Rheinische Post Hilden

Rote Karte für Gewalt gegen Frauen

Der Deutsche Gewerkscha­ftsbund macht mit einer symbolisch­en Roten Karte auf Gewalt und Sexismus jeglicher Art am Arbeitspla­tz aufmerksam. Bundestags­abgeordnet­e sollen sich für strengere Regeln und Gesetze engagieren.

- VON JULIA NEMESHEIME­R

DÜSSELDORF Mehr als 50 Prozent der Beschäftig­ten haben in Deutschlan­d an ihrem Arbeitspla­tz schon Gewalt, Belästigun­gen oder Beleidigun­gen erfahren, heißt es in einer Statistik der Antidiskri­minierungs­stelle von 2015. Jeder vierte Beschäftig­te im öffentlich­en Dienst sieht sich ebenfalls Gewalt ausgesetzt, wie die Ergebnisse einer 2022 veröffentl­ichen Studie des Bundesinne­nministeri­ums zeigen.

Häufig, aber nicht ausschließ­lich, sind Frauen Opfer dieser Gewalt, die ganz unterschie­dliche Formen annehmen kann. Bereits 2019 wurde deshalb von der Internatio­nal Labour Organisati­on (ILO) die Konvention 190 verabschie­det: Sie bietet die erste internatio­nale Definition von Gewalt und Belästigun­g in der Arbeitswel­t. Rund 20 Länder haben das Abkommen bereits ratifizier­t, darunter Spanien, Italien und Griechenla­nd. Mit diesem Schritt kann diese Konvention auch in den jeweiligen Ländern umgesetzt werden und „einen klaren Aktionsrah­men gegen Belästigun­g und Gewalt am Arbeitspla­tz schaffen“, erklärt Sigrid Wolf, Vorsitzend­e des DGBStadtve­rbands Düsseldorf.

Der Deutsche Gewerkscha­ftsbund (DGB) hatte die Düsseldorf­er Bundestags­abgeordnet­en Thomas Jarzombek (CDU), Zanda Martens und Andreas Rimkus (SPD) sowie Sara Nanni (Bündnis 90/Die Grünen) eingeladen, um – wie jedes Jahr kurz vor dem Internatio­nalen Tag gegen Gewalt an Frauen am 25. November – das Thema erneut ins Bewusstsei­n zu rufen und dafür zu werben, es in den Bundestag zu tragen.

„Jede dritte Frau hat in ihrem Leben bereits Gewalt oder Belästigun­g erlebt“, erklärt Caroline Heß aus der Abteilung für Frauen-, Gleichstel­lungsund Familienpo­litik des DGB NRW. Daher sei es wichtig, das Thema zu enttabuisi­eren und auf Kommunikat­ion zu setzen. „Jede Ansprache zu diesem Thema löst Diskussion­en aus und erhöht die Sensibilit­ät“, sagt Heß. Mit der Ratifizier­ung könnten die Arbeitgebe­r verpflicht­et werden, für ein gewaltund belästigun­gsfreies Arbeitsumf­eld zu sorgen und die Rechte von Beschäftig­ten im Betriebsve­rfassungsu­nd Bundespers­onalvertre­tungsgeset­ztes gestärkt werden. Außerdem sollte das Allgemeine Gleichbeha­ndlungsges­etz (AGG) um die Definition von Gewalt und sexueller Belästigun­g ergänzt werden, fordert der DGB und macht damit klare Vorschläge, wie die Konvention umgesetzt werden könnte.

Dass die ILO-Konvention 190 ratifizier­t werden soll, steht schon im Koalitions­vertrag der Ampel-Regierung; nur passiert ist bislang nichts. „Schon im Dezember könnte das Thema ins Kabinett getragen werden“, erklärt Zanda Martens. Allerdings sei dann die Arbeit noch nicht zu Ende – vielmehr müsse man dann wirksame Rechte schaffen, die eine entspreche­nde Handhabe ermögliche­n.

Thomas Jarzombek versichert bei diesem Thema die Unterstütz­ung von CDU/CSU und unterstrei­cht die Herausford­erung, nicht nur in großen, sondern auch in kleinen Betrieben eine entspreche­nde Umsetzung zu schaffen. Sara Nanni erklärt, dass die Ratifizier­ung der Konvention auch für die internatio­nale Wahrnehmun­g Deutschlan­ds wichtig sei und begrüßt die Ankündigun­g Zanda Martens sowie die Arbeit des DGB, der immer wieder an das Thema erinnert. „In unserer Fraktion hat schon die Einladung des DGB dazu geführt, dass wir das Thema wieder auf dem Schirm hatten“, sagt Nanni.

Dabei ist es Andreas Rimkus wichtig

zu erwähnen, dass gegen Gewalt und Belästigun­g auch gemeinsam vorgegange­n werden kann – nicht nur individuel­l. Gemeinsam könne man Missverhäl­tnisse besser und effektiver angehen. Dennoch sei es wichtig, auch eine gesetzlich­e Grundlage zu schaffen.

„Allerdings darf es keine Ausrede sein, zu sagen, man müsse sich nicht um eine Verbesseru­ng des Arbeitskli­mas bemühen, weil es keine Ratifizier­ung der Konvention gibt“, sagt Zanda Martens. Vielmehr seien Arbeitgebe­r schon jetzt in der Pflicht, gegen Gewalt, Beleidigun­gen und sexuelle Belästigun­g am Arbeitspla­tz vorzugehen.

 ?? FOTO: ANNE ORTHEN ?? Zeigen Gewalt und Sexismus die Rote Karte: Sigrid Wolf (von links, DGB), Sara Nanni (Grüne), Andreas Rimkus (SPD), Thomas Jarzombek (CDU), Zanda Martens (SPD), Caroline Heß (DGB).
FOTO: ANNE ORTHEN Zeigen Gewalt und Sexismus die Rote Karte: Sigrid Wolf (von links, DGB), Sara Nanni (Grüne), Andreas Rimkus (SPD), Thomas Jarzombek (CDU), Zanda Martens (SPD), Caroline Heß (DGB).

Newspapers in German

Newspapers from Germany