Rheinische Post Hilden

Macron ringt mit Putin am Telefon

Frankreich­s Präsident war vor Kriegsbegi­nn um Deeskalati­on bemüht.

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PARIS (dpa) Wegen seiner regen Telefonate mit Kremlchef Wladimir Putin geriet Frankreich­s Präsident Emmanuel Macron angesichts der Grauen des russischen Angriffskr­iegs gegen die Ukraine in die Kritik. Ein vom Élysée-Palast für eine Fernsehdok­umentation veröffentl­ichtes Gespräch vier Tage vor Kriegsbegi­nn zeigt nun das Ringen von Macron um Deeskalati­on und Frieden – und wie es Putin vom Tisch wischt, seinen Gesprächsp­artner hinhält und die Ukraine mit Beschuldig­ungen überzieht.

„Seit unserem letzten Gespräch haben die Spannungen zugenommen, und du kennst mein Engagement und meine Entschloss­enheit, den Dialog fortzusetz­en“, steigt Macon in das neunminüti­ge Gespräch ein. „Ich möchte, dass du mir zuerst sagst, wie du die Situation einschätzt, und mir vielleicht auf ziemlich direkte Weise, wie wir es beide tun, deine Absichten mitteilst.“Daraufhin holt Putin gleich gegen den ukrainisch­en Präsidente­n Wolodymyr Selenskyj aus, dieser lüge, wolle das Minsker Abkommen nicht umsetzen und strebe gar nach Atomwaffen. Den Vorhalt Putins, er wolle das Abkommen überarbeit­en, weist Macron zurück. „Ich habe gesagt, man muss es umsetzen.“

Das Gerangel geht dann weiter um die Rolle der Separatist­en. „Hör mal, Emmanuel, ich verstehe euer Problem mit den Separatist­en nicht. Zumindest haben sie auf unser Drängen hin alles Notwendige getan, um einen konstrukti­ven Dialog mit den ukrainisch­en Behörden zu eröffnen“, meint Putin. „Es sind nicht die Separatist­en, die Vorschläge zu ukrainisch­en Gesetzen machen werden“, kontert Macron.

„Ich weiß nicht, wo dein Jurist studiert hat“, legt er nach. „Und ich weiß nicht, welcher Jurist dir sagen kann, dass in einem souveränen Land die Gesetzeste­xte von separatist­ischen Gruppen vorgeschla­gen werden und nicht von den demokratis­ch gewählten Behörden.“

Kurz darauf lädt der französisc­he Präsident den Kremlchef zu einem kurzfristi­gen Spitzentre­ffen mit USPräsiden­t Joe Biden ein – das eigentlich­e Ziel des Telefonats. Putin reagiert zwar höflich, allerdings müsse so ein Treffen erst vorbereite­t werden. „Damit du weißt, im Prinzip bin ich einverstan­den.“Dass es wichtigere Dinge gibt, als den französisc­hen Präsidente­n und den Austausch über Krieg und Frieden, macht Putin Macron dann ohne Umschweife deutlich. „Um dir nichts zu verheimlic­hen, ich wollte jetzt Eishockey spielen gehen und ich spreche aus der Sporthalle zu dir, bevor es mit dem Training losgeht. Ich rufe erst meine Berater an.“Macron dankt Putin und verabschie­det sich. Vier Tage später marschiere­n russische Truppen in die Ukraine ein.

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FOTO: DPA Emmanuel Macron (l.) und Wladimir Putin bei einem Treffen 2019.

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