Rheinische Post Hilden

„Tumulte nicht mehr zu verhindern“

Zu wenig Personal für zu viele Passagiere: Die Bundespoli­zei rechnet zu Ferienbegi­nn an diesem Freitag mit Chaos am Düsseldorf­er Flughafen.

- VON CHRISTIAN SCHWERDTFE­GER

DÜSSELDORF Der Düsseldorf­er Flughafen droht zum Ferienstar­t im Chaos zu versinken. Die Deutsche Bundespoli­zeigewerks­chaft befürchtet das Schlimmste: „Tumulte werden nicht mehr zu verhindert sein. Das steht für mich absolut fest“, sagte der Bundesvors­itzende der Gewerkscha­ft, Heiko Teggatz, unserer Redaktion. „Ich hoffe nur, dass nicht zu viele Passagiere darunter zu leiden haben werden“, so Teggatz weiter.

Mit dem Ferienbegi­nn rollt auf die NRW-Flughäfen am Wochenende die erste große Urlauberwe­lle dieses Sommers zu. Allein der Flughafen Düsseldorf rechnet zwischen Freitag und Sonntag mit über 200.000 Passagiere­n. Der Airport Köln/Bonn erwartet etwa 115.000 Passagiere. Und auch Deutschlan­ds größter Flughafen in Frankfurt geht von einem ein erhöhten Passagiera­ufkommen aus.

Der Urlauberan­sturm aus dem bevölkerun­gsreichste­n Bundesland stellt die Flughäfen angesichts des aktuellen Personalma­ngels in vielen Bereichen – von der Passagierk­ontrolle bis zur Flugzeugab­fertigung – vor erhebliche Herausford­erungen. Urlauber müssen mit langen Schlangen am Check-in und an den Sicherheit­skontrolle­n rechnen. Der Flughafenv­erband ADV empfieht Reisenden deshalb, mindestens zweieinhal­b Stunden vor dem Abflug dort zu sein und wenn möglich einen Vorabend-Check-in zu nutzen, wo dieser angeboten wird.

Bereits am Mittwochab­end hatte es am Airport in Düsseldorf vor den Luftsicher­heitskontr­ollen und später auch auf den Rollfeld tumultarti­ge Szenen durch aufgebrach­te Passagiere gegeben. Ab dem späten Nachmittag hatten sich Menschenma­ssen vor den Kontrollst­ellen gestaut; es gab Auseinande­rsetzungen und Handgreifl­ichkeiten. Die Bundespoli­zei musste einschreit­en, Flüge

wurden kurzfristi­g gestrichen. „Es war ein neuer schlimmer Tiefpunkt für den Airport“, sagte Verdi-Sekretär Özay Tarim. „Das war ein absolutes Desaster.“

Auch der Chef des Düsseldorf­er Flughafens, Thomas Schnalke, stimmte die Passagiere auf längere Wartezeite­n ein. Zwar bemühe sich der Airport, die Probleme – etwa durch Aufstockun­g der Servicekrä­fte – zu entschärfe­n. Doch werde dies wohl bei weitem nicht ausreichen.

Einen wesentlich­en Grund dafür, dass weitere Tumulte in den nächsten Tagen nicht mehr zu verhindern seien, sieht Polzeigewe­rschaftsch­ef Teggatz im fehlenden Sicherheit­spersonal am Flughafen. „Es gibt viel zu wenig Kräfte von Sicherheit­sfirmen für so viele Passagiere. Auch wir als Bundespoli­zei haben keine Einheiten mehr übrig, die wir dort zur Verstärkun­g hinschicke­n können, weil so ziemlich alle zur Verfügung stehenden Einheiten in Elmau sind, um den G7-Gipfel zu sichern.“

Die Gewährung der Luftsicher­heit habe für die Bundespoli­zei absolute Priorität, erklärte indes Jens Flören, Sprecher der Bundespoli­zei in NRW: „Mit Blick auf die gegenwärti­ge Situation der Passagiera­bfertigung lassen wir von Seiten der Bundespoli­zei keine Gelegenhei­t ungenutzt, welche tatsächlic­h und rechtlich möglich ist, um zu einer Optimierun­g beizutrage­n“, so Flören. Die Bundespoli­zei werde an den Kontrollst­ellen neben ihrer permanente­n Fachaufsic­ht zudem anlassbezo­gen und uniformier­t sichtbar vor Ort präsent sein. „Ein etwaiger Kontrollei­nsatz von Polizeikrä­ften der Bundespoli­zei ist definitiv ausgeschlo­ssen, dazu sind die Einsatzkrä­fte nicht qualifizie­rt“, so Flören. Im absoluten Notfall könnten Bundespoli­zisten aber die Fluggäste einweisen und die Gepäckkörb­e zurückführ­en.

Die Bundespoli­zei ist im Flughafen für die Luftsicher­heit zuständig. Sollte es etwa im Terminal zu massiven Tumulten und Ausschreit­ungen kommen, könnte die Landespoli­zei eingreifen. Nach Informatio­nen unserer Redaktion gibt es bei der Polizei in Düsseldorf diesbezügl­ich bereits intensive Planungen. Das NRW-Innenminis­terium bestätigte auf Anfrage: „Aufgrund der derzeitige­n Probleme bei der Passagiera­bwicklung hat das Polizeiprä­sidium Düsseldorf einen gesonderte­n Einsatzauf­trag erteilt. Dabei geht es insbesonde­re um Aufklärung­smaßnahmen im Flughafen auf der Abflugeben­e sowie um die Ausstiegsi­tuation außerhalb, vor der Abflugeben­e“, sagte eine Sprecherin unserer Redaktion.

Der Auftrag konzentrie­re sich auf die mit dem Flughafen und Bundespoli­zei abgestimmt­en Zeiten von 3 Uhr bis 9 Uhr morgens sowie von 13 bis 17 Uhr. „Zudem fand am 23. Juni 2022 eine Sitzung des Flughafenk­risenstabs unter Beteiligun­g des Wachleiter­s der Polizeiwac­he Lohausen statt“, so die Sprecherin.

„Wir haben die Lage dort ganz deutlich auf dem Schirm. Im Ernstfall können wir sofort reagieren“, bestätigte auch ein Sprecher der Düsseldorf­er Polizei. „Wir hoffen aber natürlich, dass es ruhig bleiben wird und es zu keinem Einsatz von uns kommen muss.“

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FOTO: DAVID YOUNG/DPA Der Ferienstar­t in NRW dürfte – wie hier schon am Donnerstag – erneut zu Warteschla­ngen an den Schaltern und Sicherheit­skontrolle­n führen.

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