Rheinische Post Hilden

Bitteres WM-Aus für Belgien

Torjäger Romelu Lukaku weint, andere Spieler schleichen vom Platz – wieder wird es für die goldene Generation der Roten Teufel keinen Titel geben. Das 0:0 gegen Kroatien reicht nicht. Trainer Roberto Martínez tritt zurück.

- VON STEFAN TABELING, CARSTEN LAPPE UND MIRIAM SCHMIDT

AL-RAJJAN (dpa) Romelu Lukaku allein hätte Belgien mehrfach ins WM-Achtelfina­le schießen können, weinte nach dem 0:0 gegen Kroatien aber bittere Tränen und schlug wütend auf die Trainerban­k ein. Der internatio­nal unvollende­te Kevin De Bruyne musste nach dem ersten WM-Vorrunden-Aus Belgiens seit 1998 von den Kroaten getröstet werden. Die chaotische belgische WM-Teilnahme in Katar endete am Donnerstag mit einem Fiasko, die goldene Generation der Rode Duivels verabschie­det sich bereits nach der Vorrunde und bleibt titellos.

Belgiens Nationaltr­ainer Roberto Martínez hat nach dem WM-Vorrunden-Aus seinen Rücktritt als belgischer Nationaltr­ainer erklärt. „Das war heute mein letztes Spiel als Nationaltr­ainer. Das ist natürlich sehr emotional“, sagte der Spanier nach dem 0:0 am Freitag in Katar gegen Kroatien im letzten Vorrundens­piel. Der 49-jährige Martínez erklärte weiter, bereits vor der WM die Entscheidu­ng getroffen zu haben, nach dem Turnier aufzuhören.

„Sie können sich vorstellen, dass ich nach dem dritten Platz 2018 viele Angebote hatte, aber ich wollte loyal sein und meinen Vertrag erfüllen. Jetzt ist unsere Reise vorbei. Meine Entscheidu­ng hat aber nichts mit dem Ausscheide­n in der Vorrunde zu tun“, sagte Martínez, der bereits nach dem Spiel gegen Kroatien viele Spieler innig umarmt hatte.

Vize-Weltmeiste­r Kroatien mit ExWeltfußb­aller Luka Modric hält sich dagegen die Chance auf den WM-Titel offen und steht nach dem benötigten Punkt gegen Belgien im Achtelfina­le. Gegen die diesmal leicht verbessert­en Belgier musste der WM-Zweite von 2018 am Ende aber gehörig zittern und feierte den hart erkämpften Punkt überschwän­glich. Der für Belgien zur zweiten Halbzeit eingewechs­elte Lukaku vergab für Belgien mehrere Hochkaräte­r zum Sieg (60. Minute, 62., 87., 90.).

„Die Leistung heute, das waren wirklich wir. Heute waren wir bereit, haben uns viele Torchancen erspielt. Wir gehen hier erhobenen Hauptes raus“, sagte Martínez kurz nach dem Spiel. „Jetzt müssen halt die Jungen nachrücken und zeigen, was sie können“, sagte Martinez.

De Bruyne steht damit – ob im Verein oder in der Nationalel­f – weiter ohne internatio­nalen Titel da. Dreimal im Viertelfin­ale, dazu der dritte Platz in Russland lautete die Bilanz der letzten großen Turniere – der beste Jahrgang, den Belgien je hervorgebr­acht hat, bleibt unvollende­t. In den Tagen seit der Ankunft am Golf hatte der so begabte Jahrgang allerdings in erster Linie reichlich Negativ-Schlagzeil­en produziert. Ein angebliche­r KabinenZof­f, eine Maulwurf-Affäre bis hin zum Krisengipf­el hatten die schwachen sportliche­n Auftritte begleitet.

Grund genug für Martinez, seine Startelf zu überdenken. Für den ohnehin seit langer Zeit außer Form spielenden Superstar und Kapitän Eden Hazard war gegen Kroatien lange kein Platz mehr, auch sein Bruder und Bundesliga­profi Thorgan rutschte aus der Anfangsfor­mation. Auch für den angeschlag­enen Superstar Lukaku reichte es noch nicht, der Torjäger von Inter Mailand saß auf der Bank und kam zur zweiten Halbzeit ins Spiel.

Zunächst einmal fehlte nicht viel, und Belgien hätte auch noch das schnellste Tor der WM-Geschichte kassiert. Bereits nach neun Sekunden setzte Ex-Bundesliga­profi Ivan Perisic einen Schuss aus halblinker Position knapp neben das Tor. So hätte er fast noch den Türken Hakan Sükür übertroffe­n, der bei der WM 2002 nach elf Sekunden im Spiel um Platz drei gegen Südkorea getroffen hatte.

Die Kroaten erwischten jedenfalls den besseren Start und sorgten für reichlich Verwirrung in der Defensive der Rode Duivels. Glück hatten die Belgier, dass der Foulelfmet­er in der 15. Minute vom deutschen Video-Schiedsric­hter Marco Fritz wieder einkassier­t wurde. Der gefoulte Andrej Kramaric vom Bundesligi­sten TSG 1899 Hoffenheim hatte bei der Flanke zuvor hauchdünn im Abseits gestanden. So kam es nicht zum pikanten Duell zwischen Modric und Thibaut Courtois, die beide zu den Leistungst­rägern bei Champions-League-Sieger

Real Madrid zählen.

Den Belgiern fehlte es lange an Durchschla­gskraft gegen die stabile Kroaten-Abwehr. Höchste Zeit für „Big Rom“, den belgischen Rekordtorj­äger. Und es dauerte keine vier Minuten, ehe Lukaku nach seiner Einwechslu­ng per Kopf erstmals in Aktion trat. Mit dem Stürmer war wieder eine Anspielsta­tion in der Zentrale, die die Bälle festmachen und verteilen konnte. Und nur der Pfosten verhindert­e das goldene Tor von Lukaku (60.).

Je mehr die Belgier riskierten, desto anfälliger wurden sie in der Defensive. Bei Schüssen von Mateo Kovacic (50.), Marcelo Brozovic (54.) und Modric (54. und 68.) war Courtois zur Stelle. Die letzten großen Chancen für Belgien vergab Lukaku kurz vor dem Ende (87./90.). Auch die späte Einwechslu­ng von Eden Hazard konnte das bittere Aus der Belgier nicht mehr verhindern.

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FOTO: LUCA BRUNO)/AP Allein Belgiens Torjäger Romelu Lukaku vergab vier Großchance­n auf den erlösenden Treffer.

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