Impfstoff-Entwicklung verzögert sich
Biontech hat Vakzine gegen Omikron-Untervarianten fertiggestellt. Wichtige Tests stehen aber noch aus.
DÜSSELDORF Viele Menschen haben diesen Impfstoffen vertraut, andere nicht, wollten sich aber auch auf konventionell gefertigte Vakzine nicht verlassen. Die beiden mRNAImpfstoffe von Moderna und Biontech sind die Sieger bei den CoronaStrategien per Spritze, wenngleich ihr Können und ihre Handicaps offensichtlich sind: Sie schützen zuverlässig vor schweren Verläufen, aber nur mäßig vor Ansteckung und vor Weitergabe.
Nun stehen beide Unternehmen in den Startlöchern für eine BoosterImpfung, die an die Omikron-Variante angepasst ist. Abermals ist es ein Wettrennen um Marktvorteile und viel Geld. Die Frage ist wie immer bei Impfstoffen, die an bereits eingetroffene Mutanten ausgerichtet werden: Kann die unvermeidliche Verzögerung durch hohe Wirksamkeit kompensiert werden?
Moderna hat die erforderlichen Daten bereits vorgelegt. Wie die „Pharmazeutische Zeitung“berichtet, enthält der angepasste Impfstoff eine zweifache mRNA – eine geeicht auf das Spike-Protein des Wildtyps, eine weitere auf das Spike-Protein
der Omikron-Variante BA.1. Die rund 800 Studienteilnehmer, die bereits die zweistufige Grundimmunisierung und einen regulären Booster erhalten hatten, wurden ein zweites Mal mit einer Dosis von 50 Mikrogramm dieses Omikron-Impfstoffs geboostert.
Das Ergebnis laut Hersteller: „Einen Monat nach dieser Viertimpfung sei bei allen Studienteilnehmern eine starke neutralisierende Antikörperantwort auch gegen die Omikron-Subvarianten BA.4 und BA.5 gemessen worden – unabhängig davon, ob die Probanden zwischenzeitlich eine Coronavirus-Infektion
durchgemacht hatten oder nicht. Allerdings fielen die neutralisierenden Titer (Wirkstoffspiegel) gegen BA.4 und BA.5 etwa dreifach niedriger aus als die Titer gegen BA.1.“Die Verträglichkeit wurde als gut deklariert. Die Gretchenfrage ist: Reicht das für eine Auffrischungswaffe angesichts eines drohenden Corona-Herbstes, in dem mancher zudem das Eintreffen einer neuen Mutante erwartet? Das werden die Zulassungsbehörden entscheiden.
Biontech hat ebenfalls Daten zweier neuer und ebenfalls angepasster Vakzine vorgelegt. Einer der Impfstoffe besteht nur aus an BA.1 angepassten Komponenten, der andere ist eine Mischung aus dem angepassten und dem bestehenden Mittel. Die Rede ist von 1234 Teilnehmern im Alter ab 56 Jahren, die allerdings nur auf die Subvariante BA.1 getestet wurden. Probanden, die als Booster den neuen Impfstoff erhalten hatten, hatten danach „deutlich höhere neutralisierende Antikörperreaktionen“gegen die Omikron-Sublinie BA.1 als beim bisherigen Biontech/
Pfizer-Impfstoff erreicht, heißt es in der Mitteilung des Konzerns.
Der Haken bleibt allerdings die fragliche Wirkung bei den Untervarianten BA.4 und BA.5. Der Hersteller konnte nämlich lediglich „in vorläufigen Laborstudien“zeigen, dass die neuen Biontech-Impfstoffe auch Viren dieser Sublinien ausschalten können (wie bei Moderna in geringerem Maße als bei BA.1). Die Wirksamkeit speziell bei BA.4 und BA.5 wurde bei Biontech allerdings offenbar nur im Tierversuch ermittelt.
Das Paul-Ehrlich-Institut hat bereits signalisiert, dass es sich damit keinesfalls zufriedengeben wolle und auch die Zulassung der Impfstoffe nicht beschleunigen werde. „Sorgfalt sollte bleiben“, sagte sein Chef Klaus Cichutek gegenüber der „Welt am Sonntag“. Nun heißt es vom Hersteller: „Pfizer und Biontech werden in den kommenden Wochen weitere Studiendaten zu den Omikron-Varianten BA.4/BA.5 erheben.“Dieser Zeitverzug kann für das Wettrennen möglicherweise entscheidend sein.
Die Tests auf Wirksamkeit fanden teilweise nur als Tierversuch statt