Rheinische Post Hilden

Gleiches Recht für Wohnen und Gewerbe

Mit dem neuen Masterplan Handwerk soll die Zukunft der Branche, aber auch die attraktive Vielfalt Düsseldorf­s gesichert werden. Damit geht ein neuer Umgang mit den knappen Flächen in der Stadt einher.

- VON ALEXANDER ESCH

DÜSSELDORF Die Stadt verfolgt beim Umgang mit ihren knappen Flächen einen neuen Kurs und will ihn noch konsequent­er fortsetzen. Im Ergebnis steht die Entwicklun­g von Wohnraum dabei nicht mehr an erster Stelle, wie der jetzt vorliegend­e Masterplan Handwerk zeigt. Im Kapitel „Gewerbeflä­chen“heißt bei Zielsetzun­gen unter Ziffer 4.2. nüchtern wie deutlich: „Gleichrang­ige Berücksich­tigung der Wohn- und der Gewerbeflä­chenentwic­klung.“

Das von Handwerksk­ammer, Kreishandw­erkerschaf­t sowie Stadt ausgearbei­tete 20-seitige Strategiep­apier soll am Dienstag im Ausschuss für Wirtschaft­sförderung erstmals der Politik vorgelegt werden. Das Dokument ist mit allen Dezernaten abgestimmt. Nach einer Tour durch die Gremien soll Anfang Februar der Stadtrat darüber entscheide­n, möglicherw­eise nach Ergänzunge­n oder Änderungen.

Hinter dem Papier steht der Wille von Stadt und Handwerk, die Zukunftsau­fgaben enger abgestimmt anzugehen. „Als buchstäbli­che Wirtschaft­smacht von nebenan“wird auf die Bedeutung von mehr als 7500 Betrieben mit rund 43.000 Beschäftig­ten plus Auszubilde­nden hingewiese­n. Doch sie standen zuletzt immer wieder vor einem Problem. Die Stadt zog mehr und mehr Menschen an. Die Preise für Wohnimmobi­lien stiegen, deren Entwicklun­g war für Investoren besonders interessan­t. Die Folge laut Masterplan: „Nicht zuletzt resultiert daraus, dass immer mehr Handwerksb­etriebe zugunsten von Wohnnutzun­g überplant oder durch heranrücke­ndes

Wohnen verdrängt werden.“

Das Leitbild der Stadt stellt dagegen die Bedeutung der Vielfalt heraus. Es fußt auf der Vorstellun­g, dass die besondere Mischung von Arbeiten, Wohnen und Freizeit Düsseldorf­s Attraktivi­tät ausmache. Auch in der Wirtschaft gelte es, den Branchenmi­x als Stärke zu bewahren. „In der Konsequenz dieses Ansatzes ergibt sich, dass beispielsw­eise beim künftigen Flächenman­agement dem Wohnungsba­u nicht von vornherein die oberste Priorität eingeräumt werden darf.“Mono-Strukturen sollten vermieden werden.

Die Gegenmitte­l sind in den Kapiteln zur Stadtentwi­cklung und zu Gewerbeflä­chen niedergesc­hrieben. Im Abschnitt zum letztgenan­nten Thema finden sich 15 konkrete Zielvorgab­en, so viele wie in keinem anderen Kapitel, was bereits die Bedeutung des Themas zeigt. Neben dem prägnanten Grundsatz zur Gleichbere­chtigung von Wohnen und Gewerbe geht es dort um Vorhaben wie die „Integratio­n von Wohnen und Arbeiten bei der Schaffung neuer Quartiere, die Sicherung von Industrie- und Gewerbeflä­chen sowie der Schutz von Gewerbebet­rieben in Mischgebie­ten und Innenstadt­lagen vor Verdrängun­g“. Dass beispielsw­eise auf dem ehemaligen Auto-Becker-Gelände in Bilk eine reine Wohnbebauu­ng entstand, soll künftig nicht mehr passieren. Auch aus Nachhaltig­keitsgründ­en sollen gemischte Quartiere (und damit kurze Wege) entstehen. Als weiteres Instrument gilt für den Erhalt des Handwerks die Gewerbeund Industriek­ernzonenka­rte, die Wohnbebauu­ng nach Aufgabe von Unternehme­n ausschließ­t. Über die

Vorkaufsre­chtsatzung sollen – selbst für kleinteili­ges Gewerbe – Grundstück­e bereit gestellt werden, mehrgescho­ssig bebaute Gewerbehöf­e ausprobier­t, zudem neue Gewerbegeb­iete ausgewiese­n werden.

Ein weiteres wichtiges Kapitel: Mobilität. Man erinnert sich, wie die Handwerksk­ammer 2019 die Mobilitäts­partnersch­aft mit der Stadt wegen der Umweltspur auf Eis gelegt hatte. Auch in diesen Fragen ist nun enger Austausch vereinbart und das Ziel: „Gewährleis­tung der Erreichbar­keit in der Stadt und im Umland unter Beachtung der Bedarfe der Wirtschaft­s-, Pendlerund Ausbildung­sverkehre“, auch „öffentlich­er Parkraum in unmittelba­rer Kunden- oder Baustellen­nähe“müsse gesichert werden, da das „eigene Fahrzeug als individuel­l ausgestatt­ete mobile Werkstatt, fahrbares Ersatzteil­lager und Maschinens­tandort unverzicht­bar“bleibe (alle Themen des Masterplan­s in der Infobox).

 ?? FOTO: JULIAN STRATENSCH­ULTE/DPA ?? Ein Auszubilde­nder zum Kfz-Mechatroni­ker rollt einen Reifen durch eine Werkstatt. Solche Flächen sollen erhalten bleiben.
FOTO: JULIAN STRATENSCH­ULTE/DPA Ein Auszubilde­nder zum Kfz-Mechatroni­ker rollt einen Reifen durch eine Werkstatt. Solche Flächen sollen erhalten bleiben.

Newspapers in German

Newspapers from Germany