen Szenen, die Bundespolizei musste einschreiten. Grund für die chaotischen Zustände ist der akute Personalmangel bei den Fluggesellschaften
– und viele Krankmeldungen. Nun könnte sich die Lage weiter zuspitzen: „Es werden unendlich viele Familien mit Kindern da sein, die nach zwei Jahren Pandemie wieder einen großen Urlaub machen. Und wir werden deshalb viele weinende und schreiende Kinder sehen und hören. Das ist für mich definitiv sicher“, sagte ein Check-in-Mitarbeiter unserer Redaktion. Etwas entzerren könnte sich die Situation dadurch, dass der Bundespolizei zufolge ab dem kommenden Freitag eine zweiten Sicherheitsfirma für die Passsagierkontrollen verpflichtet werden soll.
Auch am Mittwoch hat die Fluggesellschaft Eurowings zahlreiche Flüge an den Flughäfen Düsseldorf und Köln/Bonn abgesagt. Auf der Website des Düsseldorfer Airports stand hinter insgesamt 24 Verbindungen der Zusatz „annulliert“, darunter Flüge nach Berlin, Krakau und Manchester. Am Flughafen Köln/Bonn strich die Airline 20 An- und Abflüge, unter anderem Verbindungen nach Dublin und Rom. Eurowings habe momentan mit Personalproblemen zu kämpfen, hatte es bereits am Vortag seitens der Fluggesellschaft geheißen. Allerdings sagte nicht nur die Lufthansa-Tochter am Mittwoch Flüge ab, auch je ein Flug der Lufthansa und der niederländischen Airline KLM wurden in Düsseldorf gestrichen.
Wer davon nicht betroffen ist und weiß, dass sein Flug stattfindet, dem wird empfohlen, mindestens drei Stunden vor dem Abflug am Flughafen zu sein, um bei der Abfertigung nicht in Schwierigkeiten zu kommen. Der Düsseldorfer Anwalt Sven von Below, Spezialist für Reiserecht, erklärt, wie Urlauber sich verhalten sollen, wenn sie trotzdem ihren Flug wegen zu langer Wartezeiten verpassen oder dieser kurzfristig gestrichen wurde.
Anwalt rät zu Hartnäckigkeit „Hauptansprechpartner ist die Airline, die den Flug ausführt“, sagt Sven von Below. Diese zu erreichen, sei allerdings schwierig, oft werde man vom Gate an den Ticketschalter verwiesen. Eine schriftliche Bestätigung über den Vorgang seitens der Airline sei hilfreich, werde aber ebenfalls häufig verweigert.
Auch über die Hotlines sei oft niemand zu erreichen. „Trotzdem sollte man die Hotlines mehrfach anrufen und einen Screenshot von den Anrufversuchen machen“, rät von Below. Bei Pauschalreisen müsse der Reiseveranstalter informiert werden. Gut sei es auch, eine E-Mail mit dem Sachverhalt zu schicken und um Rückruf zu bitten.
Selfies mit Warteschlangen Von Below empfiehlt, die Schlangen an den Schaltern und vor den Sicherheitskontrollen mit dem Handy zu fotografieren. Ideal sei ein Selfie, das im Hintergrund die Schlangen und die geöffneten Schalter zeige. Wenn etwa zu wenig Schalter trotz erwartbar hoher Passagierzahlen besetzt seien, könne ein Organisationsversagen vorliegen. Darüber hinaus sei es wichtig, Zeugen zu haben, am besten ebenfalls wartende Mitreisende, mit denen man nicht verwandt ist. „Idealerweise tauscht man in der Schlange schon Namen aus“, sagt von Below.
Ticketpreis zurückfordern Passagiere sollten an den Airline-Schaltern oder über die Hotline nach einer Ersatzbeförderung fragen, diese werde allerdings häufig verweigert. „Dann muss man sich auf eigene Kosten ein Ersatzticket kaufen und danach sein Geld von den Fluggesellschaften zurückfordern“, sagt von Below. Dazu müsse man eine Zahlungsfrist setzen; werde die nicht eingehalten, bleibe nur der Klageweg.
Erstattung einfordern Entweder muss das Ticket von der Airline erstattet oder ein Ersatzflug angeboten werden. Auch eine Entschädigungszahlung nach EU-Recht ist möglich; sie variiert je nach Entfernung zum Zielort zwischen 250 und 600 Euro pro Person. Bei Pauschalreisen gibt es laut von Below die Möglichkeit, von den Reisen zurückzutreten oder Schadenersatz zu fordern, etwa wenn bei einer einwöchigen Reise schon zwei oder drei Tage entfallen und eine kurzfristige Nachreise unmöglich ist. Vorsichtshalber sollte man dem Veranstalter eine Nachfrist von einigen Stunden setzen, bevor man storniert, am besten per E-Mail. (mit dpa)