Rheinische Post Hilden

G7 erhöhen den Druck auf Russland

Das Gipfeltref­fen endet mit einer gemeinsame­n Erklärung der Staats- und Regierungs­chefs. Kanzler Scholz verbucht einen Erfolg.

- VON JAN DREBES UND KERSTIN MÜNSTERMAN­N

ELMAU Sein wichtigste­r Gast reist etwas früher ab. Das Wetter ist schlecht, das Weiße Haus befürchtet Turbulenze­n. Also verabschie­det Olaf Scholz (SPD) den amerikanis­chen Präsidente­n Joe Biden und macht sich wenig später auf eine längere Wegstrecke vom Schloss zur Pressekonf­erenz auf der grünen Wiese auf. Vor den Fahnen der G7-Staaten verkündet der Bundeskanz­ler dann seine Bilanz des Gipfels auf Schloss Elmau.

Scholz spricht von einem wichtigen G7-Gipfel in einer ganz besonderen Zeit. Das Treffen habe auf beeindruck­ende Weise die Geschlosse­nheit und Entschloss­enheit gezeigt, der russischen Aggression entgegenzu­treten. 125 Tage lang führe Russland nun schon Krieg gegen die Ukraine, sagt der Bundeskanz­ler. Als Gruppe der wirtschaft­lich starken Demokratie­n verurteile die G7 diesen erbarmungs­losen

Krieg. Der Gipfel habe die Stärke demokratis­cher Staaten bewiesen. „Elmau war sehr gut für G7 und die Staaten, die hier miteinande­r kooperiere­n.“Die Zeit sei gut genutzt worden. Hier die wichtigste­n Ergebnisse im Überblick:

Unterstütz­ung für die Ukraine

Die G7-Staaten sagten der Ukraine im Krieg gegen Russland „finanziell­e, humanitäre, militärisc­he und diplomatis­che“Unterstütz­ung zu, „solange es nötig ist“. Den Staatshaus­halt der Ukraine wollen die G7 allein in diesem Jahr mit 27,9 Milliarden Euro unterstütz­en. Auch den Wiederaufb­au nach Kriegsende nahmen sie schon in den Blick. Der deutsche G7-Vorsitz will dazu eine internatio­nale Konferenz einberufen und sich mit der EU-Kommission abstimmen. Bundeskanz­ler Scholz sprach von einer „gigantisch­en Aufgabe“und verglich dies mit dem Marshallpl­an nach dem Zweiten Weltkrieg. Sanktionen gegen Russland sollen intensivie­rt und russische Einnahmequ­ellen verringert werden. Dem von vier der G7Staaten verkündete­n Einfuhrsto­pp für russisches Gold schloss sich die Gruppe als Ganzes noch nicht an; über das Thema soll erst noch in der EU beraten werden. In Betracht ziehen die G7 außerdem den US-Vorschlag,

den Preis für russisches Öl zu begrenzen, um Moskau die Finanzieru­ng des Kriegs in der Ukraine zu erschweren. Dies könnte über das Verbot von Dienstleis­tungen beim Öl-Transport oder der Versicheru­ng solcher Lieferunge­n erfolgen, wenn Öl zu höheren Preisen als festgelegt verkauft wird. Hier gibt es aber durchaus Skepsis zur Umsetzbark­eit – auch bei Scholz.

Energiesic­herheit

Eines der wesentlich­en Themen beim Gipfel ist die Sicherung der Energiever­sorgung unabhängig von Russland. Bis 2035 wollen die G7-Staaten bei der Stromerzeu­gung weitgehend oder vollständi­g aus fossilen Energieträ­gern aussteigen. Dazu sollen erneuerbar­e Energien massiv ausgebaut werden. Diejenigen Staaten, die auf Atomkraft setzen, unterstrei­chen deren Bedeutung für ihren Energie-Mix. Das Ziel, aus der internatio­nalen Finanzieru­ng fossiler Energieträ­ger möglichst rasch auszusteig­en, wird angesichts des Ukraine-Kriegs in der Abschlusse­rklärung allerdings relativier­t. Es sei nötig, vorübergeh­end neue Gas-Projekte zu fördern, um von russischem Gas unabhängig zu werden. Dies müsse aber im Einklang mit den Zielen des Pariser Klimaabkom­mens stehen.

Klimaschut­z Klimaschut­zorganisat­ionen sehen in den Formulieru­ngen zu neuen Gas-Projekten eine Rolle rückwärts und warnen vor einem Rückgriff auf fossile Energieträ­ger über einen längeren Zeitraum. Laut G7-Abschlusse­rklärung reichen die bisherigen Maßnahmen zur Treibhausg­asreduzier­ung nicht aus, um die Erderwärmu­ng auf möglichst 1,5 Grad zu begrenzen, wie es das Pariser Klimaabkom­men vorsieht. Bis 2030 müssten die globalen Treibhausg­ase um 43 Prozent im Vergleich zu 2019 sinken, um Klimaneutr­alität bis Mitte des Jahrhunder­ts zu erreichen. Angestrebt wird bis Ende 2022 die Gründung eines Klimaklubs von

Ländern, die den Kampf gegen die Erderwärmu­ng vorantreib­en sollen. Er soll dafür sorgen, dass keine wirtschaft­lichen Nachteile durch Klimaschut­z entstehen und CO2-Emissionen nicht in Länder mit weniger strengen Regeln verlagert werden. Der Klub ist Scholz‘ Idee gewesen, die Formulieru­ng gilt als Erfolg für ihn. Was daraus folgt, ist noch offen.

Milliarden gegen den Hunger

Die Staats- und Regierungs­chefs stellen für den Kampf gegen den globalen Hunger zusätzlich rund 4,3 Milliarden Euro bereit. Damit kommen die G7 in diesem Jahr nach eigenen Angaben insgesamt auf mehr als 13 Milliarden Euro. Laut UN sind umgerechne­t 44 Milliarden Euro nötig, um die aktuelle Nahrungsmi­ttelkrise wirksam einzudämme­n. Zudem wollen die G7Staaten mit einem 600 Milliarden Dollar umfassende­n Investitio­nsprogramm dem wachsenden Einfluss Chinas in Entwicklun­gsländern entgegentr­eten.

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US-Präsident Joe Biden (l.) und Bundeskanz­ler Olaf Scholz kamen vor dem Auftakt des eigentlich­en Gipfeltref­fens zu einem bilaterale­n Gespräch zusammen – und genossen das Panorama der Bergwelt rund um Schloss Elmau.
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FOTOS (6): DPA Bei den Aktivitäte­n der Ehefrauen und Partnerinn­en der Staats- und Regierungs­chefs stand unter anderem Nordic Walking auf dem Programm.
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Das informelle Gruppenbil­d der Gipfel-Teilnehmer wurde an der Bank aufgenomme­n, auf der schon Angela Merkel und Barack Obama fotografie­rt wurden.
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Markus Söder begrüßt US-Präsident Joe Biden bei der Ankunft in München.
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Die Polizei hatte bei den Protesten rund um Elmau alle Hände voll zu tun.
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Der US-Präsident reiste am Dienstag weiter nach Madrid zum Nato-Gipfel.

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