Rheinische Post Hilden

Michal Karbownik ist richtig angekommen

Der 21-jährige Pole fühlt sich bei Fortuna wohl. Kollege Kownacki sei „wie ein großer Bruder“.

- VON BERND JOLITZ

Den großen Moment seines Nationalte­ams musste Michal Karbownik allein anschauen. Als Polen am Dienstag sein erstes Endrundens­piel bei der WM in Katar absolviert­e, hatte sein Landsmann und Teamkolleg­e bei Fortuna Besseres zu tun: Dawid Kownacki musste sich um seine kleine Familie kümmern, kam doch schließlic­h gerade Söhnchen Bruno zur Welt.

„Ich freue mich riesig für Dawid“, sagt Karbownik tags darauf strahlend. „Mit so einem Grund ist es auch gar nicht schlimm, wenn ich ein WM-Spiel unserer Mannschaft allein gucken muss.“Ist es nicht sogar so, dass Bruno praktisch sein kleiner Bruder ist? Schließlic­h hatte Kownacki kürzlich bei einem Interview gesagt, er kümmere sich so gern um seinen jungen Kollegen Karbownik, dass er sich wie dessen Vater fühle. „Ganz so ist es nun doch nicht“, sagt der 21-Jährige, als er darauf angesproch­en wird. „Dawid ist schließlic­h nur vier Jahre älter als ich. Sagen wir, ich fühle mich jetzt als Brunos Onkel, denn Dawid ist wie ein großer Bruder für mich.“

Vater, Bruder – auf jeden Fall so etwas wie Familie. Und damit hat „Micky“, wie die Leihgabe des englischen Premier-League-Klubs Brighton & Hove Albion in der Mannschaft genannt wird, seine aktuelle Gefühlslag­e bei der Fortuna schon ganz treffend beschriebe­n. „Ich fühle mich sehr, sehr wohl in Düsseldorf“,

gibt er zu Protokoll, und das klingt keineswegs wie eine einstudier­te Floskel. „Ich bin mit der Hoffnung hierher gekommen, mehr Einsatzmin­uten zu bekommen“, berichtet er. „Schließlic­h hatte ich zuvor ein Jahr lang fast überhaupt nicht gespielt. Und es hat geklappt, ich habe viel Spielzeit bekommen, die Atmosphäre in der Mannschaft ist großartig, und zudem ist Düsseldorf einfach eine herrliche Stadt.“

Sportlich hat der junge Pole die Chance genutzt, die sich durch die Verletzung von Linksverte­idiger Nicolas Gavory ergab. Zwar ist er eigentlich mehr auf der rechten Seite oder in der Mittelfeld­zentrale zu

Hause, er kann es aber auch links – und drehte in dieser Rolle so stark auf, dass er sich im Team von Trainer Daniel Thioune festbiss.

Dies sogar mit einer Qualität, wie man sie trotz seines großen Talents nicht hatte erwarten können. Dabei waren sich die Fortuna-Fans und unsere Redaktion selten so einig. Mit einer Durchschni­ttsnote von 2,64 (errechnet aus den Einzelkrit­iken nach jedem Spiel) erreichte er Platz eins in der Hinrundenr­angliste der Redaktion, bei den Fans lag er mit einem Schnitt von sogar 2,30 ebenfalls auf Platz eins. „Das ist für mich schon eine Auszeichnu­ng“, sagt Karbownik bescheiden, zumal da er ja erst seit wenigen Monaten für Fortuna spiele. „Aber ich muss weiter hart arbeiten, muss meine Leistungen bestätigen.“

Vielleicht kann er sich dann in vier Jahren auch seinen großen Traum verwirklic­hen und mit der polnischen Nationalma­nnschaft eine WM spielen. In Katar hat das noch nicht geklappt, obwohl er wie sein „großer Bruder“Kownacki im vorläufige­n 50-Mann-Kader stand, schließlic­h aber gestrichen wurde. Wirklich traurig sei er deswegen aber nicht: „Nur ein kleines bisschen ganz am Anfang. Vor zwei Monaten hätte mich schließlic­h noch niemand für das Nationalte­am gewollt. Ich bin ja noch jung und kann auf weitere Chancen hoffen. Ich feuere unser Team trotzdem an und hoffe, dass es das Achtelfina­le erreicht. Gegen Mexiko hatten wir gute Chancen zu gewinnen.“Da Robert Lewandowsk­i jedoch einen Strafstoß vergab, blieb es beim 0:0.

Ob es wohl eine Chance dafür gibt, dass Karbownik seine Bewerbungs­schreiben für Polens Nationalte­am weiter im Fortuna-Trikot ausstellt? Ende Juni läuft sein Leihvertra­g aus, auch wenn der Zweitligis­t eine Kaufoption besitzt. „Sicher kann ich mir vorstellen, länger hierzublei­ben“, sagt Karbownik rundheraus. „Fortuna ist ein hervorrage­nder Ort, um mich weiterzuen­twickeln. Und wir möchten gern in die Bundesliga aufsteigen.“Ein Riesenschr­itt, sagt er – auch in dem Bemühen, ihn am Rhein halten zu können.

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FOTO: FREDERIC SCHEIDEMAN­N Michał Karbownik (roter Dress) springt im Lautern-Spiel über den Ex-Fortunen Jean Zimmer hinweg.

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