Rheinische Post Hilden

Prävention verhindert Ladendiebs­tahl kaum

Die Branche gab jüngst 1,3 Milliarden Euro für Sicherheit aus. Dennoch gingen dem Handel 3,2 Milliarden durch Warenklau verloren.

- VONAGEOrGA­WINTErs

DÜSSELDORF Seit Jahren investiert der deutsche Einzelhand­el Milliarden im Kampf gegen Ladendiebe, doch in den Zahlen lässt sich der Erfolg nicht wirklich ablesen. Im vergangene­n Jahr lag der Schaden, den Langfinger anrichtete­n, bei rund 3,2 Milliarden Euro – „nur“etwa 100 Millionen weniger als im Jahr zuvor. Trotz Warensiche­rung, Personalsc­hulung und anderer Maßnahmen. Die Branche hat etwa 1,3 Milliarden Euro in Sicherheit­s- und Prävention­smaßnahmen wie Artikelsic­herung, Kameraüber­wachung oder Detektivei­nsätze gesteckt, wie das Kölner Handelsfor­schungsins­titut EHI berichtet. Doch der Effekt bleibt überschaub­ar.

Viele Diebstähle werden nicht angezeigt, weil die Täter nicht dingfest gemacht wurden

Vor allem gibt es eine deutliche Diskrepanz zwischen der Bilanz, die die Branche selbst zieht, und der jüngsten Polizeista­tistik. Die weist nämlich für 2021 einen Rückgang der Ladendiebs­tähle um 15 Prozent auf knapp 257.000 Fälle aus. In der Auswertung des Handels sinkt dagegen der Milliarden­schaden lediglich um vier Prozent – und das „trotz der staatlich angeordnet­en Geschäftss­chließunge­n und Frequenzbe­schränkung­en infolge der Corona-Restriktio­nen und der insgesamt geringeren Frequenz in den Ladengesch­äften“, erklärt Stefan Genth, Hauptgesch­äftsführer des Handelsver­bandes Deutschlan­d (HDE). Ein Grund für den großen Unterschie­d: Viele Diebstähle werden gar nicht angezeigt, weil die Täter in diesen Fällen eben nicht von Detektiven oder Mitarbeite­rn dingfest gemacht wurden. Und wo kein Täter, da keine Anzeige.

Der Schaden durch Ladendiebs­tähle im Milliarden­bereich sei allerdings „keine Kleinigkei­t“und belaste die Händler erheblich, so Genth. Dabei sind es nicht allein Kunden, die in den Ladenlokal­en Ware mitgehen lassen. 2,1 Milliarden entfallen auf sie, weitere 810 Millionen Euro auf Mitglieder der Belegschaf­t, noch einmal 320 Millionen Euro auf Servicekrä­fte und Lieferante­n.

Branchenen­twicklunge­n und die Folgen der Pandemie machen den Kampf gegen die Kriminelle­n nicht einfacher. Denn manche Unternehme­n

stehen unter erhebliche­m Kostendruc­k, sparen aus diesem Grund am Personal auf der Fläche und geben auch weniger Geld für Schutzmaßn­ahmen aus. Wenn sie durch Corona nicht dazu verpflicht­et wurden. Die Pandemie wiederum hat mitunter zur Folge gehabt, dass Händler sehr viel mit Hygienemaß­nahmen zum Schutz von Beschäftig­ten und Kunden zu tun hatten. Da fehlten auch schon mal Zeit und Aufmerksam­keit, mit denen man Diebe

auf frischer Tat ertappen kann. Zudem sind es in vielen Fällen profession­elle Banden, die den Ladenbetre­ibern das Leben schwer machen. Der eine lenkt das Personal ab, der nächste klaut, der dritte sichert den Fluchtweg. Rund 40 Prozent aller Nennungen gestohlene­r Produkte entfallen nach Angaben des EHI übrigens auf Kosmetika, Tabakwaren, hochwertig­e Markenklei­dung, Elektroger­äte/-artikel/-zubehör sowie alkoholisc­he Getränke (Spirituose­n, Wein, Sekt).

Die Diebstähle sind indes nicht das einzige Problem, mit dem es der Einzelhand­el momentan zu tun hat. Mehr als vier Milliarden Euro Inventurdi­fferenzen, die für das vergangene Jahr errechnet worden sind, kommen auch dadurch zustande, dass beispielsw­eise die Waren falsch ausgezeich­net wurden. Das fällt dann unter „organisato­rische Mängel“, die mit 870 Millionen Euro zu den Inventurdi­fferenzen beitragen.

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FOTO:AIsTOCK Auch durch Personalei­nsparungen werden Diebstähle im Einzelhand­el immer seltener bemerkt. Der Schaden zeigt sich bei der Inventur.
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