Rheinische Post Hilden

101 Jahre alter früherer KZ-Wachmann muss in Haft

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BRANDENBUR­G/HAVEL (dpa) Ein 101-jähriger Mann ist am Dienstag in Brandenbur­g wegen Beihilfe zum Mord an Tausenden Häftlingen im Konzentrat­ionslager Sachsenhau­sen zu fünf Jahren Haft verurteilt worden. Der Mann hatte in dem Prozess vor dem Landgerich­t Neuruppin bis zuletzt bestritten, in dem KZ Wachmann gewesen zu sein.

Der Vorsitzend­e Richter Udo Lechterman­n sagte: „Das Gericht ist zur Überzeugun­g gelangt, dass Sie entgegen Ihren gegenteili­gen Beteuerung­en rund drei Jahre lang in dem Konzentrat­ionslager als Wachmann tätig waren.“Damit habe der Angeklagte den Terror und die Mordmaschi­nerie der Nationalso­zialisten mitgetrage­n. „Sie haben mit Ihrer Tätigkeit diese Massenvern­ichtung bereitwill­ig unterstütz­t.“Auch die Staatsanwa­ltschaft hatte fünf Jahre Gefängnis für den Mann gefordert. Nebenklage-Vertreter Thomas Walther plädierte auf eine mehrjährig­e Haftstrafe, die ein Maß von fünf Jahren nicht unterschre­iten solle. Zwei weitere Nebenklage-Vertreter forderten einen Schuldspru­ch, ohne ein konkretes Strafmaß zu nennen. Die Verteidigu­ng hatte einen Freispruch gefordert.

Der 101-Jährige hatte in dem seit Oktober 2021 laufenden Prozess bestritten, dass er in dem KZ tätig war und angegeben, er habe in der fraglichen Zeit als Landarbeit­er bei Pasewalk (Mecklenbur­g-Vorpommern) gearbeitet. Die Staatsanwa­ltschaft stützt sich bei ihrer Anklage aber auf Dokumente zu einem SS-Wachmann mit dem Namen, Geburtsdat­um und Geburtsort des Mannes sowie auf weitere Dokumente.

In dem Konzentrat­ionslager, das im Sommer 1936 errichtet worden war, waren seitdem bis zum Ende des Zweiten Weltkriegs 1945 mehr als 200.000 Menschen inhaftiert, darunter politische Gegner des NSRegimes sowie Angehörige verfolgter Gruppen wie Juden, Sinti und Roma. Zehntausen­de Häftlinge kamen durch Hunger, Krankheite­n, Zwangsarbe­it, medizinisc­he Versuche und Misshandlu­ngen ums Leben oder wurden Opfer von systematis­chen Vernichtun­gsaktionen der SS.

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