„Tumulte nicht mehr zu verhindern“
Zu wenig Personal für zu viele Passagiere: Die Bundespolizei rechnet zu Ferienbeginn an diesem Freitag mit Chaos am Düsseldorfer Flughafen.
DÜSSELDORF Der Düsseldorfer Flughafen droht zum Ferienstart im Chaos zu versinken. Die Deutsche Bundespolizeigewerkschaft befürchtet das Schlimmste: „Tumulte werden nicht mehr zu verhindert sein. Das steht für mich absolut fest“, sagte der Bundesvorsitzende der Gewerkschaft, Heiko Teggatz, unserer Redaktion. „Ich hoffe nur, dass nicht zu viele Passagiere darunter zu leiden haben werden“, so Teggatz weiter.
Mit dem Ferienbeginn rollt auf die NRW-Flughäfen am Wochenende die erste große Urlauberwelle dieses Sommers zu. Allein der Flughafen Düsseldorf rechnet zwischen Freitag und Sonntag mit über 200.000 Passagieren. Der Airport Köln/Bonn erwartet etwa 115.000 Passagiere. Und auch Deutschlands größter Flughafen in Frankfurt geht von einem ein erhöhten Passagieraufkommen aus.
Der Urlauberansturm aus dem bevölkerungsreichsten Bundesland stellt die Flughäfen angesichts des aktuellen Personalmangels in vielen Bereichen – von der Passagierkontrolle bis zur Flugzeugabfertigung – vor erhebliche Herausforderungen. Urlauber müssen mit langen Schlangen am Check-in und an den Sicherheitskontrollen rechnen. Der Flughafenverband ADV empfieht Reisenden deshalb, mindestens zweieinhalb Stunden vor dem Abflug dort zu sein und wenn möglich einen Vorabend-Check-in zu nutzen, wo dieser angeboten wird.
Bereits am Mittwochabend hatte es am Airport in Düsseldorf vor den Luftsicherheitskontrollen und später auch auf den Rollfeld tumultartige Szenen durch aufgebrachte Passagiere gegeben. Ab dem späten Nachmittag hatten sich Menschenmassen vor den Kontrollstellen gestaut; es gab Auseinandersetzungen und Handgreiflichkeiten. Die Bundespolizei musste einschreiten, Flüge
wurden kurzfristig gestrichen. „Es war ein neuer schlimmer Tiefpunkt für den Airport“, sagte Verdi-Sekretär Özay Tarim. „Das war ein absolutes Desaster.“
Auch der Chef des Düsseldorfer Flughafens, Thomas Schnalke, stimmte die Passagiere auf längere Wartezeiten ein. Zwar bemühe sich der Airport, die Probleme – etwa durch Aufstockung der Servicekräfte – zu entschärfen. Doch werde dies wohl bei weitem nicht ausreichen.
Einen wesentlichen Grund dafür, dass weitere Tumulte in den nächsten Tagen nicht mehr zu verhindern seien, sieht Polzeigewerschaftschef Teggatz im fehlenden Sicherheitspersonal am Flughafen. „Es gibt viel zu wenig Kräfte von Sicherheitsfirmen für so viele Passagiere. Auch wir als Bundespolizei haben keine Einheiten mehr übrig, die wir dort zur Verstärkung hinschicken können, weil so ziemlich alle zur Verfügung stehenden Einheiten in Elmau sind, um den G7-Gipfel zu sichern.“
Die Gewährung der Luftsicherheit habe für die Bundespolizei absolute Priorität, erklärte indes Jens Flören, Sprecher der Bundespolizei in NRW: „Mit Blick auf die gegenwärtige Situation der Passagierabfertigung lassen wir von Seiten der Bundespolizei keine Gelegenheit ungenutzt, welche tatsächlich und rechtlich möglich ist, um zu einer Optimierung beizutragen“, so Flören. Die Bundespolizei werde an den Kontrollstellen neben ihrer permanenten Fachaufsicht zudem anlassbezogen und uniformiert sichtbar vor Ort präsent sein. „Ein etwaiger Kontrolleinsatz von Polizeikräften der Bundespolizei ist definitiv ausgeschlossen, dazu sind die Einsatzkräfte nicht qualifiziert“, so Flören. Im absoluten Notfall könnten Bundespolizisten aber die Fluggäste einweisen und die Gepäckkörbe zurückführen.
Die Bundespolizei ist im Flughafen für die Luftsicherheit zuständig. Sollte es etwa im Terminal zu massiven Tumulten und Ausschreitungen kommen, könnte die Landespolizei eingreifen. Nach Informationen unserer Redaktion gibt es bei der Polizei in Düsseldorf diesbezüglich bereits intensive Planungen. Das NRW-Innenministerium bestätigte auf Anfrage: „Aufgrund der derzeitigen Probleme bei der Passagierabwicklung hat das Polizeipräsidium Düsseldorf einen gesonderten Einsatzauftrag erteilt. Dabei geht es insbesondere um Aufklärungsmaßnahmen im Flughafen auf der Abflugebene sowie um die Ausstiegsituation außerhalb, vor der Abflugebene“, sagte eine Sprecherin unserer Redaktion.
Der Auftrag konzentriere sich auf die mit dem Flughafen und Bundespolizei abgestimmten Zeiten von 3 Uhr bis 9 Uhr morgens sowie von 13 bis 17 Uhr. „Zudem fand am 23. Juni 2022 eine Sitzung des Flughafenkrisenstabs unter Beteiligung des Wachleiters der Polizeiwache Lohausen statt“, so die Sprecherin.
„Wir haben die Lage dort ganz deutlich auf dem Schirm. Im Ernstfall können wir sofort reagieren“, bestätigte auch ein Sprecher der Düsseldorfer Polizei. „Wir hoffen aber natürlich, dass es ruhig bleiben wird und es zu keinem Einsatz von uns kommen muss.“