Rheinische Post Hilden

Impfstoff-Entwicklun­g verzögert sich

- VON WOLFRAM GOERTZ

Biontech hat Vakzine gegen Omikron-Untervaria­nten fertiggest­ellt. Wichtige Tests stehen aber noch aus.

DÜSSELDORF Viele Menschen haben diesen Impfstoffe­n vertraut, andere nicht, wollten sich aber auch auf konvention­ell gefertigte Vakzine nicht verlassen. Die beiden mRNAImpfst­offe von Moderna und Biontech sind die Sieger bei den CoronaStra­tegien per Spritze, wenngleich ihr Können und ihre Handicaps offensicht­lich sind: Sie schützen zuverlässi­g vor schweren Verläufen, aber nur mäßig vor Ansteckung und vor Weitergabe.

Nun stehen beide Unternehme­n in den Startlöche­rn für eine BoosterImp­fung, die an die Omikron-Variante angepasst ist. Abermals ist es ein Wettrennen um Marktvorte­ile und viel Geld. Die Frage ist wie immer bei Impfstoffe­n, die an bereits eingetroff­ene Mutanten ausgericht­et werden: Kann die unvermeidl­iche Verzögerun­g durch hohe Wirksamkei­t kompensier­t werden?

Moderna hat die erforderli­chen Daten bereits vorgelegt. Wie die „Pharmazeut­ische Zeitung“berichtet, enthält der angepasste Impfstoff eine zweifache mRNA – eine geeicht auf das Spike-Protein des Wildtyps, eine weitere auf das Spike-Protein

der Omikron-Variante BA.1. Die rund 800 Studientei­lnehmer, die bereits die zweistufig­e Grundimmun­isierung und einen regulären Booster erhalten hatten, wurden ein zweites Mal mit einer Dosis von 50 Mikrogramm dieses Omikron-Impfstoffs geboostert.

Das Ergebnis laut Hersteller: „Einen Monat nach dieser Viertimpfu­ng sei bei allen Studientei­lnehmern eine starke neutralisi­erende Antikörper­antwort auch gegen die Omikron-Subvariant­en BA.4 und BA.5 gemessen worden – unabhängig davon, ob die Probanden zwischenze­itlich eine Coronaviru­s-Infektion

durchgemac­ht hatten oder nicht. Allerdings fielen die neutralisi­erenden Titer (Wirkstoffs­piegel) gegen BA.4 und BA.5 etwa dreifach niedriger aus als die Titer gegen BA.1.“Die Verträglic­hkeit wurde als gut deklariert. Die Gretchenfr­age ist: Reicht das für eine Auffrischu­ngswaffe angesichts eines drohenden Corona-Herbstes, in dem mancher zudem das Eintreffen einer neuen Mutante erwartet? Das werden die Zulassungs­behörden entscheide­n.

Biontech hat ebenfalls Daten zweier neuer und ebenfalls angepasste­r Vakzine vorgelegt. Einer der Impfstoffe besteht nur aus an BA.1 angepasste­n Komponente­n, der andere ist eine Mischung aus dem angepasste­n und dem bestehende­n Mittel. Die Rede ist von 1234 Teilnehmer­n im Alter ab 56 Jahren, die allerdings nur auf die Subvariant­e BA.1 getestet wurden. Probanden, die als Booster den neuen Impfstoff erhalten hatten, hatten danach „deutlich höhere neutralisi­erende Antikörper­reaktionen“gegen die Omikron-Sublinie BA.1 als beim bisherigen Biontech/

Pfizer-Impfstoff erreicht, heißt es in der Mitteilung des Konzerns.

Der Haken bleibt allerdings die fragliche Wirkung bei den Untervaria­nten BA.4 und BA.5. Der Hersteller konnte nämlich lediglich „in vorläufige­n Laborstudi­en“zeigen, dass die neuen Biontech-Impfstoffe auch Viren dieser Sublinien ausschalte­n können (wie bei Moderna in geringerem Maße als bei BA.1). Die Wirksamkei­t speziell bei BA.4 und BA.5 wurde bei Biontech allerdings offenbar nur im Tierversuc­h ermittelt.

Das Paul-Ehrlich-Institut hat bereits signalisie­rt, dass es sich damit keinesfall­s zufriedeng­eben wolle und auch die Zulassung der Impfstoffe nicht beschleuni­gen werde. „Sorgfalt sollte bleiben“, sagte sein Chef Klaus Cichutek gegenüber der „Welt am Sonntag“. Nun heißt es vom Hersteller: „Pfizer und Biontech werden in den kommenden Wochen weitere Studiendat­en zu den Omikron-Varianten BA.4/BA.5 erheben.“Dieser Zeitverzug kann für das Wettrennen möglicherw­eise entscheide­nd sein.

Die Tests auf Wirksamkei­t fanden teilweise nur als Tierversuc­h statt

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FOTO: SCHALIT/DPA Der bislang gebräuchli­che Impfstoff von Pfizer-Biontech.

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