Abwassertests weisen Corona-Anstieg nach
Das Monitoring in den Klärwerken gilt als Frühindikator für Covid-Ausbrüche. Vergangene Woche zogen die Werte massiv an. Landespolitiker fordern, weitere Anlagen einzubeziehen und andere Erreger in den Blick zu nehmen.
DÜSSELDORF
gilt. Bereits mehrere Tage, bevor ein Schnelltest überhaupt positiv anschlägt, scheidet ein infizierter Mensch Viren aus. Das Abwasser-Monitoring gilt als präzise und kostengünstig. Steigt der Virusanteil in einem Stadtteil, könnte eine Gemeinde früh reagieren, etwa mit gezielten PCR-Tests der Anwohner. Infektionsketten könnten so verhindert werden.
Das NRW-Gesundheitsministerium warnte vor einer Überinterpretation. Der aktuelle Anstieg im Abwassermonitoring lasse sich wegen fehlender Datenlieferungen von vier Anlagen aufgrund der Regenfälle
noch nicht sicher einschätzen, sagte eine Sprecherin: „Daher sind daraus aktuell keine direkten Rückschlüsse auf die allgemeine Infektionsentwicklung abzuleiten.“Mit Blick auf die allgemeine Corona-Entwicklung sprach sie von einem seitwärts bewegenden Trend: „Aus der Entwicklung der Inzidenzwerte ergibt sich weder ein Hinweis auf relevant sinkende noch auf steigende Fallzahlen zum momentanen Zeitpunkt.“Die Zahl stationär behandelter Covid-Patienten steige im Vergleich zum Vorwochenwert nach kontinuierlicher Abnahme in den letzten Wochen wieder leicht an, auch auf den Intensivstationen zeige sich ein leichter Zuwachs.
„Es hat ganz schön gedauert, aber es ist richtig, dass die Landesregierung unserer Forderung nach einem Abwassermonitoring endlich gefolgt ist“, sagte SPD-Fraktionsvize Lisa-Kristin Kapteinat. Dass die Zahlen wieder nach oben gingen, müsse zu denken geben: „Daher ist es gut, dass die Lage dadurch kontinuierlich im Blick ist. Wir sollten das Abwassermonitoring aber auch über Corona hinaus gezielter nutzen, um zum Beispiel auch einen Überblick über das vermehrte Auftauchen von Polio-Erregern im Abwasser großer Städte zu erhalten.“Aufgrund der schnellen klimatischen Veränderungen würden Viren wieder eher zu einer Gefahr. „Daher brauchen wir viele Frühwarnsysteme“, so Kapteinat.
Meral Thoms, gesundheitspolitische Sprecherin der Grünen-Landtagsfraktion, nannte das Instrument sinnvoll als zusätzlicher Indikator. „Bei den Corona-Inzidenzen gehen wir von einer hohen Dunkelziffer
nicht erfasster Fälle aus. Um das Infektionsgeschehen möglichst genau einschätzen zu können, ist es richtig, unterschiedliche Datenquellen zu nutzen.“Studien hätten gezeigt, dass Abwassermonitoring Dynamiken im Corona-Infektionsgeschehen mit mehreren Tagen Vorlauf aufzeigen könne: „Das Abwassermonitoring als Frühwarnsystem funktioniert unabhängig von Tests der Bevölkerung und erfasst diese insgesamt. Neue Covid-19-Varianten und deren Verbreitung können schnell überwacht werden.“Die Grünen wollen sich Thoms zufolge für die Weiterentwicklung des Instruments einsetzen.
Unterdessen traten am Mittwoch in NRW Erleichterungen bei den Test- und Isolationspflichten nach einer Corona-Infektion in Kraft. Nach fünf Tagen können die Bürger die Isolation beenden. Ein Freitesten ist nicht mehr notwendig. Für Beschäftigte in medizinischen Einrichtungen gelten Sonderregelungen: Sie dürfen nicht arbeiten, bis ein negatives Testergebnis vorliegt.