Rheinische Post Hilden

9-Euro-Ticket füllt Züge an Wochenende­n

Seit fast einem Monat gibt es das günstige Ticket. Erste Auswertung­en zeigen: Gerade an Feiertagen, samstags und sonntags sind viele Strecken stark überlastet, im Berufsverk­ehr sind die Auswirkung­en weniger spürbar.

- VON JULIA NEMESHEIME­R

DÜSSELDORF Mit dem heutigen Ferienbegi­nn könnte der ÖPNV erneut auf eine Belastungs­probe gestellt werden – denn das 9-Euro-Ticket motiviert offenbar vor allem an den Wochenende­n viele zusätzlich­e Fahrgäste. Der Geschäftsf­ührer des Verbands deutscher Verkehrsun­ternehmen (VDV) Nordrhein-Westfalen, Volker Wente, rechnet aber nicht mit so hohen Zahlen wie zu den Feiertagen im Juni: „Die sind prädestini­ert für Kurzausflü­ge in die nähere Umgebung, und dafür eignen sich der ÖPNV und das 9-Euro-Ticket sehr gut.“Gerade für längere und weiter entfernte Urlaubsfah­rten mit viel Gepäck werden aber, so seine Vermutung, nur wenige Menschen auf den Nahverkehr setzen.

Dass das Ticket auf hohe Resonanz stößt, sieht man einerseits an den Verkaufsza­hlen. Der Verkehrsbu­nd Rhein-Ruhr (VRR) teilt mit, dass mittlerwei­le im gesamten Verbundsge­biet über 1,5 Millionen Tickets verkauft worden seien. 80 Prozent davon entfielen auf JuniTicket­s, 20 Prozent auf die beiden kommenden Monate. „Wir gehen davon aus, dass auch in den nächsten Wochen die Verkaufsza­hlen auf einem hohen Niveau bleiben“, bestätigt VRR-Sprecher Dino Niemann auf Nachfrage der Redaktion.

Die Beliebthei­t des Tickets zeigt sich auch am hohen Aufkommen gerade an Wochenende­n und Feiertagen. Am Pfingstwoc­henende kurz nach Einführung des Tickets merkte man eine deutliche Zunahme – die negative Folgen für viele Passagiere im Raum Düsseldorf hatte. Dino Niemann gibt an, insbesonde­re die Hauptachse von Köln über Düsseldorf ins Ruhrgebiet und nach Hamm sei so überlastet gewesen, „dass praktisch alle Züge über Stunden immer wieder zahlreiche Fahrgäste zurücklass­en mussten“.

Auch am folgenden Wochenende und Fronleichn­am mit dem Brückentag sei es vermehrt zu Haltezeitü­berschreit­ungen und überfüllte­n Zügen gekommen. Hinzu kämen Zugausfäll­e aufgrund von Baustellen und Personalpr­oblemen.

Zu diesen kommt es auch an regulären Werktagen, allerdings spricht Niemann zwar von einer hohen Auslastung, die meisten Berufspend­ler würden dennoch weitgehend entspannt zu ihren Arbeitsplä­tzen gelangen. Mit den sehr stark ausgelaste­ten Wochenende­n und den höheren Auslastung­en unter der Woche komme der VRR auf ein durchschni­ttliches Fahrgastau­fkommen von etwa 90 Prozent im Vergleich zur Vor-Corona-Zeit.

Andreas Schröder, CDU-Ratsherr und Mitglied im Fahrgastve­rband Pro Bahn, bestätigt, dass viele Pendler, die im Nahverkehr unterwegs seien, den subjektive­n Eindruck hätten, dass die Bahnen voller seien als noch vor Einführung des 9-Euro-Tickets; allerdings kämen nur wenige Beschwerde­n zum Pendlerver­kehr im Verband an.

Sebastian Krieger pendelt regelmäßig von Essen nach Düsseldorf: „Für mein Empfinden ist es voller als noch vor ein paar Monaten – beengt ist es aber noch nicht.“Krieger beklagt vielmehr die regelmäßig­en Verspätung­en, Ausfälle und spontanen Gleiswechs­el ohne ausreichen­de Umstiegsze­it in den Stoßzeiten des Feierabend­s. Vor ein ähnliches Problem werden Pendler auf der Strecke Richtung Wuppertal gestellt: Über die Ferien entfallen alle Züge von und nach Düsseldorf.

Annika Bödefeld, Sprecherin der Rheinbahn, bestätigt einen leichten Anstieg der Fahrgäste. Nachdem an der Messe seit dieser Woche verstärkt Veranstalt­ungen stattfinde­n, bemerke man auch unter der Woche nochmal gestiegene Zahlen. Auch hier liege die Hauptausla­stung

aber auf dem Wochenende.

Ob durch das günstige Ticket Menschen vom Auto auf den Nahverkehr umsteigen – insbesonde­re im Berufsverk­ehr – lässt sich für Düsseldorf bislang nicht konkret belegen. Der Kartierung­sspezialis­t TomTom hat auf Anfrage unserer Redaktion das Stauniveau des Stadtgebie­tes ausgewerte­t und die Daten von Mai mit Juni verglichen. Deutlich erkennbar sind demnach Spitzen der Verkehrsve­rzögerunge­n im Berufsverk­ehr – und dass diese Spitzen im Juni an fast allen Tagen leicht unter den Mai-Werten liegen. Inwiefern Pendler umgestiege­n sind, könne man damit allerdings nicht konkret feststelle­n.

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FOTO: ANDREAS BRETZ Am Düsseldorf­er Hauptbahnh­of ist zu den Stoßzeiten immer viel los – durch das 9-Euro-Ticket steigen die Fahrgastza­hlen aktuell vor allem am Wochenende, aber auch im Berufsverk­ehr.

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