Noch immer die Champions
Queen überzeugen in der ausverkauften Lanxess-Arena mit einem Programm aus dem Hier und Jetzt.
KÖLN Es sind drei Songs, mit denen man die Geschichte dieses Abends erzählen kann. Da ist das furiose „Don’t Stop Me Now“von 1978: „Tonight I‘m gonna have myself a real good time, I feel alive“und „I‘m floating around in ecstasy“heißt es darin – das galt an diesem Abend in der ausverkauften Arena ganz sicher für die Band und mehr noch für ihr Publikum, das über zwei Stunden lang Queen und die eigenen Erinnerungen feierte. Da war als einziger Ruhepunkt im Konzert Brian Mays Solo bei der Ballade „Love Of My Life“, die er dem schon 1991 verstorbenen Frontmann Freddie Mercury und allen widmete, die jemanden lieben – und die das Publikum textsicher mitsang. Und schließlich die erste Zugabe, das explosive „We Will Rock You“, dessen Titel ein Versprechen enthält, das die Queen-Legenden Brian May (Gitarre) und Roger Taylor am Schlagzeug zusammen mit ihrer Band eindrucksvoll einlösten.
Tyler Warren am Schlagzeug und Neil Fairclough am Bass machen einen exzellenten Job, und Adam Lambert ist ohnehin ein Phänomen: Als es 2009 erstmals hieß, dass Queen und der „American Idol“-Star, der elf Jahre nach Gründung der Band geboren ist, zusammenarbeiten, hatte so mancher Fan Sorgenfalten auf der Stirn. Nach mehr als einem gemeinsamen Jahrzehnt und diesem Abend in Köln weiß man, warum May und Taylor so große Stücke auf ihren Frontmann halten. Lambert hat nicht nur eine enorme Präsenz und klingt sogar manchmal fast wie sein Vorgänger, vor allem wenn er die Kopfstimme nutzt. Er bringt auch die richtige Mischung aus Showtalent und Demut mit, die es braucht, um Mercury zu ersetzen oder besser gesagt: so zu vertreten, als sei der nur verhindert. Er ist kein Mercury reloaded, er versucht nicht, ihn zu imitieren. Braucht er auch nicht: Er verpasst den Hymnen und Rock-Opern wie „Bohemian Rhapsody“oder „Who Wants To Live Forever“
eine neue, eigene Handschrift. Und extravagant ist er auch, zumindest bei der Auswahl der Kostüme.
Natürlich ist Mercury stets präsent – nicht nur auf mehr oder weniger geschmackvollen Merchandise-Produkten, sondern auch in der Show selber, etwa in Videosequenzen. Ein bisschen Nostalgie und Wehmut gönnt sich die Band, aber dieser Abend ist kein Gedenkkonzert. Queen präsentiert eine Show, die Mercury gefallen hätte: Die Bühne dient als Theaterkulisse, Videos, Laser und Pyrotechnik sorgen für eine starke Atmosphäre. Vor allem aber geht es um Rockmusik: laut, schnell, kraftvoll und sehr abwechslungsreich. Bei dem über Jahrzehnte entstandenen Band-Repertoire mit seinen vielen Hits und Hymnen ist jedes Konzert auch eine Zeitreise. Die endet nun aber im Hier und jetzt.
Von Anfang an ist klar: Hier spielt keine Coverband, es ist kein Musical und auch kein Revival. Hier spielt das Original, auch wenn mit May und Taylor nur die halbe Originalbesetzung auf der Bühne steht.
Aber was heißt nur? May, inzwischen 74 Jahre alt, und der zwei Jahre jüngere Taylor wollen live auftreten und zwei Stunden Vollgas geben, weil sie es können. Und weil sie wissen, wie gut die eigenen Songs für Live-Spektakel geeignet sind – mal als kompaktes Hit-Potpourri, mal als ausladende Rock-Oper mit langen Soli, für die Brian May zuständig ist, dem Lambert immer wieder den Vortritt lässt.
May prägt mit seinen E-GitarrenSoli den Sound der Band – und experimentiert gerne. Zum Beispiel auf seiner Weltraumreise, bei der er auf einer Art Meteorit thront und demonstriert, was für außerirdische Klänge er der E-Gitarre entlocken kann – bis er sogar kühn Dvoraks neunte Symphonie „Aus der schönen neuen Welt“zitiert.
Am Ende singen alle in der Arena „We Are The Champions“. Gut zu wissen: Für Queen gilt das immer noch.