Rheinische Post Hilden

So viel Düsseldorf steckt im Regierungs­vertrag

Was bedeutet die neue Landesregi­erung für Düsseldorf? Und welche Düsseldorf­er mischen mit?

- VON NICOLE LANGE, ARNE LIEB UND UWE-JENS RUHNAU

DÜSSELDORF Düsseldorf war offensicht­lich einer der Pioniere für NRW. Wer den Entwurf für den Koalitions­vertrag von CDU und Grünen im Landtag liest, fühlt sich unweigerli­ch an den Vertrag erinnert, den die beiden Parteien vor zwei Jahren für ihre Zusammenar­beit im Düsseldorf­er Stadtrat vereinbart haben.

Das betrifft vor allem den Vorrang der Klimapolit­ik. NRW soll nach dem Willen des neuen Regierungs­bündnisses zum Vorreiter beim Klimaschut­z werden, Düsseldorf ist nach dem Anspruch der beiden hiesigen Parteiverb­ände schon seit 2020 auf dem Weg zur „KlimaHaupt­stadt“. Auch der für Nordrhein-Westfalen versproche­ne Aufbruch für eine Verkehrswe­nde ist auf lokaler Ebene vor zwei Jahren vom schwarz-grünen Bündnis vorempfund­en worden.

Vielleicht hat dabei auch eine Rolle gespielt, dass der Austausch zwischen künftiger Landesregi­erung und Landeshaup­tstadt in den Verhandlun­gen rege war. Neben den Düsseldorf­er Landtagsab­geordneten von CDU und Grünen und einigen in der Kommunalpo­litik aktiven Mitarbeite­rn nahm zum Beispiel auch Oberbürger­meister Stephan Keller (CDU) an einigen Gesprächen teil.

Mindestens eine Düsseldorf­erin wird am Kabinettst­isch sitzen, denn Mona Neubaur, einst Grünen-Chefin in der Landeshaup­tstadt, wird Ministerin für Wirtschaft, Industrie, Klimaschut­z und Energie sowie stellvertr­etende Ministerpr­äsidentin. Als ministrabe­l wurde und wird auch die Rechtspoli­tikerin Angela Erwin (CDU) gehandelt, allerdings haben die Grünen das Zugriffsre­cht für das Justizmini­sterium.

Kenner der Szene weisen darauf hin, dass es für Düsseldorf­er Christdemo­kraten schwer werden dürfte, in die engere Kandidaten­auswahl für einen Kabinettsp­osten zu kommen. Denn parteiinte­rn geht es für Ministerpr­äsident Hendrik Wüst auch darum, die acht CDU-Bezirke in NRW fair zu behandeln. Aus dem CDU-Bezirk Bergisches Land, zu dem Düsseldorf gehört, kommt beispielsw­eise bereits Innenminis­ter Herbert Reul, der hohes Ansehen genießt und ein Zugpferd bei der Wahl war. Gute Chancen werden auch Staatssekr­etär Jan Heinisch zugerechne­t, der Bürgermeis­ter von Heiligenha­us war.

Sollte es ein Digitalmin­isterium geben, blicken viele auf den Bundestags­abgeordnet­en und Düsseldorf­er CDU-Chef Jarzombek, der den Koalitions­vertrag im Bereich Schule mitverhand­elt hat. Der gescheiter­te CDU-Kanzlerkan­didat Armin Laschet hatte ihn im Bundestags­wahlkampf

als Experten hervorgeho­ben.

Was bedeutet das neue Regierungs­bündnis für Düsseldorf? Der Name der Landeshaup­tstadt fällt einmal im Vertrag – wegen des Flughafens, dessen mögliche Kapazitäts­erweiterun­gen ein Konfliktth­ema zwischen den Partnern ist. Im Vertrag findet sich ein Kompromiss wieder, der Verhandlun­gsteilnehm­ern zufolge von der entspreche­nden Passage im Vertrag des Ratsbündni­sses inspiriert ist. Als „positive Einlassung“bewertet Jarzombek, dass die Kapazitäts­erweiterun­g als „möglich“bezeichnet wird. Dabei dürfte eine Rolle gespielt haben, dass die Branche weiterhin zu kämpfen hat und es in Lohausen nicht um Flüge am frühen Morgen oder am späten Abend geht, sondern um mehr Flexibilit­ät über Tag.

Ein relevantes Thema, das auch Düsseldorf betrifft, ist die Einrichtun­g von Familiengr­undschulze­ntren. Davon gibt es aktuell erst eines in der Landeshaup­tstadt, in NRW sind es 130. Jetzt soll das Angebot auch an den mehr als 80 Düsseldorf­er Grundschul­en deutlich ausgebaut werden.

Zur Frage, wo das Fotoinstit­ut entstehen soll, gibt es keine Ausage im Vertrag – das kann man als positives Zeichen für Düsseldorf bewerten. Denn es erfolgt keine Festlegung­en auf den Konkurrent­en Essen.

Für den Düsseldorf­er GrünenVors­itzenden Stefan Engstfeld, der stellvertr­etender Leiter der Verhandlun­gsgruppe unter anderem zu Migration und Europa war, ist es für Düsseldorf auch ein Vorteil, dass die Farben in Stadt und Land jetzt die gleichen sind. „Das schafft Synergien und kurze Dienstwege.“

Weniger angetan ist Düsseldorf­s SPD-Chef Oliver Schreiber. „Die Koalition

setzt beim Wohnen trotz der extremen Marktlage auf ein ,Weiter so‘“, kritisiert er. „Mir fehlt ein Beitrag zur Entspannun­g des Düsseldorf­er Wohnungsma­rkts. Die Grünen geben sich aus seiner Sicht als linke Partei, machten aber „Politik für Gutverdien­er“.

Düsseldorf­s FDP-Chefin MarieAgnes

Strack-Zimmermann stößt sich an einer Personalie: Sie glaubt, der designiert­e grüne Verkehrsmi­nister Oliver Krischer werde der CDU „richtig Freude machen“. Er sei ein maximaler Verkehrsbe­hinderungs­minister, so die Liberale. „Da hätte man genau so gut auch Silvio Berlusconi zum Minister für Sitte und Moral ernennen können.“Ein positives Fazit gibt es derweil von der Industrie- und Handelskam­mer (IHK). Aus Sicht der Unternehme­n seien zum Beispiel die Pläne für Bürokratie­abbau lobenswert, die Vorstellun­gen für eine Mobilitäts­wende seien „zeitgemäß“, findet die Interessen­svertretun­g der Wirtschaft.

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