Frischer Wind bei Thiel und Boerne
In der 42. Folge liefert das Team aus Münster einen erstaunlich guten „Tatort“ab.
Janis Rebecca Rattenni (39). Dieser Satz hat glänzende Chancen auf eine Auszeichnung als Binsenweisheit des Jahrzehnts, aber seine Absenderin hat diese Herausforderung angenommen und bewältigt.
Es geht um einen mächtigen Mafioso und dessen abgewrackte Anwälte. Und in einem zweiten Handlungsstrang um Boernes Anwalt und Jugendfreund Friedhelm Fabian (wie immer gern gesehen: Jan Georg Schütte) sowie dessen elegante Frau Veronika (Proschat Madani). Keine wichtige Figur driftet schlimmer ins Klischee ab als gesollt, selbst der zwischenzeitlich zum CartoonCharakter abgestiegene Boerne zeigt sich ungewohnt menschlich. Der Fall wird so intensiv, dass die Sätze fallen: „Jeder hat irgendwo ‘ne Kneifzange in der Schublade, und notfalls tut’s auch ein Zahnstocher. Beim Foltern geht’s nicht um Mittel und Wege – beim Foltern zählt einzig und allein der Wille!“Das ist witzig, gruselig, und wahr noch dazu.
Weshalb und für wen Fernsehkritiker in ihren Texten die Menschen hinter der Kamera aufzählen, wissen sie meist selbst nicht so genau, aber in diesem Fall ist es relevant: Den relativ jungen Machern gebührt Dank, sie lüften beherzt durch in Münster. Der Autor Benjamin Hessler hat noch nicht mal einen Wikipedia-Eintrag,
aber an der mehrfach preisgekrönten Clan-Drama-Serie „4 Blocks“mitgeschrieben. Kameramann Victor Voß und Cutter Steffen Pohl finden zeitgemäße Bilder; auch wenn sie es mit dem Splitscreen-Effekt arg übertreiben. Kein Wunder bei alledem, dass auch die Hauptdarsteller Liefers, Prahl und Urspruch die nicht selten mal vermisste Spielfreude ausstrahlen.
Falls ab jetzt mehr Münster-„Tatorte“dieser Art kommen, winkt ein neuer Westfälischer Frieden zwischen der Reihe und ihren Kritikern.
„Tatort – Ein Freund, ein guter Freund“, Das Erste, Sonntag, 20.15 Uhr