Kleine Form, große Kunst
Wie vielen Sängern liegt Valerie Eickhoff das Kunstlied am Herzen, es ermöglicht ein filigraneres, farbenreicheres Gestalten als die Opernbühne. Beim Schumannfest im gleichnamigen Saal erprobte die 26-jährige Solistin der Rheinoper ihr Können an der kleinen Form.
Im Weg von der Romantik zur Spätromantik gewinnt ihr Mezzosopran immer mehr Ausdruck. Ihr intelligentes Interpretationsvermögen blitzt bei Schubert und Schumann auf. Unterstützt vom feinsinnigen Klavierpartner Benjamin Mead gelingen ihr in Schuberts „Fischerweise“kleine Bögen, frisch und klar wie über Steine sprudelndes Wasser. Dann fächert sie Nuancen auf: verschattete Seelenlandschaften in Moll, gallige Anklänge von Wut in Schumanns „Spielmann“. Unschuldig-kokett kommt das „Märzveilchen“daher.
Gänzlich gelöst wirkt Eickhoff im Repertoire der Spätromantik. Hier wird ihr heller Mezzo raumgreifend, überschwänglich. Rückhaltlos gibt sie sich der Finde-siècle-Opulenz von sechs Korngold-Liedern hin. Üppigkeit verbindet sich mit Raffinement, wenn sie sich Bergs „Sieben frühen Liedern“zuwendet. Dessen Vertonung von Hauptmanns „Nacht“wankt in der Tonalität, changiert zwischen Naturschwärmerei und seelischer Gefährdung: traumverloren und zutiefst romantisch.
Anke Demirsoy