Rheinische Post Hilden

Ökonomen sehen Risiken im Etat

Zudem fordern sie Entlastung für die Kommunen und eine Abweichung von der Schuldenbr­emse.

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DÜSSELDORF (maxi) Der Wirtschaft­sweise Achim Truger hat die Landesregi­erung dazu aufgerufen, die Altschulde­nproblemat­ik der Kommunen möglichst schnell anzugehen. „Auf den Bund zu warten, hat keinen Zweck“, sagte der Ökonom bei einer Expertenan­hörung zum Landeshaus­halt 2023. Zwar wäre es möglich und sinnvoll, wenn der Bund sich an einer Altschulde­nlösung beteiligen würde. Immerhin habe die Bundespoli­tik eine Verantwort­ung für die Verschuldu­ngssituati­on der Kommunen in NordrheinW­estfalen: „Politisch ist das aber unrealisti­sch.“Truger schlug vor, eine Lösung analog zur HessenKass­e zu machen. Er empfahl dem Land zudem, schnell tätig zu werden und die Lösung nicht auf das Jahr 2024 zu verschiebe­n. An jedem Tag werde das Problem aufgrund steigender Zinsen schwierige­r.

Zuvor hatten Vertreter der kommunalen Spitzenver­bände noch einmal auf die angespannt­e Situation durch die Flüchtling­skrise, die Energiekos­ten und absehbar höhere Tarifabsch­lüsse sowie die dringend notwendige klimatisch­e Ertüchtigu­ng der kommunalen Gebäude hingewiese­n.

Bei der Anhörung ging es zudem um den vor zwei Wochen vom Land angekündig­ten, 3,5 Milliarden Euro schweren Rettungssc­hirm. Dieser soll mit Krediten finanziert werden, die eigentlich für den CoronaSchu­tzschirm aufgenomme­n wurden. Truger stieß sich nicht an der Umwidmung, nannte es aber schwierig, dass diese nun die Höhe der Hilfen definierte­n: „Man müsste die krisenbedi­ngten Bedarfe ermitteln, und erst dann klärt man die Finanzieru­ngsfrage. Die Bedarfsana­lyse wegzulasse­n, weil man ein bestimmtes Fondsvolum­en hat, ist keine rationale Herangehen­sweise.“

Der Wirtschaft­sprofessor attestiert­e der Landesregi­erung zudem, den Haushalt zu optimistis­ch aufgestell­t zu haben. „Ich sehe erhebliche Risiken im Landeshaus­halt“, warnte der Ökonom. So dürfte das Inflations­ausgleichs­gesetz deutlich teurer als geplant werden. Truger warnte, dass die allgemeine Rücklage spätestens 2024 aufgebrauc­ht sein werde. „Und dann steht man vor Kürzungspo­litik.“

Tobias Hentze, Experte für öffentlich­e Finanzen am arbeitgebe­rnahen Institut der deutschen Wirtschaft, erklärte, das sei erst der Anfang von sehr herausford­ernden Jahren: „Es ist ja nicht mit dem Haushalt für 2023 getan. Voraussich­tlich werden uns diese Krisen begleiten über das kommende Jahr hinaus.“Zugleich stehe man am Beginn einer Zinswende – die Zinsen würden nun exorbitant steigen. „Dennoch muss man damit als Haushaltsp­olitiker umgehen.“Statt die ohnehin im Länderverg­leich hohe Steuerlast für die Firmen weiter zu erhöhen, müsse die Politik schauen, wie sie Impulse setzen könne, damit in NRW wieder mehr investiert werde. Hentze empfahl der Landesregi­erung, mit dem Bund in Gespräche darüber einzusteig­en, die sehr strikt ausgearbei­tete Schuldenbr­emse zu öffnen. „Die Schuldenst­andsquote ist kontinuier­lich gesunken. Es ist eher so, dass es dadurch Spielräume gibt, Finanzieru­ngsquellen zu nutzen.“

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FOTO: KERN/IMAGO Achim Truger warnt das Land vor dem Aufschiebe­n der Altschulde­nproblemat­ik.

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