Wüst erneut vereidigt
Der alte und neue Ministerpräsident verspricht, Industrie und Klimaschutz gemeinsam zu denken. Vier Abweichler stimmten nicht für den Münsterländer. Heute will der CDU-Politiker sein neues Kabinett präsentieren.
URLAUB NEBENAN
DÜSSELDORF 44 Tage nach der Landtagswahl ist NRW-Ministerpräsident Hendrik Wüst (CDU) in Düsseldorf erneut ins Amt gewählt worden. Dabei stimmten 106 Abgeordnete für den Regierungschef, 74 stimmten gegen ihn, einer enthielt sich der Stimme. Das gibt Anlass zu Rechenspielen. Eigentlich kommt die neue schwarz-grüne Regierungskoalition auf insgesamt 115 Sitze. Aber vier Mitglieder der CDU-Fraktion und eines der Grünen konnten bei der Sitzung am Dienstag nicht dabei sein. Somit stimmten offenbar vier der anwesenden Mitglieder von Schwarz-Grün nicht für ihren Ministerpräsidenten.
Hendrik Wüst bedankte sich für das ihm entgegengebrachte Vertrauen. Diesem gerecht zu werden sei für ihn Pflicht und Verantwortung zugleich, sagte er kurz nach seiner Wahl. Mit Blick auf den Koalitionspartner betonte er, der Schutz des Klimas und die Bewahrung der Schöpfung seien „die größten Aufgaben unserer Zeit“. Klimaschutz und erfolgreicher Artenschutz gelängen, wenn man gleichzeitig die sozialen Errungenschaften des Gemeinwesens garantiere: Wohlstand, soziale Sicherheit und Gerechtigkeit. „Dann werden andere Länder unserem Beispiel folgen und es uns nachmachen.“
Der Landeschef der Gewerkschaft IG-Metall, Knut Giesler, sagte unserer Redaktion am Rande der Wahl: „Unsere Erwartung ist, dass die Transformation in der Industrie jetzt wirklich begleitet wird – weg vom Ankündigen, hin zum Machen.“Es seien dafür durchaus Ansätze im schwarz-grünen Koalitionsvertrag enthalten. „Das gilt es jetzt zu beweisen.“Anerkennend betonte er, die künftige grüne Wirtschaftsministerin Mona Neubaur habe sehr frühzeitig den Kontakt zu den Gewerkschaften gesucht. „Bis jetzt war der Draht gut, wenn der Draht so bleibt, kann das in der Zusammenarbeit mit den Gewerkschaften auch was Gutes werden.“
Wüst wiederum versprach, dass seine Landesregierung bei allen notwendigen Anstrengungen immer auch das Soziale mitdenken werde. Dabei bezog er sich auf den ersten frei gewählten NRW-Ministerpräsidenten Karl Arnold (CDU). Dessen Satz gelte weiter: „Nordrhein-Westfalen will und wird das soziale Gewissen der Bundesrepublik sein.“Der Ministerpräsident stellte zudem eine solide Finanzpolitik in Aussicht. „Durch unsere Politik wollen wir künftigen Generationen ihre Freiheitsräume lassen.“
Der Regierungschef sprach zudem eine Einladung an alle anderen demokratischen Parteien aus, gemeinsam mit Schwarz-Grün Politik zu machen: „Weil keine Partei die allein seligmachende Antwort hat, gilt es, über den Weg zu diesem Ziel in den kommenden Jahren konstruktiv zu diskutieren und um die besten Lösungen zu ringen.“Wüst zitierte erneut einen Amtsvorgänger, den sozialdemokratischen Ministerpräsidenten Heinz Kühn: „Der Sauerteig eines sich auf Gesinnung und Sachlichkeit gründenden widersprechenden Geistes ist in der Demokratie unentbehrlich, damit das Werk gedeihe. Die sachlich auszutragende parlamentarische Kontroverse wird der Politik dieses Landes nützen.“Diese Sätze würden heute wohl mehr als je zuvor gelten.
Der sozialdemokratische Oppositionsführer Thomas Kutschaty, der im Landtag zu den ersten Gratulanten nach der Wahl zählte, beglückwünschte Wüst auch via Twitter und fügte hinzu: „Auf einen fairen Wettbewerb für NRW unter Demokraten.“Verena Schäffer und Josefine Paul von der Grünen-Fraktionsspitze verwiesen darauf, dass alle 39 Abgeordneten ihrer Landtagsfraktion den Koalitionsvertrag in den Facharbeitsgruppen mit ausgehandelt hätten. Ein Hinweis darauf, dass die Abweichler bei der Wahl nicht in den eigenen Reihen vermutet werden.
Eine erste Regierungserklärung ist für die Zeit nach der Sommerpause geplant. Am Mittwoch tritt der Landtag noch einmal zusammen, um die Minister zu vereidigen. Die der CDU sollen am Vormittag zunächst in der Fraktion und dann der Öffentlichkeit vorgestellt werden.