Voigtmann will doch nur spielen
Seit seiner Flucht aus Moskau im Frühjahr fehlt dem Basketballprofi die Praxis.
FRANKFURT (dpa) Für Johannes Voigtmann sind die beiden anstehenden WM-Qualifikationsspiele in Estland am Donnerstag und drei Tage später in Bremen gegen Polen zwei ganz besondere. Nicht, weil es für die deutsche Basketball-Nationalmannschaft um eine gute Ausgangslage für die zweite Gruppenphase auf dem Weg zur WM im kommenden Jahr geht. Auch nicht, weil die Begegnungen schon ein erster kleiner Vorbereitungsschritt für die EM in diesem Sommer mit einer Vorrunde in Köln und der Endrunde in Berlin sind. Voigtmann hat einfach wegen des russischen Angriffskrieges auf die Ukraine seit Ende Februar kein Basketball mehr gespielt.
Als Wladimir Putin am 24. Februar den Befehl für den Einmarsch in die Ukraine gab, stand Voigtmann noch beim russischen Topclub ZSKA Moskau unter Vertrag. Der 29 Jahre alte Center weilte mit seinem Team gerade in München, wo das für den Abend angesetzte Euroleague-Spiel beim FC Bayern aber kurzfristig abgesagt wurde. „Ich kann es in der aktuellen Situation nicht mit mir vereinbaren, für ein russisches Team
Wettkämpfe auszutragen, wo es am Ende um Sieger und Verlierer geht“, sagte Voigtmann Anfang März in einem Interview des „Kicker“. „Auch wenn es nur um Basketball geht, beinhaltet das eine Symbolik, die aus meiner Sicht derzeit unangebracht ist.“
Also schnappte sich Voigtmann nach seiner Rückkehr aus München nach Moskau und nach Gesprächen mit den ZSKA-Verantwortlichen seinen Schäferhund, räumte die Wohnung leer und machte sich mit dem Hund auf dem Beifahrersitz im Auto über rund 2500 Kilometer auf den Weg nach Deutschland.
Wieder in Deutschland stand Voigtmann auch mit Blick auf die Heim-EM vor der Frage: Kurzfristig noch zu einem anderen Verein wechseln, um Spielpraxis zu sammeln, oder dem Körper nach vielen Jahren ohne größere Pausen einmal etwas Zeit zur Erholung geben? Voigtmann entschied sich für letztere Variante, auch weil sich die Gespräche mit ZSKA über eine Vertragsauflösung nicht so einfach gestalteten. Noch immer steht er offiziell bis Sommer 2023 in Moskau unter Vertrag.
Doch zunächst gilt die Konzentration in diesem Sommer dem Nationalteam. Schon vor zwei Wochen war Voigtmann Teil einer kleinen Gruppe, die in Frankfurt am Main das Training aufnahm. Seit vergangenem Freitag nun hat Bundestrainer Gordon Herbert seine komplette Mannschaft um sich versammelt und ist froh, dass Voigtmann dabei ist. „Jo ist ein ganz wichtiger Bestandteil“, sagte Herbert. „Wir müssen jetzt sehen, wie schnell er wieder seinen Rhythmus findet.“