So viel Düsseldorf steckt im Regierungsvertrag
Was bedeutet die neue Landesregierung für Düsseldorf? Und welche Düsseldorfer mischen mit?
DÜSSELDORF Düsseldorf war offensichtlich einer der Pioniere für NRW. Wer den Entwurf für den Koalitionsvertrag von CDU und Grünen im Landtag liest, fühlt sich unweigerlich an den Vertrag erinnert, den die beiden Parteien vor zwei Jahren für ihre Zusammenarbeit im Düsseldorfer Stadtrat vereinbart haben.
Das betrifft vor allem den Vorrang der Klimapolitik. NRW soll nach dem Willen des neuen Regierungsbündnisses zum Vorreiter beim Klimaschutz werden, Düsseldorf ist nach dem Anspruch der beiden hiesigen Parteiverbände schon seit 2020 auf dem Weg zur „KlimaHauptstadt“. Auch der für Nordrhein-Westfalen versprochene Aufbruch für eine Verkehrswende ist auf lokaler Ebene vor zwei Jahren vom schwarz-grünen Bündnis vorempfunden worden.
Vielleicht hat dabei auch eine Rolle gespielt, dass der Austausch zwischen künftiger Landesregierung und Landeshauptstadt in den Verhandlungen rege war. Neben den Düsseldorfer Landtagsabgeordneten von CDU und Grünen und einigen in der Kommunalpolitik aktiven Mitarbeitern nahm zum Beispiel auch Oberbürgermeister Stephan Keller (CDU) an einigen Gesprächen teil.
Mindestens eine Düsseldorferin wird am Kabinettstisch sitzen, denn Mona Neubaur, einst Grünen-Chefin in der Landeshauptstadt, wird Ministerin für Wirtschaft, Industrie, Klimaschutz und Energie sowie stellvertretende Ministerpräsidentin. Als ministrabel wurde und wird auch die Rechtspolitikerin Angela Erwin (CDU) gehandelt, allerdings haben die Grünen das Zugriffsrecht für das Justizministerium.
Kenner der Szene weisen darauf hin, dass es für Düsseldorfer Christdemokraten schwer werden dürfte, in die engere Kandidatenauswahl für einen Kabinettsposten zu kommen. Denn parteiintern geht es für Ministerpräsident Hendrik Wüst auch darum, die acht CDU-Bezirke in NRW fair zu behandeln. Aus dem CDU-Bezirk Bergisches Land, zu dem Düsseldorf gehört, kommt beispielsweise bereits Innenminister Herbert Reul, der hohes Ansehen genießt und ein Zugpferd bei der Wahl war. Gute Chancen werden auch Staatssekretär Jan Heinisch zugerechnet, der Bürgermeister von Heiligenhaus war.
Sollte es ein Digitalministerium geben, blicken viele auf den Bundestagsabgeordneten und Düsseldorfer CDU-Chef Jarzombek, der den Koalitionsvertrag im Bereich Schule mitverhandelt hat. Der gescheiterte CDU-Kanzlerkandidat Armin Laschet hatte ihn im Bundestagswahlkampf
als Experten hervorgehoben.
Was bedeutet das neue Regierungsbündnis für Düsseldorf? Der Name der Landeshauptstadt fällt einmal im Vertrag – wegen des Flughafens, dessen mögliche Kapazitätserweiterungen ein Konfliktthema zwischen den Partnern ist. Im Vertrag findet sich ein Kompromiss wieder, der Verhandlungsteilnehmern zufolge von der entsprechenden Passage im Vertrag des Ratsbündnisses inspiriert ist. Als „positive Einlassung“bewertet Jarzombek, dass die Kapazitätserweiterung als „möglich“bezeichnet wird. Dabei dürfte eine Rolle gespielt haben, dass die Branche weiterhin zu kämpfen hat und es in Lohausen nicht um Flüge am frühen Morgen oder am späten Abend geht, sondern um mehr Flexibilität über Tag.
Ein relevantes Thema, das auch Düsseldorf betrifft, ist die Einrichtung von Familiengrundschulzentren. Davon gibt es aktuell erst eines in der Landeshauptstadt, in NRW sind es 130. Jetzt soll das Angebot auch an den mehr als 80 Düsseldorfer Grundschulen deutlich ausgebaut werden.
Zur Frage, wo das Fotoinstitut entstehen soll, gibt es keine Ausage im Vertrag – das kann man als positives Zeichen für Düsseldorf bewerten. Denn es erfolgt keine Festlegungen auf den Konkurrenten Essen.
Für den Düsseldorfer GrünenVorsitzenden Stefan Engstfeld, der stellvertretender Leiter der Verhandlungsgruppe unter anderem zu Migration und Europa war, ist es für Düsseldorf auch ein Vorteil, dass die Farben in Stadt und Land jetzt die gleichen sind. „Das schafft Synergien und kurze Dienstwege.“
Weniger angetan ist Düsseldorfs SPD-Chef Oliver Schreiber. „Die Koalition
setzt beim Wohnen trotz der extremen Marktlage auf ein ,Weiter so‘“, kritisiert er. „Mir fehlt ein Beitrag zur Entspannung des Düsseldorfer Wohnungsmarkts. Die Grünen geben sich aus seiner Sicht als linke Partei, machten aber „Politik für Gutverdiener“.
Düsseldorfs FDP-Chefin MarieAgnes
Strack-Zimmermann stößt sich an einer Personalie: Sie glaubt, der designierte grüne Verkehrsminister Oliver Krischer werde der CDU „richtig Freude machen“. Er sei ein maximaler Verkehrsbehinderungsminister, so die Liberale. „Da hätte man genau so gut auch Silvio Berlusconi zum Minister für Sitte und Moral ernennen können.“Ein positives Fazit gibt es derweil von der Industrie- und Handelskammer (IHK). Aus Sicht der Unternehmen seien zum Beispiel die Pläne für Bürokratieabbau lobenswert, die Vorstellungen für eine Mobilitätswende seien „zeitgemäß“, findet die Interessensvertretung der Wirtschaft.