Wartelisten nach Ansturm auf Sportvereine
Die einst totgesagten Clubs erleben nach den Corona-Beschränkungen eine enorme Nachfrage. Doch oft fehlen Flächen und Trainer.
DÜSSELDORF Viele Sportvereine in Düsseldorf erleben derzeit einen regelrechten Ansturm – zum Teil mussten sie bereits Aufnahmestopps verhängen und führen lange Wartelisten aufgrund der enormen Nachfrage. So ist es etwa beim Verein Grün-Weiß-Rot (GWR) 1930 in Flehe. Insbesondere im Tennis hätten die Anfragen angezogen, sagt Geschäftsführer Klaus Knauer. Vor allem junge Familien, Eltern mit Kindern, strömten in den Verein, der nun aber vorerst keine neuen Mitglieder aufnehmen kann.
„Wir mussten die Bremse ziehen, sonst wären die Tennisplätze immer besetzt und nicht alle Mitglieder hätten die Möglichkeit zu spielen“, sagt Knauer. Pro Tennisplatz rechne man mit 50 Personen, bei den sieben Plätzen des GWR hätten also 350 Mitglieder Platz. Alleine im Jugendbereich seien es aber schon 400 Sportlerinnen und Sportler. Knauer erklärt sich den Ansturm unter anderem mit der Corona-Pandemie. „Tennis ist eine Sportart, die man zu zweit mit genügend Abstand und unter freiem Himmel ausüben kann“, so der Vereinsgeschäftsführer. Zudem gebe es kaum andere Tennisvereine in der Gegend, aber viele Neubaugebiete mit kürzlich zugezogenen Familien. Man arbeite derzeit daran, dass sich Interessierte direkt auf der Internetseite auf eine Warteliste eintragen können.
Die große Nachfrage beim GWR ist kein Einzelfall, weiß Andrea Haupt vom Stadtsportbund. „Vereine erfahren wieder einen super Zulauf, vor allem in den OutdoorSportarten: Fußball, Leichtathletik, Hockey, Tennis“, sagt die Geschäftsführerin. Auch die Hallensportarten hätten sich nach den strengen Beschränkungen während der Corona-Pandemie wieder erholt, auch wenn hier die Zurückhaltung noch ein wenig größer sei. Andrea Haupt spricht von einer „Kehrtwende“– die einst totgesagten Vereine hätten sich mehr als erholt. Früher seien die Clubs um jedes Mitglied dankbar gewesen, nun müssten viele sogar Anfragen zurückweisen, häufig von Interessenten aus anderen Städten. „Wenn es so weitergeht, sind wir bald deutlich über dem Vor-CoronaNiveau“, sagt Haupt.
Viele Menschen hätten nach der Pandemie wieder Lust, sportlich aktiv zu sein. Vor allem Kinder und Jugendliche hätten Interesse am Vereinssport, aus dem oftmals auch Freundschaften entstehen. Ebenso Senioren, die in den Lockdowns häufig mit Einsamkeit zu kämpfen hatten, sagt Andrea Haupt. Doch die Vereine seien noch nicht alle auf diese hohen Mitgliederzahlen eingestellt. Übungsleiter und Trainer würden „händeringend gesucht“. Zudem seien die Außenflächen häufig zu klein oder fehlten ganz.
So ist es auch bei Sparta Bilk. Der Verein mit einer großen Fußballabteilung hat zwei Plätze, jedoch nur einen mit Kunstrasen. Im Sommer sei das nur selten ein Problem, sagt Marcel Krüger vom Verein. Doch in den kühleren Jahreszeiten und bei Regen könnten die Mannschaften häufig nicht auf dem Naturrasen trainieren. Mit einem zweiten Kunstrasenplatz, der bei Wind und Wetter bespielbar ist, könnte der
Verein auch wieder neue Mitglieder aufnehmen – derzeit stehen weit über 100 Kinder auf der Warteliste, sagt Krüger. Teilweise gebe es sogar schon Anfragen von Familien aus einem Neubaugebiet, das noch in Planung ist. „Wir freuen uns natürlich riesig über das Interesse, und dass Kinder lieber Sport machen wollen, als am Computer zu sitzen“, sagt Krüger. Der Verein sei bereits mit der Stadt im Austausch über einen Umbau des Platzes, um den Bedarf decken zu können.
Wie stark die Vereine zum Teil wachsen, zeigen Zahlen des DJK
Tusa 06 in Flehe. Anfang 2019 hatte der Sportclub noch 1250 Mitglieder, aktuell rund 1800 – trotz der Corona-Zeit. Der Verein hatte auch während der Pandemie-Hochphase per Online-Buchung Flächen auf dem Vereinsgelände zum Sporttreiben angeboten. Das wurde rege angenommen, sagt Gunter BlissMüller. Zugleich sei es schwierig, Trainer und Betreuer zu finden, vor allem wenn der Verein einen leistungsorientierten Ansatz verfolge. „Der Wunsch nach Professionalität ist bei den Mitgliedern groß“, sagt Bliss-Müller. Dabei sind Trainer und Übungsleiter meist ehrenamtlich aktiv. Damit Vereine nicht langfristig ihre Beiträge erhöhen müssen, müssten darum die Pauschalen für Ehrenamtleiter steigen, sagt er.
Der Bewegungsbedarf sei groß, sagt auch Andrea Remus vom Allgemeinen Rather Turnverein (ART). In der Corona-Zeit hätten einige Vereinsmitglieder gekündigt, weil sie sich die Beiträge nicht mehr leisten konnten, nun gebe es wieder viele Anmeldungen. In allen Kinderund Jugendsparten zwischen vier und zwölf Jahren, sei es Leichtathletik, Basketball oder Turnen, sei man am Limit. Remus beobachtet zudem einen Volleyball-Hype, wie sie sagt. „Da platzen wir aus allen Nähten.“Grund ist wohl die japanische Trickfilm-Serie „Haikyu“, die bei Jugendlichen beliebt ist. „Das sind natürlich Mitgliedschaften, die einer gewissen Fluktuation unterliegen“, sagt Remus. Einige Jungen und Mädchen blieben aber auch bei dem Sport. Lange Wartelisten gebe es zudem beim Wassersport für Erwachsene, sagt Andrea Remus vom ART. Da viele Kinder während der Corona-Pandemie nicht die Möglichkeit hatten, das Seepferdchen und andere Schwimmabzeichen zu machen, seien viele Zeiten in den Bädern nun für Kinder-Kurse reserviert und die Trainingszeiten für Erwachsene wurden gestrichen.