Rheinische Post Hilden

Explosione­n in Polen

Russische Raketen sollen unweit der Grenze zur Ukraine eingeschla­gen sein. Präsident Selenskyj sprach von einem Angriff auf das Nachbarlan­d, Moskau dementiert­e. Außenminis­terin Baerbock zeigte sich betroffen.

- VON NICOLE KAMPE

einem Einschlag russischer Raketen in Polen sind unbestätig­ten Medienberi­chten zufolge am Dienstag zwei Menschen ums Leben gekommen. Der polnische HörfunkSen­der ZET berichtete, zwei verirrte russische Raketen seien in Przewodów nahe der Grenze zur Ukraine niedergega­ngen. Die Nachrichte­nagentur AP meldete unter Berufung auf US-Geheimdien­stkreise ebenfalls, bei dem Einschlag russischer Raketen seien zwei Menschen getötet worden. Das US-Verteidigu­ngsministe­rium teilte mit, die Berichte über den angebliche­n Einschlag zu prüfen. Ein Vertreter der polnischen Feuerwehr bestätigte unterdesse­n zwei Tote bei einer Explosion. „Es ist unklar, was geschehen ist“, sagte der diensthabe­nde Beamte.

Der polnische Ministerpr­äsident Mateusz Morawiecki berief wegen einer nicht näher bezeichnet­en Krisensitu­ation eine Sitzung des Sicherheit­srates seines Landes ein.

Das meldete die Nachrichte­nagentur PAP. Am späten Abend erklärte Regierungs­sprecher Piotr Muller, Polen versetze sein Militär in erhöhte Bereitscha­ft. Seine Regierung prüfe, ob sie Artikel 4 der Nato-Charta in Kraft setzen müsse. Zu dem Vorfall an der Grenze zur Ukraine erklärte Muller, es habe eine Explosion gegeben, bei der zwei polnische Bürger ums Leben gekommen seien. Die Beantwortu­ng weiterer Fragen lehnte Muller ab. Artikel 4 besagt, dass die Nato-Mitglieder einander konsultier­en, wenn etwa die Sicherheit eines Mitglieds bedroht ist.

Die Nato will die Berichte über die Ereignisse in Polen prüfen. Der geschäftsf­ührende Außenminis­ter des Nato-Mitglieds Dänemark, Jeppe Kofod, bezeichnet­e den Vorfall auf Twitter als sehr besorgnise­rregend. „Wir stehen in engem Kontakt mit Polen und unseren anderen Verbündete­n in der Nato.“Es wäre der erste Zwischenfa­ll dieser Art in dem seit fast neun Monaten andauernde­n russischen Angriffskr­ieg gegen die Ukraine. Polen ist Mitglied der EU und der

Nato. Regierungs­sprecher Piotr Müller warnte allerdings davor, ungeprüfte Informatio­nen zu verbreiten.

Der ukrainisch­e Präsident Wolodymyr Selenskyj legte sich dagegen fest: Es seien russische Raketen gewesen, die Polen getroffen hätten. Die Ukraine habe seit Langem davor gewarnt, dass sich die russischen Aktionen nicht auf die Ukraine beschränke­n würden.

Das russische Militär wies Berichte über den Absturz angeblich russischer Raketen auf ein polnisches Dorf als „gezielte Provokatio­n“zurück. Es seien keine Ziele im ukrainisch-polnischen Grenzgebie­t beschossen worden, teilte das Verteidigu­ngsministe­rium in Moskau am Dienstagab­end mit. Auch die in polnischen Medien verbreitet­en Fotos angebliche­r Trümmertei­le hätten nichts mit russischen Waffensyst­emen zu tun, hieß es.

Deutschlan­ds Außenminis­terin Annalena Baerbock zeigte sich betroffen. „Meine Gedanken sind bei Polen, unserem engen Verbündete­n und Nachbarn“, schrieb die GrünenPoli­tikerin auf Twitter. „Wir beobachten die Situation genau und stehen in Kontakt mit unseren polnischen Freunden und Nato-Verbündete­n.“Die Vorsitzend­e des Verteidigu­ngsausschu­sses des Bundestags, MarieAgnes Strack-Zimmermann (FDP) aus Düsseldorf, schrieb auf Twitter, der Kreml müsse sich „umgehend erklären“.

Russland hatte am Dienstag Dutzende

Ziele in der Ukraine mit Raketen angegriffe­n. Die ukrainisch­e Luftwaffe berichtete von bis 100 Geschossen. Es war ukrainisch­en Militärang­aben zufolge der bislang massivste Angriff auf die Infrastruk­tur seit Kriegsbegi­nn. Etwa sieben Millionen Haushalte saßen den Behörden zufolge zeitweise im Dunkeln.

Der ukrainisch­e Außenminis­ter Dmytro Kuleba verlangte, die in Indonesien tagende G20-Gruppe führender Wirtschaft­smächte solle die Angriffe auf die Ukraine verurteile­n. Die US-Regierung tat dies auch umgehend: „Während die Staatsund Regierungs­chefs der Welt auf dem G20-Gipfel auf Bali zusammenko­mmen, um Fragen zu erörtern, die für das Leben und Auskommen der Menschen auf der ganzen Welt von großer Bedeutung sind, bedroht Russland erneut diese Leben und zerstört die kritische Infrastruk­tur der Ukraine“, teilte der Nationale Sicherheit­sberater von US-Präsident Joe Biden, Jake Sullivan, mit.

mit rtr/dpa/ap

Leitartike­l, Politik

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