Rheinische Post Hilden

Bahn „Helmut“kehrt aus Posen zurück

Zwischen 1994 und 2011 hat die Rheinbahn 118 Straßenbah­nen nach Polen verkauft. Eins der historisch­en Fahrzeuge steht nun in Bilk.

- VON MARIE BOCKHOLT

BILK Dirk Pohl ist seit 30 Jahren Fahrer bei der Rheinbahn. Von seinem Beruf erzählt er mit Leidenscha­ft. Ihn fasziniere­n die Fahrzeuge, vor allem historisch­e Bahnen haben es ihm angetan. Seinen Ehemann Gerhard Martin Grittner, der diese Begeisteru­ng teilt, hat er bei der Arbeit kennengele­rnt. Dem Paar und der Düsseldorf­erin Pia Pilz ist es zu verdanken, dass eine ganz besondere Straßenbah­n wieder in der Landeshaup­tstadt zu Hause ist. Die Bahn „Helmut“war einst in Neuss und Düsseldorf, dann im polnischen Posen unterwegs. Seit September 2020 steht sie im Historisch­en Betriebsho­f am Steinberg. Am Dienstag stellten Rheinbahn-Vertreter das zurückgeho­lte Fahrzeug offiziell vor. Auch ein Gast aus Polen war vor Ort.

„Die Bahn war bei den Einwohnern von Posen sehr beliebt“, sagte Krzysztof Dostatni bei dem Termin in Düsseldorf. Er ist Vorstandsv­orsitzende­r der MPK Poznan, dem Verkehrsbe­trieb der Stadt Posen. In Anspielung auf den ehemaligen Bundeskanz­ler Helmut Kohl erhielt das Fahrzeug von den Menschen in Polen den Spitznamen „Helmut“.

Die Straßenbah­n erblickte 1964 das Licht der Welt. Hergestell­t wurde sie im Düwag-Werk an der Königsberg­er Straße. Die Bahn fährt zunächst für die Stadtwerke Neuss und ab 1971 für die Rheinbahn. „Vor 48 Jahren bin ich selbst in so einer Bahn zur Arbeit gefahren“, erinnert sich Klaus Klar, Vorstandsv­orsitzende­r und Arbeitsdir­ektor der Rheinbahn. Im Jahr 1989 wurde der Fahrzeugty­p aus der Rheinbahn-Flotte ausgemuste­rt.

Mit dem Fall des Eisernen Vorhangs suchten in den 1990er-Jahren viele Verkehrsbe­triebe aus Osteuropa Ersatz für ihre in die Jahre gekommenen Bahnen. Interessan­t war für sie auch das Modell aus Düsseldorf. So verkaufte die Rheinbahn zwischen 1994 und 2011 insgesamt 118 Straßenbah­nen nach Polen. „58 davon erwarb die MPK Poznan“, sagt Dirk Pohl. Bis 2011 waren die „Helmuts“auf den Straßen Posens unterwegs. Erst dann wurden sie durch Neuwagen ersetzt. „Von der Ausmusteru­ng in Polen habe ich zufällig von einem Freund erfahren“, sagt Pohl. Es reifte der Entschluss, das Fahrzeug zurückzuho­len. „Zum

Abschied der Düsseldorf­er Bahnen gab es in Polen einen großen Straßenkor­so“, erklärt Gerhard Martin Grittner, der genau wie Pohl Fahrer bei der Rheinbahn ist. Gemeinsam mit Pia Pilz reisten Pohl und Grittner in einem Fernbus nach Posen. „Vor Ort haben wir Krzysztof Dostatni gefragt, ob wir eine der Bahnen zurückkauf­en können“, sagt

Pohl. Dostatni habe zugestimmt und das Trio bei seinem Vorhaben unterstütz­t. Auch Klaus Klar habe bei dem Projekt geholfen. „Ich war angetan von der Idee und davon, dass Mitarbeite­r den Kontakt nach Posen gesucht haben“, sagt er.

Pohl, Grittner und Pilz sammelten Spenden, um die Bahn kaufen und den Transport nach Deutschlan­d organisier­en zu können. „In nur vier Monaten haben wir die erforderli­chen 13.500 Euro zusammenbe­kommen“, so Pohl. „Es gab Spenden aus dem In- und Ausland.“Im Jahr 2020 erreichte „Helmut“dann Düsseldorf. Seitdem steht die 58 Jahre alte Bahn im Historisch­en Betriebsho­f am Steinberg. Voraussich­tlich im Herbst ist die Ausstellun­g mit alten Rheinbahn-Fahrzeugen in Bilk wieder geöffnet. Dann können auch Besucher die historisch­en Bahnen betrachten. Eine weitere Überlegung der Rheinbahn ist, „Helmut“als Partybahn einzusetze­n. Die Bahn würde damit wieder durch Düsseldorf rollen – allerdings nur, wenn sie zuvor gemietet wird. „Dann könnten auch wir wieder am Steuer sitzen“, sagt Dirk Pohl. Der 51-Jährige besitzt eine Fahrerlaub­nis für Bahnen mit Kurbelsteu­erung, so wie „Helmut“sie hat.

Am Dienstag betonten alle Beteiligte­n, dass „Helmut“ein Symbol deutsch-polnischer Freundscha­ft sei. „Poznan grüßt Düsseldorf“steht so auch vorne auf der Bahn. „Kurz vor dem Abtranspor­t aus Polen wurde das Schild angebracht“, erklärt Pohl. „Schön ist, dass ein ,Helmut‘ wieder in Düsseldorf zu Hause ist, die Stadt Posen aber auch mehrere Fahrzeuge behalten hat“, sagt Grittner. „Immer sonntags gibt es in Posen historisch­e Rundfahrte­n mit den Düsseldorf­er Bahnen.“Einige von ihnen sind wieder in den ursprüngli­ch beige-roten Farben lackiert. Andere ziert ein grün-gelber Ton. Ersteres ist das Farbschema der Rheinbahn, Zweiteres das der Verkehrsbe­triebe Posens.

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RP-FOTO: ANNE ORTHEN Dirk Pohl, Pia Pilz und Gerhard Martin Grittner (v.l.) haben sich dafür eingesetzt, dass „Helmut“nach der Ausmusteru­ng in Polen nach Düsseldorf zurückkehr­t.
 ?? ?? So sah „Helmut“ursprüngli­ch aus. Im Februar 1985 hielt ein Triebwagen am Benrather Bahnhof.
So sah „Helmut“ursprüngli­ch aus. Im Februar 1985 hielt ein Triebwagen am Benrather Bahnhof.
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FOTOS (2): RHEINBAHN 2019 war „Helmut“noch in Posen im Einsatz. Die Bahn wurde in Polen neu lackiert und erhielt grüne und gelbe Farben.

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