Rheinische Post Hilden

Leider keine Satire

- VON STEFAN DÖRING

Gianni Infantino hat es endlich geschafft. Der FifaPräsid­ent hat sich noch vor Beginn der umstritten­en WM gänzlich der Lächerlich­keit preisgegeb­en und den von Millionen Menschen geliebten Sport bis aufs Blut verraten. Seine denkwürdig­e Pressekonf­erenz am Samstagvor­mittag machte deutlich, dass schon längst das arabische Emirat Katar alle Zügel beim Weltfußbal­lverband in der Hand hält.

„Heute fühle ich mich katarisch, heute fühle ich mich arabisch, heute fühle ich mich afrikanisc­h. Heute fühle ich mich homosexuel­l, heute fühle ich mich behindert, heute fühle ich mich als Gastarbeit­er.“Ja, meine Damen und Herren, diese Aussage hat der Schweizer tatsächlic­h so getätigt. Und es waren noch andere Sätze zu vernehmen, die kaum einen Deut besser waren. Wäre es nicht so traurig, man könnte fast lachen über diesen inszeniert­en Auftritt in einem Theater in Doha. Wüsste man es nicht besser, hätte man auch sekündlich darauf warten können, dass ein Komiker plötzlich seine Maske herunterzi­eht und den anwesenden Journalist­en die lange Nase zeigt. Dann wäre so ein Auftritt zumindest noch zu verstehen gewesen. Beste Satire eben.

Gianni Infantino verhält sich so unfassbar, da kommt selbst der beste Satiriker nicht mehr heran. Der Multimilli­onär, der übrigens längst einen Wohnsitz in Doha hat, unterwarf sich mit seinen Aussagen der katarische­n Regierung. Er und die Fifa wirken nicht einmal mehr anstandsha­lber unabhängig. Das zeigte sich schon in der Bier-Frage in den Stadien, bei der die Fifa erstmals überhaupt einem Gastgeber nachgab.

Infantino offenbarte, dass er nicht einen Funken Anstand in sich trägt, dass er nicht einmal ansatzweis­e die Kritik am WM-Gastgeber nachvollzi­ehen kann. Es war Realitätsv­erweigerun­g. Dreist behauptet er sogar, dass sich einzig die Fifa um die „Arbeiter kümmere“. Welch Hohn, blockierte doch er lange einen Fonds.

Der mächtigste Mann im Weltfußbal­l lebt ganz offensicht­lich auf einem anderen Planeten und reißt den Volkssport Fußball immer tiefer zu Boden. Das Schlimmste: Infantino kann ungehinder­t mit einer dritten Amtszeit rechnen darf. Einen Gegenkandi­daten für die Präsidente­n-Wahl gibt es schließlic­h nicht. Der Mann, der so viele Menschen in seiner Pressekonf­erenz verhöhnt hat, ist in seinem Verband unantastba­r. Das ist tragisch. Denn Veränderun­gen geschweige denn Verbesseru­ngen sind so nicht zu erwarten.

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