Die Tücken des Testaments
Wenn der letzten Wille nicht formuliert ist, gilt die gesetzliche Erbfolge – das kann für Ehepaare zum Problem werden. Experten raten zu einem bestimmten Modell. Was zu beachten ist.
SERIE VORSORGE (2/8)
DÜSSELDORF Sind Testamente eine vernünftige Sache? Die Umweltschutzorganisation BUND meint: Ja. Sie sieht hierhin eine gute Möglichkeit, Geld einzusammeln. Eine Referentin gibt Ratschläge, wie die Öko-Organisation in ein Testament eingebaut werden kann, gleichzeitig erteilt sie aber auch Ratschläge zu Freibeträgen. Einer lautet: Je enger das Verwandtschaftsverhältnis, desto höher der Freibetrag. In konkreten Zahlen heißt das: Eheleute und Menschen in eingetragenen Lebenspartnerschaften erhalten einen Freibetrag von 500.000 Euro. Sind Kinder die Erben, ist deren Freibetrag 400.000 Euro hoch, bei Enkelkindern sind es grundsätzlich 200.000 Euro. Und dann wird auch dafür geworben, eventuell Geld an die Aktivisten zu geben. Der Hinweis lautet: „Der BUND ist von der Erbschafts- und Schenkungssteuer befreit.“Was bei Erbschaften sonst noch zu beachten ist.
Erbfolge und Testament Um abzuwägen, ob ein Testament sinnvoll ist, muss man sich die gesetzliche Erbfolge klar machen: Bei Ehepartnern erhält der überlebende Partner einer Zugewinngemeinschaft die Hälfte des Erbes des Verstorbenen, die Kinder als Erben erster Ordnung die andere Hälfte. Wenn die Eltern sich mit dem sogenannten Berliner Testament dagegen jeweils zu Alleinerben machen, kann der überlebende Partner beispielsweise im gemeinsamen Haus bleiben, ohne dass ihn der Nachwuchs zum Verkaufen drängen kann. Im Testament der beiden Eltern wird dann oft festgelegt, dass das Kind oder die Kinder nach dem Tod des zweiten Elternteils alles erhalten. „Damit sind die Verhältnisse klar“sagt der Kölner Anwalt Georg Maubach: „In klassischen Familien mit einem Eigenheim ist das Berliner Testament oft die naheliegende Lösung.“
Ziel eines Testaments Das Papier hat das Ziel, das Vermögen laut dem Willen des Erblassers anders aufzuteilen, als es im Gesetz vorgeschrieben ist. Den Nachkommen kann aber der jeweilige Pflichtanteil nicht weggenommen werden, außer in extremen Ausnahmefällen.
Wer also als Ehemann festsetzen will, dass die Ehefrau nach dem Tod über das gemeinsame Haus alleine verfügen soll, kann sie als Alleinerben einsetzen. Außerdem ist ein Testament anzuraten, wenn der künftige Vererber ein hohes Vermögen angehäuft hat: „Je komplexer ein Vermögen ist und je schwieriger die Familienverhältnisse sind, desto wichtiger ist es, alles mit einem Testament zu ordnen und sich sachkundig dabei beraten zu lassen“, sagt Claus-Henrik Horn, Fachanwalt für Erbrecht aus Düsseldorf. Der Rechtsexperte ergänzt: „Ein gutes Testament kann auch einigen Streit später vermeiden, weil die Dinge festgelegt sind.“
Schriftform Jedes Testament muss schriftlich festgelegt sein. Beim Berliner Testament bietet es sich an, dass ein Ehepartner das Testament handschriftlich aufschreibt, der andere muss dann aber mitunterschreiben. Damit ist dokumentiert, dass es sich um den gemeinsamen Willen der Partner handelt.
Risiko Das Erstellen eines Berliner Testaments hat mehr Konsequenzen, als den Testierenden in vielen Fällen klar ist: Nach dem Tod des zuerst verstorbenen Partners kann der länger lebende Ehegatte beispielsweise nicht mehr andere Personen zu seinen Erben einsetzen oder eine festgelegte Quote unter den Kindern umverteilen. Auch größere Schenkungen sind an sich nicht mehr erlaubt, weil sie den durch das Testament eingesetzten Personen als Nacherben Vermögen entziehen. Horn rät dazu, im ursprünglichen Berliner Testament gemeinsam festzulegen, dass der länger lebende Ehegatte das Recht hat, Erbquoten unter den weiteren Erben zu verschieben: „Für den vorversterbenden Ehegatten besteht dann aber die Ungewissheit, ob der überlebende Ehegatte nicht einen fremden Dritten zum Erben einsetzt.“
Neue Ehe? Gelegentlich heiratet der längerlebende Ehepartner erneut. Auch im Fall einer neuen Ehe entfällt die Bindungswirkung aus dem früheren Ehegattentestament nicht automatisch. Der überlebende Ehegatte kann das alte Berliner Testament anfechten, weil es einen Pflichtteilsberechtigten übergeht, wenn er oder sie dies rechtzeitig erklärt. Der neue Gatte sei durch die Ehe „pflichtteilsberechtigt geworden“.
Enterbt? Kinder sind durch das Berliner Testament nicht komplett enterbt. Sie können auf ihren Pflichtteil beharren. Dies wäre bei einem Einzelkind die Hälfte des gesetzlichen Erbteils von 50 Prozent.