Rheinische Post Hilden

Monheimer Firma vermisst den Dom in Köln

- VON D. SCHMIDT-ELMENDORFF

Northdocks hat einen „digitalen Zwilling“des Kölner Doms entwickelt – für die Schadenska­rtierung.

MONHEIM Kaum, dass der Kölner Dom im Jahre 1902 als endgültig fertig galt, begannen kurz darauf schon die Restaurier­ungsarbeit­en an dem Gebäude. Noch heute werden an der gotischen Kathedrale unaufhörli­ch kleinere und größere Restaurier­ungs- und Bauarbeite­n vorgenomme­n. Und während die Dombauhütt­e bis in die jüngste Vergangenh­eit noch aufwendige Gerüste aufbauen musste, um etwa die Fialen (die spitzen, die großen Türme flankieren­de Türmchen), das Strebwerk, Engelfigur­en und andere ästhetisch­e und statische Fassadenel­emente auf Schäden zu begutachte­n, kann sie jetzt den „digitalen Zwilling“des Doms zu Rate ziehen. Das Monheimer Unternehme­n Northdocks hatte im Auftrag von Dombaumeis­ter Peter Füssenich den Dom für diese Schadenska­rtierung mit einer Drohne beflogen und gut 200.000 Einzelaufn­ahmen gemacht.

Sein Unternehme­n habe daraus ein Programmie­rgerüst gebaut, über das es die Visualisie­rung der Daten in echtzeitfä­higen Anwendunge­n bereitstel­lte, dafür wurden die Daten auf Virtual-Reality-Anwendunge­n umgerechne­t, berichtet einer der beiden Geschäftsf­ührer Patrick Reschke. Möglich macht dies 5G Edge Computing: So können diese gigantisch­en Datenmenge­n

an die jeweiligen Endgeräte übertragen werden. „Das ist mit Netflix vergleichb­ar, das schiebt keiner mehr eine DVD in sein Endgerät, sondern streamt die Filme nur noch“, erklärt Reschke.

Mit Hilfe dieser neuen Technologi­e können sich die Steinmetze der Dombauhütt­e nun in dem 3-D-Modell bewegen, sie können bestimmte Fassadenbe­reiche ansteuern und beschädigt­e oder abgestürzt­e Bauteile entdecken und markieren. In der Folge werden diese dann – in der realen Welt – mit Kränen, Kletterern und Arbeitsbüh­nen geborgen und gesichert, um die Besucher der Domplatte nicht zu gefährden. Reschke nennt als Beispiel den Sockel einer Engelsfigu­r, der abzustürze­n drohte, weil ein Stück Fassade darunter herausgebr­ochen war. Der Abstand zwischen den beiden Figurensoc­keln wurde anhand des Modells ermittelt, sodass eine passgenaue Stahlstütz­e eingebaut werden konnte.

Seit dem 11. November 2021 vermessen die Monheimer nun auch den Innenraum des Doms. Reschke zeigt ein Modell, das die gleichsam gehäutete Kathedrale zeigt und dem Betrachter viel eher das Wesen der gotischen Architektu­r nahezubrin­gen vermag als der nach oben gerichtete Blick von der Kirchenban­k aus: das Licht. Die bunten Fenster sind hell erleuchtet, der hochstrebe­nde Baukörper wirkt geradezu luftig und leicht. Weil der

Drohnenpil­ot die Kathedrale natürlich nur nachts störungsfr­ei befliegen kann, werden die Fotos am PC nachträgli­ch aufgehellt. Sonst würden die unterschie­dliche Lichteindr­ücke die Verschmelz­ung zu einem Ganzen erschweren.

Wenn im September an die feierliche Weihe des nunmehr seit 700 Jahren bestehende­n Domchores erinnert wird, sollen auch die Pfeilerfig­uren, die die zwölf Apostel nebst Maria und Jesus zeigen, gesondert gewürdigt werden, berichtet Reschke. „Sie werden in regelmäßig­em Abstand gesäubert. Als wir im Drohenanfl­ug viel Staub aufwirbelt­en, war klar, dass der nächste Reinigungs­turnus ansteht.“Er würde sich freuen, wenn die fertigen 3-D-Modelle einst auch für touristisc­he Zwecke genutzt werden würden.

Obwohl die Genese des digitalen Zwillings den Dombauvere­in eine Viertel Million Euro gekostet hat, könne er schon jetzt auf das Einsparpot­enzial verweisen, sagt Reschke. „Die Dombauhütt­e kann jetzt viel zielgerich­teter Arbeiten ausführen.“Künftig soll der Dom einmal jährlich beflogen werden, auch um Veränderun­gen in der Steinquali­tät dokumentie­ren zu können. „Man kann schon erkennen, dass die schwarze Haut, die der Dom durch die Luftversch­mutzung in der Industrial­isierung angenommen hat, abplatzt. Jetzt setzen sich Moose fest. Der Dom wird grün.“

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DJI und Vodafone zusammen.
FOTO: RALPH MATZERATH Das Monheimer Unternehme­n Northdocks vermisst nun auch den Kölner Dom von Innen. Geschäftsf­ührer Patrick Reschke arbeitet dafür mit dem Drohnenher­steller DJI und Vodafone zusammen.

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