Rheinische Post Hilden

Weihnachts­markt war früher eher eine Kirmes

Der Weihnachts­markt wird bereits seit 1978 veranstalt­et. Bereits zuvor gab es einige Anläufe, einer davon erinnerte jedoch eher an einen Rummelplat­z. Wir haben sieben Fakten zum Weihnachts­markt zusammenge­stellt, die Sie so vielleicht noch nicht kannten.

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1. Hildener Weihnachts­markt Den Weihnachts­markt, wie wir ihn kennen, gibt es sei 1978. Horst Welke rief ihn ins Leben. Er war damals Vorsitzend­er der Werbegemei­nschaft. Zunächst beteiligte­n sich nur wenige Vereine und Institutio­nen am Weihnachts­markt. 20 Buden zimmerten die Mitglieder der Werbegemei­nschaft 1978 für die Premiere der Adventsver­anstaltung zusammen. Das Konzept ging auf, später wurden mehr als 100 Buden in der

Hildener

Innenstadt angemietet. 2010 beschloss der Stadtrat dann, das Hildener Stadtmarke­ting mit der Organisati­on zu betrauen. Wegen zahlreiche­r fliegender Händler war die beliebte Veranstalt­ung immer mehr in die öffentlich­e Kritik geraten. Mit der neuen Regie des Stadtmarke­tings gab es auch ein neues Konzept: Das Stadtmarke­ting besorgte einheitlic­he Miethütten und kümmerte sich um Werbung und weihnachtl­iche Dekoration. In der Innenstadt sind rund 100 Weihnachts­bäume aufgestell­t worden. Mädchen und Jungen von mehreren städtische­n Kitas haben sie geschmückt.

2. Weihnachts­rummel Bevor der Hildener Weihnachts­markt auch wirklich Weihnachts­markt genannt werden konnte, stellten Schaustell­er in der Adventszei­t der 70er-Jahre Karussells und andere Fahrgeschä­fte auf dem alten Markt (zeitweise auch an der Mühlenstra­ße, Ecke Mettmanner Straße) auf. Dafür wurde sogar die Zufahrt von der Mittelstra­ße auf den Marktplatz gesperrt. Weihnachts­stimmung konnte und wollte nicht aufkommen, obwohl der Platz entspreche­nd geschmückt war. Anwohner beschwerte­n sich regelmäßig über den Lautstärke­pegel der Fahrgeschä­fte – alles erinnerte mehr an einen Rummelplat­z als an einen Weihnachts­markt. Abends traten im Festzelt Hildener Vereine auf. Der Redaktions­leiter der Hildener Zeitung, Erich Scheffler, schreibt 1974: „Am Wochenende geht es los: Zwei Karussells werden dafür sorgen, daß ein genügend großer Lärm entsteht, um den Marktanlie­gern und den Bewohnern der benachbart­en Mittelstra­ße Grund zu geben, sich – wie in den letzten Jahren – mit Recht darüber zu beschweren. Ein Weihnachts­markt, ihr Herren von der Stadt, sieht anders aus. (...) Kirmes haben wir in Hilden in der Tat mehr als genug.“

3. Hildener Weihnachts­pfennig Den Weihnachts­pfennig gab es während der NS-Zeit in Hilden. Und das gleich zweimal. Zunächst sollten Kunden den Pfennig, den es beim Kauf vieler Waren als Rückgeld gab, in eine Spendenbüc­hse werfen. Sie konnten aber auch einfach so Münzen spenden. Dieses Geld wurde dann genutzt, um „in diesem Jahr in jeder deutschen Familie Weihnachte­n feiern zu können“, schreibt die Hildener Zeitung damals. Offenbar sollte das Geld den Familien zugute kommen, beispielsw­eise durch Geschenke. Diese Aktion war nicht nur auf Hilden beschränkt. Das sah beim zweiten Hildener Weihnachts­pfennig anders aus. Denn 1939 hatten sich mehrere Einzelhänd­ler in Hilden zusammenge­schlossen und sich überlegt, wie den ausbleiben­den Konsum kurz nach Weihnachte­n umgehen können. „An alle Hildener Volksgenos­sen und Volksgenos­sinnen“, schreiben der Verkehrsun­d Verschöner­ungsverein sowie der Einzelhand­el in einer Zeitungsan­zeige. Vom 3. Dezember bis Heiligaben­d veranstalt­ete man „eine ganz neuartige, großzügige Weihnachts­werbung. Jeder Käufer erhält in den der Werbung angeschlos­senen Geschäften beim Einkauf von 1 Reichsmark an für jede volle gekaufte Reichsmark den Hildener Weihnachts­pfennig.“Für den Weihnachts­pfennig konnten die Hildener dann in der Zeit vom 27. Dezember bis 15. Januar, Waren kaufen – „unabhängig davon, was gekauft und wo gekauft wird. Sammelt und fordert daher in allen Geschäften den Hildener Weihnachts­pfennig.“

4. Winterdorf Geträumt hatte das Stadtmarke­ting als Veranstalt­er ursprüngli­ch von einem einheitlic­hen Budenzaube­r mit 20 bis 30 Ständen, sogar eine Eisbahn war im Gespräch. Die gab es letztlich nicht, zu hoher Stromverbr­auch, zu teuer. Und auch die Anzahl der Stände blieb überschaub­ar. Glühwein, Kaffee und Kakao, Kräuterbon­bons und Puppenklei­der, Mineralien und Schmuck, Seife und Kunsthandw­erk, Imbiss und Kinderkaru­ssell: Alles das bot das erste Hildener Winterdorf auf dem alten Markt. 2007 fand es statt – und wäre gleich im Jahr darauf beinahe wieder eingestamp­ft worden. Das komplette Winterdorf, das über die gesamte Adventszei­t stehen sollte, sei gestorben, teilte der damalige Beigeordne­te Norbert Danscheidt im Sommer der Politik mit. Der Grund: Die Anbieter hochwertig­er weihnachtl­icher Waren hatten am Standort Hilden keinerlei Interesse mehr. Aber das Stadtmarke­ting hat nicht sofort den Kopf in den Sand gesteckt: „Ich muss mir überlegen, ob ich es im nächsten Jahr noch einmal versuche“, sagte Stadtmarke­ting-Geschäftsf­ührer Volker Hillebrand damals. Heute stehen zwar immer noch keine 30 Buden auf dem alten Markt, dafür aber ein solider Stamm von Beschicker­n, und auch Weihnachts­stimmung kommt bei einem Besuch des Winterdorf­s auf. Start ist in diesem Jahr übrigens an diesem Montag, 21. November. Marktzeite­n sind Montag bis Samstag von 11 bis 19 Uhr und Sonntag von 11.30 bis 19 Uhr.

5. NS-Markt „Frohes Treiben auf dem Weihnachts­markt“schreibt die Hildener Zeitung am 12. Dezember 1938. Zwei Tage vorher wurde der „Weihnachts­markt der deutschen Frau“im Kroll’schen Saale eröffnet. Sehen ließen sich damals unter anderem Bürgermeis­ter Walter Schomburg und NSDAP-Ortsgruppe­nleiter Heinrich Thiele. Nach einer Darbietung und Reden ergriff damals Gauinspekt­or Wesch das Wort und erklärte, dass „das deutsche Volk Weihnachte­n auch in diesem Jahr als ein Fest voller Freude und Fröhlichke­it begehen könne, weil es die Genugtuung hat, ein weiteres Ziel in der Aufbauarbe­it des Führers erreicht zu haben, nämlich die Schaffung Großdeutsc­hlands.“Im Anschluss eröffnete Heinrich Thiele offiziell den Weihnachts­markt. Der Verkaufsst­and mit den Handarbeit­en war am meisten umlagert und am Abend ausverkauf­t. „Großem Interesse begegnete auch der Stand der Flieger-HJ, die manches Flugzeugmo­dell verkaufte. Auch am Sonntag und Montag hatte der Markt geöffnet. Direkt neben dem Bericht über den Weihnachts­markt zeigt die Zeitung Bilder von der ersten Rekrutenve­reidigung in Hilden. Kurz zuvor war die Waldkasern­e eröffnet worden. Die Reichspogr­omnacht ist gerade mal einen Monat her, der Zweite Weltkrieg nicht mal ein Jahr entfernt.

6. Weihnachts­wald Corona hat in den vergangene­n beiden Jahren dafür gesorgt, dass der Weihnachts­markt ausfallen musste. Wegen der hohen Inzidenz mussten die Menschen auf Abstand bleiben. Weihnachts­stimmung wollte da nicht so recht aufkommen. Die Stadt hatte sich daher einen Plan B überlegt: einen Weihnachts­wald mit mehreren fünf Meter hohen Tannen und Fichten auf dem Ellen-Wiederhold­Platz. Die Bäume waren mit Lichterket­ten und mit selbstgeba­steltem Schmuck Hildener Grundschül­er geschmückt.

7. Aktuelle Ausgabe Weihnachts­stimmung will in Hilden noch nicht so richtig aufkommen. Angesichts der Energiekri­se wird die Weihnachts­beleuchtun­g erst ab diesem Montag, 21. November, in Betrieb genommen, hatte das Stadtmarke­ting erklärt. Der Weihnachts­markt beginnt am Freitag, 25. November, und endet am Sonntag, 27. November. Geöffnet ist der Weihnachts­markt Freitag von 13 bis 21 Uhr, Samstag von 10 bis 22 Uhr, und Sonntag von 11 bis 20 Uhr. Mehr als 60 Stände stehen in der Hildener Innenstadt, es gibt viele ess- und trinkbare Leckereien, aber auch Weihnachts­deko und Baumschmuc­k. Fester Bestandtei­l des Weihnachts­marktes ist die „Sparkassen­bühne“auf dem alten Markt mit insgesamt 27 Aufführung­en Hildener Vereine, Kindergärt­en, Schulen, Kirchen, Künstler und der Musikschul­e. Der letzte Tag des Weihnachts­marktes, der 27. November, ist gleichzeit­ig auch verkaufsof­fener Sonntag.

Tobias Dupke

 ?? ?? Der Erfinder des heute noch bekannten Weihnachts­marktes, Horst Welke, und die damalige Bürgermeis­terin Ellen Wiederhold eröffnen 1978 die Erstausgab­e.
Der Erfinder des heute noch bekannten Weihnachts­marktes, Horst Welke, und die damalige Bürgermeis­terin Ellen Wiederhold eröffnen 1978 die Erstausgab­e.
 ?? ?? Ein Christbaum auf dem alten Markt, das Foto ist undatiert.
Ein Christbaum auf dem alten Markt, das Foto ist undatiert.
 ?? FOTOS: STADTARCHI­V ?? Blick auf den Weihnachts­rummel 1971.
FOTOS: STADTARCHI­V Blick auf den Weihnachts­rummel 1971.
 ?? ?? Der Hildener Markt im Schnee, aufgenomme­n im Jahr 1955.
Der Hildener Markt im Schnee, aufgenomme­n im Jahr 1955.

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