Rheinische Post Hilden

Kinderärzt­e fürchten Klinik-Kollaps

Das RS-Virus verschärfe die ohnehin angespannt­e Lage auf den Intensivst­ationen.

- VON JAN DREBES

BERLIN Eine katastroph­ale Situation in deutschen Kinderklin­iken beklagen Notfallmed­iziner. „Von 110 Kinderklin­iken hatten zuletzt 43 Einrichtun­gen kein einziges Bett mehr auf der Normalstat­ion frei“, erklärte die Deutsche Interdiszi­plinäre Vereinigun­g für Intensiv- und Notfallmed­izin (Divi) am Donnerstag in Berlin. Auf den Kinderinte­nsivstatio­nen gebe es in ganz Deutschlan­d lediglich 83 freie Betten.

„Kinder sterben, weil wir sie nicht mehr versorgen können“, sagte der Leitende Oberarzt der Kinderinte­nsivmedizi­n an der Medizinisc­hen Hochschule Hannover, Michael Sasse. Die Lage sei ohnehin schon prekär. Doch die enorme Welle von Infektione­n mit dem Respirator­ischen Synzytial-Virus (RSV ) habe die Situation noch einmal verschlimm­ert. „Jetzt werden drei Jahrgänge von Kindern diese Infekte durchmache­n, weil sie ohne Mundschutz durch die Gegend rennen“, sagte

Sasse mit Blick auf die aufgehoben­en Corona-Beschränku­ngen.

Bundesgesu­ndheitsmin­ister Karl Lauterbach (SPD) sagte schnelle Hilfen zu. Krankenhäu­ser könnten Personal in die Kinderstat­ionen verlagern, sagte er am Donnerstag. Dafür forderte der Minister die Krankenkas­sen auf, vorübergeh­end die Personalun­tergrenzen nicht mehr zu überprüfen. Außerdem verlängert­e das Ministeriu­m die Möglichkei­t zur telefonisc­hen Krankschre­ibung auch für Kinderärzt­e. Eltern haben so die Möglichkei­t, bei Erkrankung ihres Kindes zu Hause zu bleiben und trotzdem den Anspruch auf Krankengel­d zu behalten.

Lauterbach verwies zudem darauf, dass der Bundestag am Freitag beschließe­n will, die Lage der Kinderklin­iken durch Zuschläge zu verbessern. Vorgesehen ist unter anderem, die Kinderheil­kunde aus dem Finanzieru­ngssystem der Fallpausch­alen herauszune­hmen und die Vorhalteko­sten zu finanziere­n. 270 Millionen Euro sind dafür für die kommenden zwei Jahr veranschla­gt.

Unterdesse­n verteidigt­e Bayerns Gesundheit­sminister Klaus Holetschek (CSU) Überlegung­en, Corona-Beschränku­ngen fallenzula­ssen. „Wir haben in Bayern auch die Lage in den Kinderklin­iken und Kinderarzt­praxen genau im Blick. Wir müssen angesichts der akuten Welle an Erkrankung­en rasch gegen die aktuellen Behandlung­sengpässe vorgehen“, sagte er. Eigenveran­twortung werde langfristi­g das Leitmotiv dieser späten Corona-Phase sein.

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FOTO: DPA Vor allem Säuglinge und Kleinkinde­r sind vom RS-Virus bedroht.

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