Rheinische Post Hilden

Für immer Charlie Brown

„Die Peanuts“von Charles M. Schulz mit Figuren wie Snoopy, Schroeder und Woodstock sind weltberühm­t. Fast ein halbes Jahrhunder­t lang zeichnete ihr Schöpfer neue Geschichte­n. Vor 100 Jahren wurde er geboren.

- VON BARBARA MUNKER

SANTA ROSA (dpa) Der Name Charles M. Schulz ist vermutlich nicht jedem ein Begriff. Doch seine Schöpfunge­n Charlie Brown, Snoopy, Lucy, Sally, Linus und ihre vielen Freunde kennen fast alle. Sie sind „Die Peanuts“, ein weltbekann­tes Comic-Universum. Der US-Amerikaner Schulz hätte an diesem Samstag seinen 100. Geburtstag gehabt.

Das Wort „Peanuts“steht im Englischen ursprüngli­ch für „Erdnüsse“oder „Kleinigkei­t“. Mitte des 20. Jahrhunder­ts war es in den USA aber ein gängiges Wort für Kinder. „Die Peanuts“, die einen Aufstieg von Comicstrip und Buchreihe bis zur TV-Serie und zu Kinofilmen erlebten, hatten eigentlich einen anderen Namen. Als der im US-Staat Minnesota geborene Schulz sie in seinem Heimatblat­t veröffentl­ichte, hießen die Vorstadtki­nder noch „Lil‘ Folks“(Kleine Leute). Schulz hing an dem Namen. Doch mit dem Verkauf an eine Gruppe wurde daraus „Peanuts“.

Am 2. Oktober 1950 erschien der erste Cartoon in sieben US-Zeitungen, klassische­rweise in vier Rechtecken erzählt. „Der gute alte Charlie Brown“, ruft ein kleiner Junge dem Vorbeigehe­nden vermeintli­ch wohlwollen­d zu – um im letzten Bild zu lästern: „Wie ich ihn hasse!“

Bis zu seinem Tod im Februar 2000 im kalifornis­chen Santa Rosa zeichnete Schulz knapp 18.000 ComicStrip­s, sie wurden weltweit in mehr als 2600 Zeitungen abgedruckt und damit von mehr als 355 Millionen Menschen in 75 Ländern gelesen.

Charlie Brown ist der liebenswer­te Verlierer und ewige Pechvogel, mit rundem Kopf und Haarkringe­l auf der Stirn. Sein philosophi­erender Beagle Snoopy liegt am liebsten auf dem Dach seiner Hundehütte. Oft umschwirrt ihn das gelbe Vögelchen Woodstock. Da sind noch die rechthaber­ische Lucy, Linus mit Schmusedec­ke, Beethoven-Fan Schroeder am Klavier, die burschikos­e Peppermint Patty und die launische Sally.

Schulz hat bis zu seinem Tod jeden Strip selbst gezeichnet und die Story erdacht. „Er hat so hart daran gearbeitet“, so Witwe Jean Schulz im Interview. „Ich dachte früher, dass dies leicht wäre, aber nun ist mir klar, wie er um jeden kleinen Satz bemüht war.“Sie muss es wissen. 27 Jahre war das Paar bis zum Tod des Cartoonist­en verheirate­t. Nun verwaltet sie das riesige „Peanuts“-Universum und sorgt dafür, dass dieses Lebenswerk weiter Beachtung findet.

Stolz führt die Witwe durch das Charles-M.-Schulz-Museum, 2002 in Santa Rosa eröffnet. Ein nachgebild­etes Studio zeigt den Arbeitspla­tz, an dem Schulz 50 Jahre lang seine Charaktere zu Papier brachte. Wertvolle Original-Skizzen, Storyboard­s von Filmen und das „Wrapped Snoopy

House“, eine vom Künstler-Ehepaar Christo und Jeanne-Claude verpackte Hundehütte, zählen zu den Attraktion­en. „Sparky“sei trotz Welterfolg und Millionenv­ermögen bodenständ­ig und bis zum Ende in seine Arbeit vertieft geblieben, erzählt die Witwe. Sie nennt ihn nur bei seinem Spitznamen, den er schon als Baby von einem Onkel verpasst bekam, nach dem Pferd Spark Plug aus einem damals populären Comic.

Schulz hat Charlie Brown und Snoopy zu einem Stück Kulturgut gemacht. Es gibt sie als Comic, auf dem Bildschirm, im Kino, als Markenarti­kel – und das nicht nur auf der Erde: 1969 bei der Raumfahrtm­ission Apollo 10 hatte das Raumschiff das Rufzeichen „Charlie Brown“, die Mondfähre hieß „Snoopy“. Der

Zeichner bekam Emmys, einen Stern auf Hollywoods „Walk of Fame“und die Goldmedail­le des US-Kongresses verliehen. Die alten „Peanuts“-Strips werden weiter gedruckt, dazu gibt es auch neuen Content, an dem die Witwe und die fünf Kinder aus Schulz‘ erster Ehe mitwirken.

Warum ist die „Peanuts“-Gang nach so vielen Jahren immer noch so beliebt? „Sparky ging es um Menschlich­keit, was es heißt, Freunde, Streit, Enttäuschu­ng und Freude zu haben“, meint Jean. Er sei zudem immer sehr neugierig gewesen und habe vieles aufgegriff­en. Während der Pandemie hätte er bestimmt alles darüber lernen und in die Comics einbauen wollen. Schulz war auch fortschrit­tlich. 1968, kurz nach der Ermordung des Bürgerrech­tlers Martin Luther

King, führte er den schwarzen Jungen Franklin ein. Eine Leserin hatte ihn dazu animiert.

Die „Peanuts“-Figuren kämpfen immer wieder mit denselben Problemen – Liebeskumm­er, Ängste, Frust – gerade dadurch sind sie vielen ans Herz gewachsen. So ergeht es Charlie Brown jedes Mal, wenn ihm Lucy den Football unter der Nase wegzieht: Er sieht sich als Loser, doch er gibt nicht auf. Eine Lieblingsf­igur habe Schulz nicht gehabt. „Er sagte immer, dass alle Charaktere ein wenig von ihm hätten“, erzählt Jean. Lucy den Sarkasmus, Charlie Brown die Dummheit und Snoopy den Freiheitsd­rang.

Der 77-Jährige erlag am 12. Februar 2000 einem Krebsleide­n, nur wenige Stunden vor dem Erscheinen seines letzten Comic-Strips. In der letzten „Peanuts“-Folge steht Charlie Brown am Telefon und sagt: „Nein, ich glaube, er schreibt.“Das nächste Bild zeigt Snoopy auf seiner Hundehütte vor der Schreibmas­chine. „Liebe Freunde“, heißt es da, „ich hatte das Glück, Charlie Brown und seine Freunde fast 50 Jahre zeichnen zu können. Das war die Erfüllung meiner Kindheitst­räume.“Nun sei er dazu nicht mehr in der Lage. Er sei dankbar für die Loyalität der Redakteure und die Liebe der Fans für die Serie. „Charlie Brown, Snoopy, Linus, Lucy... wie könnte ich sie je vergessen...“

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FOTO: PEANUTS WORLDWIDE LLC/DPA „Die Peanuts“: Rerun Van Pelt (hinten, v.l.), Franklin, Sally und Charlie Brown, Snoopy, Lucy Van Pelt, Peppermint Patty, Marcie, Schroeder am Klavier und Vogel Woodstock.
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FOTO: SCHULZ FAMILY INTELLECTU­AL PROPERTY TRUST/CHARLES M. SCHULZ MUSEUM/DPA Charles M. Schulz im Jahr 1971 an seinem Zeichentis­ch. An diesem Samstag wäre er 100 Jahre alt geworden.

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