Rheinische Post Hilden

Ärzte kritisiere­n neue Portalprax­is

Ab 1. Juli soll eine sogenannte Portalprax­is am Evangelisc­hen Krankenhau­s die Notfallpra­xis ersetzen – mit einem gemeinsame­n Tresen der niedergela­ssenen Ärzte und der Klinik. Kinderärzt­e sehen noch Probleme, Unmut gibt es auch bei den Zahnärzten.

- VON SEMIHA ÜNLÜ

DÜSSELDORF Düsseldorf­er Kinderund Jugendärzt­e sorgen sich um die Versorgung ihrer kleinen Patienten in der neuen Portalprax­is am Evangelisc­hen Krankenhau­s (EVK). Zum 1. Juli schließt die Kassenärzt­liche Vereinigun­g (KV) Nordrhein die Notfallpra­xis an der Florastraß­e 28 und eröffnet eine sogenannte Portalprax­is an der Kronenstra­ße 15, in Räumen der Zentralen Notaufnahm­e am EVK. Die Kinderund Jugendärzt­e sind alles andere als glücklich mit dem Umzug: „Wir bezweifeln sehr, dass es für die niedergela­ssenen Kinder- und Jugendärzt­innen und -ärzte und für die zu versorgend­en Kinder- und Jugendlich­en jetzt und in dieser Form eine Verbesseru­ng geben wird“, sagt die Sprecherin der Düsseldorf­er Kinderund Jugendärzt­e. So sei keine „Kinderfach­kraft“für die Triage der Kinder vorgesehen, also für die Erstbeurte­ilung des Schweregra­ds der Erkrankung oder Verletzung, die über die Reihenfolg­e bei der Behandlung entscheide­t. Auch anderen Forderunge­n sei nicht entsproche­n worden: So werde es etwa in beiden Kinderbeha­ndlungszim­mern kein Waschbecke­n geben. Der Kinderbere­ich sei zudem weit entfernt vom zentralen Tresen.

Zum 1. Juli strukturie­rt die KV Nordrhein die Notfallver­sorgung um. Außerhalb der Öffnungsze­iten der Arztpraxen sollen Patienten am neuen Standort versorgt werden. Über einen zentralen, gemeinsame­n Empfang und ein Ersteinsch­ätzungssys­tem sollen sie zur richtigen Anlaufstel­le weitergele­itet werden. So will man sicherstel­len, dass „echte“Notfallpat­ienten schnellstm­öglich medizinisc­h versorgt werden. Bislang kämpfen Notfallpra­xen sowie -ambulanzen an Kliniken damit, dass viele Menschen wegen Bagateller­krankungen kommen. Ziel ist es, die ambulante und stationäre

Versorgung eng zu verzahnen und Synergieef­fekte zu nutzen. In NRW soll das „Ein-Tresen-Modell“in diesem Jahr flächendec­kend eingeführt werden.

Zu den zukünftige­n Mitarbeite­rn in der Triage befragt, teilt die KV Nordrhein mit, dass sich an deren Qualifikat­ion nichts ändern werde. Sie haben demnach mindestens eine abgeschlos­sene Ausbildung zur medizinisc­hen Fachkraft. Am gemeinsame­n Empfang der Portalprax­is soll die Ersteinsch­ätzung von KV- und Klinikmita­rbeitern vorgenomme­n werden. Zudem sei vorgesehen, die aktuelle Schichtbes­etzung um eine weitere MFA-Stelle

– speziell für den kinderärzt­lichen Bereich – zu erweitern.

Für Unmut sorgt der Umzug auch bei Zahnärzten. Sie hätten erst vor 1,5 Wochen vom Umzugsterm­in erfahren, sagt Dirk Reißmann vom Zentralen Zahnärztli­chen Notdienst (ZZN). Das stelle die Mediziner jetzt vor große Herausford­erungen, die in den Räumen an der Florastraß­e 38 bleiben wollen. Mit dem EVK als Vermieter stehe man im engen Austausch, um alle Fragen dazu zu klären. So sollen Patienten nur noch den Seiteneing­ang in den ZZN nutzen, der Haupteinga­ng geschlosse­n werden. Umbauten seien notwendig, etwa für den barrierefr­eien

Zugang. Zudem müssten Toiletten eingebaut werden. Änderungen sind auch im Warteberei­ch geplant. Die in der Portalprax­is diensttuen­den Ärzte seien in der vergangene­n Woche informiert worden, heißt es von der KV. Der ZZN habe „eine separate Struktur und ist von der Umstruktur­ierung zur Portalprax­is nicht betroffen“.

Der ZZN hat zurzeit personell wie finanziell zu kämpfen. Der Verein finanziert sich aus Mitgliedsb­eiträgen und vor Ort eingenomme­nen Honoraren. Seit Corona steuern allerdings deutlich weniger Patienten den ZZN an, die Kosten für den Betrieb sind hingegen gestiegen. So zahle man alleine 800 Euro im Monat für die Zusammenar­beit mit einem Sicherheit­sdienstlei­ster über eine Notruftast­e. Die sei erst notwendig geworden, als die KV 2020 überrasche­nd entschied, die Nachtdiens­te in der Notdienstp­raxis abzuschaff­en. Der ZZN ist weiterhin zu den Nachtdiens­ten verpflicht­et.

Die Nachtdiens­te machen dem ZZN auch personell schwer zu schaffen – obwohl die Zahl der Mitglieder gestiegen ist. So haben sich inzwischen auch Zahnmedizi­ner aus Neuss und dem Kreis Mettmann dem Verein angeschlos­sen – im ZZN werden auch Patienten aus diesen Regionen behandelt. Doch die Mediziner hätten sich „freigekauf­t“, nur 16 bis 17 Zahnmedizi­ner würden den Dienst an der Florastraß­e in den späten Nacht- und frühen Morgenstun­den bestreiten, sagt Reißmann.

Der Umzug der Notfallpra­xis an die Kronenstra­ße sei „mit der heißen Nadel gestrickt“, findet die Sprecherin der Kinder- und Jugendärzt­e. Bei einer Besichtigu­ng am Montagaben­d habe alles noch nach Rohbau ausgesehen. Der Umzug solle am 30. Juni stattfinde­n. Die Mediziner haben daher Zweifel, ob vor Ort wirklich alles bis zum 1. Juli betriebsbe­reit sein wird.

BLAULICHT & GERICHT

 ?? RP-FOTO: ANNE ORTHEN ?? Die Portalprax­is soll zum 1. Juli in Räumen der Zentralen Notaufnahm­e am EVK untergebra­cht werden, die Beschilder­ung wurde noch nicht geändert.
RP-FOTO: ANNE ORTHEN Die Portalprax­is soll zum 1. Juli in Räumen der Zentralen Notaufnahm­e am EVK untergebra­cht werden, die Beschilder­ung wurde noch nicht geändert.

Newspapers in German

Newspapers from Germany