„Es fühlt sich saugut an“
Ein Gespräch über den Abschied von „Hart aber fair“, was die Corona-Sendungen damit zu tun haben und über seine Zukunft.
INTERVIEW FRANK PLASBERG
Herr Plasberg, Sie haben 22 Jahre lang „Hart aber fair“moderiert und sind eines der bekanntesten Gesichter im deutschen Fernsehen. Haben Sie alles erreicht?
PLASBERG Natürlich nicht. Im Übrigen: Würde ich einen IQ-Test machen, läge das Ergebnis im mittleren Bereich. Meine Frau ist schlauer, ein Mathegenie, beim Backgammon verliere ich in Serie. Was ich aber für mich in Anspruch nehmen kann, ist eine soziale Intelligenz. Ich kann mir nicht vorwerfen, zu wenige Chancen verwertet zu haben. Aus meinen Möglichkeiten habe ich 140 Prozent gemacht. Das finde ich schön.
Was haben Sie denn nicht erreicht? PLASBERG Ich hätte berufliche Entscheidungen viel häufiger aus Lust treffen sollen. Ich habe den Druck immer so groß werden lassen, bis ich handeln musste. Deswegen war es mir so wichtig, es jetzt anders zu machen.
Mit dem Abschied von „Hart aber fair“? PLASBERG Ich wollte mir gut überlegen, wann ich aufhöre. „Hart aber fair“ist zwar mit meinem Gesicht verbunden, heißt aber nicht „Plasberg am Montag“. Ich wollte zeigen, dass das Format auch ohne mich funktioniert.
Was hatten Sie sich überlegt? PLASBERG Ich wollte rechtzeitig und aus Lust aufhören. Ich wollte selbstbestimmt gehen, wenn die Leute noch traurig sind, und nicht, wenn sie denken: Wird auch Zeit.
Sie hören tatsächlich mit Lust auf? PLASBERG Ja! Ich habe Lust auf dieses Abenteuer. Wenn ich einfach mal sagen kann: Das Postfach ist leer, der Terminkalender auch, und der Himmel über Düsseldorf ist schön.
Aber Sie werden ja auch nicht nur auf dem Sofa sitzen.
PLASBERG Ganz im Ernst, ich würde gerne in Köln Straßenbahn fahren, aber die nehmen mich nicht, dafür bin ich zu alt. Ich habe mich gefragt, was eine Aufgabe, eine Herausforderung sein kann. Die Antwort: das Nichts. Mal schauen, was aus Langeweile oder besser aus Muße entsteht. Es ist wie bei einem Kind, dem man mal die Playstation wegnimmt. Dann fängt es wieder an, mit Lego zu bauen oder spielt Verstecken.
Sie verschwinden aus dem Rampenlicht.
PLASBERG Man kann nicht länger als 40 Jahre wichtig sein. Oder sich wichtig fühlen. Mal gucken, was passiert. Absturzgefahr inklusive. Guck ich mir gerne an. Was ich aber mitnehme aus meinem Beruf, ist die Neugierde.
Wie darf man sich das vorstellen? PLASBERG Sie kennen das doch sicher: Wenn Sie Zeitung lesen oder durch die Stadt fahren, sehen Sie etwas, was Sie interessiert. Aber Sie haben keine Zeit, nachzugucken, was das eigentlich ist. Ich habe einen Freund, der ist in einer ähnlichen Situation, der ist zwei Jahre jünger, der war auch bei einem Sender. Der sagt, er empfindet es als großes Glück, dieser Neugierde unmittelbar nachgehen zu können.
Zum Beispiel?
PLASBERG Wir haben ein gemeinsames Projekt. Man hört ja immer, dass dieser komische Höcke beim Kyffhäusertreffen ist. Wissen Sie, was Kyffhäuser so genau ist?
Nein.
PLASBERG Es ist ein Mythos, aber irgendwie auch ein Ort in Thüringen.
Wie oft haben wir dieses Wort benutzt, ohne zu wissen, worum es da genau geht? Also fahren wir mal hin, schauen uns das mal an. Nicht wegen der AfD, das wäre berufliches Interesse. Wir fahren da hin, um einfach zu sehen, was da am Kyffhäuser los ist. Vermutlich werden wir auch gut essen und ein gutes Glas Wein trinken. Da freue ich mich drauf.
Da würde sich doch anbieten, Dokumentationen zu drehen. Da könnten Sie Ihrer Neugierde nachgehen.
PLASBERG Stimmt, aber ich habe jetzt genug von Drehterminen und von der Kamera. Dazu hole ich einen Halbsatz weiter aus.
Nur zu.
PLASBERG Wer sich freiwillig in ein Fernsehstudio oder auf eine Bühne begibt, der geht in einen öffentlichen Bewertungsraum, weil er das will. Weil er gesehen werden will. Deswegen darf man sich darüber auch nicht beklagen. Aber irgendwann ist mal gut mit dem bewertet werden. Dann möchte man auch nichts mehr lesen über sich. Und dieses Maß ist voll. Bei mir kam dann noch etwas anderes hinzu.
Nämlich?
PLASBERG Wenn man 34 Sendungen pro Jahr zu unterschiedlichen Themen produziert, dann arbeitet man sich in diese Themen ein. Das