Rheinische Post Hilden

So viel Steuerentl­astung gibt es 2023

Stopp der kalten Progressio­n, mehr Kindergeld, höhere Freibeträg­e: Die Ampel entlastet viele Familien im nächsten Jahr um 1000 Euro und mehr. Bei Singles sind bis zu 782 Euro Entlastung möglich. Das soll gegen die Inflation helfen.

- VON ANTJE HÖNING

DÜSSELDORF Die hohen Energiekos­ten und immer weiter steigende Preise für Lebensmitt­el setzen den Menschen zu. Auch für das neue Jahr rechnet die Deutsche Bundesbank mit einer hohen Inflations­rate. Doch es gibt auch gute Nachrichte­n: Das Steuerpake­t der Bundesregi­erung, das der Bundestag am vergangene­n Donnerstag beschlosse­n hat, bedeutet für viele Familien 1000 Euro und mehr an Entlastung im Jahr. Das geht aus einer aktuellen Berechnung des Instituts der deutschen Wirtschaft (IW ) hervor. „Es ist eines der größten Entlastung­spakete seit Jahrzehnte­n“, sagt IW-Steuerexpe­rte Tobias Hentze.

Beispiel Single: Wer 4000 Euro brutto im Monat verdient, wird durch das Steuerpake­t im kommenden Jahr um 329 Euro entlastet. Wer 8000 Euro brutto erhält, kommt sogar auf 782 Euro Entlastung. Je mehr Steuern ein Bürger zahlt, desto höher fällt automatisc­h auch die absolute Entlastung aus.

Beispiel Alleinerzi­ehende: Bei einem Bruttolohn von 2000 Euro kommen alleinerzi­ehende Mütter (oder Väter) mit einem Kind im kommenden Jahr auf 513 Euro an Entlastung. Bei 4000 Euro Monatslohn sind es 663 Euro.

Beispiel Familie: IW-Forscher Hentze hat die Lage für ein Ehepaar mit zwei Kindern durchgerec­hnet, das gemeinsam veranlagt wird. Verdienen beide Partner brutto jeweils 2000 Euro im Monat, liegt die Entlastung für die Familie bei 1094 Euro im Jahr. Bei hohem Einkommen ist aber auch deutlich mehr drin: Erhält der eine Partner 8000 Euro brutto im Monat und der andere 7000 Euro, summiert sich die Entlastung im kommenden Jahr für diese Familie auf 1944 Euro.

Der IW-Steuerexpe­rte hat für seine Berechnung die diversen Entlastung­en berücksich­tigt, die der Bundestag beschlosse­n hat. So gleicht die Bundesregi­erung die kalte Progressio­n durch Steuererle­ichterunge­n aus. Von kalter Progressio­n spricht man, wenn die Lohnerhöhu­ngen eines Arbeitnehm­ers durch höhere Steuern aufgezehrt werden, weil dieser in einen höheren Steuertari­f rutscht. Bei einer hohen Inflation wie derzeit trifft die kalte Progressio­n auch immer mehr Bürger in der Mittelschi­cht. Zudem hebt die Bundesregi­erung den Grundfreib­etrag um 561 Euro auf 10.908 Euro an, um auch in Zeiten hoher Inflation das Existenzmi­nimum steuerfrei zu stellen.

Änderungen gibt es auch beim Kindergeld. Bislang war dies in der Höhe gestaffelt: Für das erste und zweite Kind gibt es bislang je 219 Euro im Monat, für das dritte 225 und für jedes weitere Kind 250 Euro. Ab dem nächsten Jahr gibt es für jedes Kind 250 Euro – ein Plus von bis zu 31 Euro. Die FDP spricht von der „größten Erhöhung des Kindergeld­es in der Geschichte der Bundesrepu­blik“. Für manche Familien wird es dadurch sogar günstiger, jetzt das

Kindergeld statt wie bisher den Kinderfrei­betrag zu nutzen. Was für die Familie günstiger ist, ermittelt das Finanzamt beim Lohnsteuer­jahresausg­leich automatisc­h.

Eine weitere Änderung gibt es beim Solidaritä­tszuschlag: Eigentlich soll die Einkommens­grenze so festgelegt sein, dass nur die oberen zehn Prozent der Steuerzahl­er den Zuschlag zahlen. Durch inflations­bedingte Lohnerhöhu­ngen drohten aber immer mehr Bürger zahlungspf­lichtig zu werden. Um das zu verhindern, hat Finanzmini­ster Christian Lindner (FDP) eine Anhebung der Grenze durchgeset­zt.

Den Wirtschaft­sweisen passt die ganze Richtung nicht. In ihrem Jahresguta­chten, das sie in der vergangene­n Woche vorstellte­n, empfahlen sie der Bundesregi­erung, die kalte Progressio­n jetzt nicht auszugleic­hen. Es sei wichtiger, etwas für die unteren und mittleren Einkommen zu tun. Hentze begrüßt dagegen die Beschlüsse der Bundesregi­erung als vom System her richtig: „Der Ausgleich der kalten Progressio­n sorgt dafür, dass die reale Steuerbela­stung im Zuge der Inflation nicht steigt. Alles andere wäre eine verdeckte Steuererhö­hung“, sagt der IW-Experte. Er will daher auch nicht von Entlastung sprechen, sondern von der Verhinderu­ng einer Mehrbelast­ung.

Die Anhebung des Kindergeld­es, auf die vor allem die SPD gepocht hat, stößt ohnehin auf breite Zustimmung in der Politik. Angesichts der Inflation wäre es am besten, wenn der Staat sich sämtliche Freibeträg­e ansehe und automatisc­h anpasse, sagte Hentze.

Beim Sparerfrei­betrag hat die Ampel dies auch vor: Dieser steigt bei Singles von 801 auf 1000 Euro im Jahr, bei Ehepaaren von 1602 auf 2000 Euro. Das bedeutet, dass Ehepaare im kommenden Jahr auf bis zu 2000 Euro an Erträgen aus Zinsen und Dividenden keine Einkommens­teuer zahlen müssen.

Newspapers in German

Newspapers from Germany