Zeugen im Mordfall Kusel schildern die Tatnacht
KAISERSLAUTERN (dpa) Mit Todesangst in der Stimme bittet der Polizeikommissar mit seinen letzten Worten um Hilfe. „Die schießen, die schießen“, ruft der 29-Jährige fast panisch in das Funkgerät, wenig später ist ein Schuss zu hören. Dann beklemmende Stille. Der nächtliche Notruf ist am Montag im Gerichtssaal in Kaiserslautern immer wieder zu hören. Es ist der Beginn der Beweisaufnahme im Mordprozess um den Tod des Polizeikommissars und einer Polizeianwärterin (24) Ende Januar nahe Kusel (Pfalz). Als erste Zeugen sind Einsatzkräfte und Rettungssanitäter geladen, die kurz nach dem Verbrechen am Tatort waren. Ihre Schilderungen sind drastisch.
„Das Blut lief die Straße hinunter“, schildert ein 27 Jahre alter Kollege der beiden erschossenen Polizisten spürbar erschüttert. Die junge Polizeianwärterin habe tot im Licht der Autoscheinwerfer auf der Kreisstraße 22 gelegen, mit schwersten Verletzungen nach einem Kopfschuss. Ihr Kollege lag in einer Wiese, auch er wurde tödlich am Kopf getroffen. „Eine Patronenhülse lag in der Blutspur, später setzte Schneeregen ein“, sagt der Polizist. Eigentlich hätte er an diesem Tag Dienst gehabt beim G7-Gipfel in Bayern. Stattdessen muss er wie andere Einsatzkräfte Auskunft über den Tod von Kollegen geben.
Der mutmaßliche Schütze sitzt wenige Meter entfernt und macht sich Notizen. Gelegentlich spricht der 39-Jährige mit seinem Verteidiger.
Die Staatsanwaltschaft wirft ihm vor, die beiden Polizisten bei der nächtlichen Fahrzeugkontrolle mit Gewehrschüssen getötet zu haben, um Jagdwilderei zu verdecken. Die Gewalttat sorgte für Entsetzen. Einem 33 Jahre alten Komplizen wirft die Anklagebehörde versuchte Strafvereitelung vor. Er soll beim Spurenverwischen geholfen haben.
Insgesamt sind am Montag 13 Zeugen geladen, darunter die Ehefrau und die Schwiegermutter des Hauptangeklagten. Sie verweigern die Aussage, und auch die Verlobte des Komplizen sagt nicht aus. Der nächste Zeuge ist ein 30 Jahre alter Polizist aus Kusel. Er spricht von einer nächtlichen „Irrfahrt“der Einsatzfahrzeuge nach dem verzweifelten Hilferuf des Polizeikommissars, weil man den Tatort erst nicht fand. Ob er sich die Leiche seines Kollegen angeschaut habe? „Nein“, sagt er mit tonloser Stimme, „das wollte ich aus persönlichen Gründen nicht.“Der Getötete sei sein Freund gewesen.
Zum Prozessauftakt hatte der Hauptangeklagte von seinem Verteidiger eine Erklärung verlesen lassen. Darin wies er die Mordvorwürfe zurück, gab seinem Komplizen die Schuld am Tod der Polizistin. Für sich selbst schilderte er eine Art Notwehrlage, aus der heraus er auf den Polizisten geschossen habe. Der Verteidiger des 33-Jährigen hatte die Erklärung als unzutreffend zurückgewiesen. Bisher sind vom Landgericht Termine bis zum 9. September vorgesehen. Der Prozess soll am Dienstag fortgesetzt werden.