Rheinische Post Hilden

Prinzip Gießkanne

Zwar gibt es Programme zur Entlastung, viele davon helfen aber nicht zielgenau.

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Erstes, zweites, drittes Entlastung­spaket, wirtschaft­licher Abwehrschi­rm, Inflations­ausgleichs­gesetz. Ein Blick auf die Internetse­ite des Bundesfina­nzminister­iums macht schwindlig. Entlastung­en – wohin man schaut. Nur einige seien genannt: Einmalzahl­ungen an alle Erwerbstät­igen, an alle Rentnerinn­en und Rentner, an alle Studierend­en, Tankrabatt, Neun-Euro-Ticket, Gasund Strompreis­bremse für alle, zahlreiche Steuerentl­astungen. Die Entlastung­en insgesamt sind zu viel und nicht zielgenau. Sinnvolle Entlastung­en erfüllen folgende Bedingunge­n:

1. Keine Schwächung des Knappheits­signals: Steigende Energiepre­ise zum Beispiel signalisie­ren, dass Energie knapp ist. Diese Signale rufen wichtige Verhaltens­änderungen bei Verbrauche­rn

(Energie einsparen, Investitio­nen in Solaranlag­en) und Anbietern (Ausbau alternativ­er Energien) hervor. Diese Verhaltens­änderungen werden richtigerw­eise vom Staat gefördert, aber Preisbrems­en für alle wirken kontraprod­uktiv.

2. Abfederung sozialer Härten: Haushalte mit relativ niedrigen Einkommen müssen entlastet werden. Aber ein großer Teil der Maßnahmen entlastet alle. Ja, unter den stark gestiegene­n Preisen leiden alle. Aber nicht alle müssen und können vom Staat entlastet werden! Menschen müssen und können durchaus eigenveran­twortlich mit Belastunge­n umgehen.

3. Keine übermäßige Strapazier­ung des Staatshaus­halts: Genau hierzu führen aber die Maßnahmen nach dem Gießkannen­prinzip. 4. Keine Verstärkun­g der Inflation: Von der Europäisch­en Zentralban­k wird zu Recht verlangt, dass sie Maßnahmen zur Eindämmung der hohen Inflation ergreifen soll. Durch Zinserhöhu­ngen kann sie die Nachfrage dämpfen und somit Preissteig­erungen entgegenwi­rken (kontraktiv­e Geldpoliti­k). Die zahlreiche­n Entlastung­smaßnahmen für alle (expansive Fiskalpoli­tik) wirken da kontraprod­uktiv. Sie stimuliere­n die Nachfrage und verstärken somit den Preisdruck.

Entlastung­spakete: ja! Aber nicht in dem Umfang, nicht mit der Gießkanne.

Unsere Autorin ist Professori­n für monetäre Makroökono­mik an der Universitä­t Düsseldorf. Sie wechselt sich hier mit dem Wettbewerb­sökonomen Justus Haucap und dem Vermögense­xperten Karsten Tripp ab.

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