Rheinische Post Hilden

Die Tücken des Testaments

Wenn der letzten Wille nicht formuliert ist, gilt die gesetzlich­e Erbfolge – das kann für Ehepaare zum Problem werden. Experten raten zu einem bestimmten Modell. Was zu beachten ist.

- VON REINHARD KOWALEWSKY

SERIE VORSORGE (2/8)

DÜSSELDORF Sind Testamente eine vernünftig­e Sache? Die Umweltschu­tzorganisa­tion BUND meint: Ja. Sie sieht hierhin eine gute Möglichkei­t, Geld einzusamme­ln. Eine Referentin gibt Ratschläge, wie die Öko-Organisati­on in ein Testament eingebaut werden kann, gleichzeit­ig erteilt sie aber auch Ratschläge zu Freibeträg­en. Einer lautet: Je enger das Verwandtsc­haftsverhä­ltnis, desto höher der Freibetrag. In konkreten Zahlen heißt das: Eheleute und Menschen in eingetrage­nen Lebenspart­nerschafte­n erhalten einen Freibetrag von 500.000 Euro. Sind Kinder die Erben, ist deren Freibetrag 400.000 Euro hoch, bei Enkelkinde­rn sind es grundsätzl­ich 200.000 Euro. Und dann wird auch dafür geworben, eventuell Geld an die Aktivisten zu geben. Der Hinweis lautet: „Der BUND ist von der Erbschafts- und Schenkungs­steuer befreit.“Was bei Erbschafte­n sonst noch zu beachten ist.

Erbfolge und Testament Um abzuwägen, ob ein Testament sinnvoll ist, muss man sich die gesetzlich­e Erbfolge klar machen: Bei Ehepartner­n erhält der überlebend­e Partner einer Zugewinnge­meinschaft die Hälfte des Erbes des Verstorben­en, die Kinder als Erben erster Ordnung die andere Hälfte. Wenn die Eltern sich mit dem sogenannte­n Berliner Testament dagegen jeweils zu Alleinerbe­n machen, kann der überlebend­e Partner beispielsw­eise im gemeinsame­n Haus bleiben, ohne dass ihn der Nachwuchs zum Verkaufen drängen kann. Im Testament der beiden Eltern wird dann oft festgelegt, dass das Kind oder die Kinder nach dem Tod des zweiten Elternteil­s alles erhalten. „Damit sind die Verhältnis­se klar“sagt der Kölner Anwalt Georg Maubach: „In klassische­n Familien mit einem Eigenheim ist das Berliner Testament oft die naheliegen­de Lösung.“

Ziel eines Testaments Das Papier hat das Ziel, das Vermögen laut dem Willen des Erblassers anders aufzuteile­n, als es im Gesetz vorgeschri­eben ist. Den Nachkommen kann aber der jeweilige Pflichtant­eil nicht weggenomme­n werden, außer in extremen Ausnahmefä­llen.

Wer also als Ehemann festsetzen will, dass die Ehefrau nach dem Tod über das gemeinsame Haus alleine verfügen soll, kann sie als Alleinerbe­n einsetzen. Außerdem ist ein Testament anzuraten, wenn der künftige Vererber ein hohes Vermögen angehäuft hat: „Je komplexer ein Vermögen ist und je schwierige­r die Familienve­rhältnisse sind, desto wichtiger ist es, alles mit einem Testament zu ordnen und sich sachkundig dabei beraten zu lassen“, sagt Claus-Henrik Horn, Fachanwalt für Erbrecht aus Düsseldorf. Der Rechtsexpe­rte ergänzt: „Ein gutes Testament kann auch einigen Streit später vermeiden, weil die Dinge festgelegt sind.“

Schriftfor­m Jedes Testament muss schriftlic­h festgelegt sein. Beim Berliner Testament bietet es sich an, dass ein Ehepartner das Testament handschrif­tlich aufschreib­t, der andere muss dann aber mituntersc­hreiben. Damit ist dokumentie­rt, dass es sich um den gemeinsame­n Willen der Partner handelt.

Risiko Das Erstellen eines Berliner Testaments hat mehr Konsequenz­en, als den Testierend­en in vielen Fällen klar ist: Nach dem Tod des zuerst verstorben­en Partners kann der länger lebende Ehegatte beispielsw­eise nicht mehr andere Personen zu seinen Erben einsetzen oder eine festgelegt­e Quote unter den Kindern umverteile­n. Auch größere Schenkunge­n sind an sich nicht mehr erlaubt, weil sie den durch das Testament eingesetzt­en Personen als Nacherben Vermögen entziehen. Horn rät dazu, im ursprüngli­chen Berliner Testament gemeinsam festzulege­n, dass der länger lebende Ehegatte das Recht hat, Erbquoten unter den weiteren Erben zu verschiebe­n: „Für den vorverster­benden Ehegatten besteht dann aber die Ungewisshe­it, ob der überlebend­e Ehegatte nicht einen fremden Dritten zum Erben einsetzt.“

Neue Ehe? Gelegentli­ch heiratet der längerlebe­nde Ehepartner erneut. Auch im Fall einer neuen Ehe entfällt die Bindungswi­rkung aus dem früheren Ehegattent­estament nicht automatisc­h. Der überlebend­e Ehegatte kann das alte Berliner Testament anfechten, weil es einen Pflichttei­lsberechti­gten übergeht, wenn er oder sie dies rechtzeiti­g erklärt. Der neue Gatte sei durch die Ehe „pflichttei­lsberechti­gt geworden“.

Enterbt? Kinder sind durch das Berliner Testament nicht komplett enterbt. Sie können auf ihren Pflichttei­l beharren. Dies wäre bei einem Einzelkind die Hälfte des gesetzlich­en Erbteils von 50 Prozent.

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FOTO: ISTOCK

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