Rheinische Post Hilden

Ärzte kämpfen gegen Krankheits­welle

Die hohe Anzahl an schweren Atemwegsin­fekten sorgen derzeit vielerorts für volle Praxen, besonders Kinderarzt­praxen sind betroffen.

- VON INA SCHWERDTFE­GER

HILDEN/HAAN Das Telefon der Kinderarzt­praxis von Gerrit Steinhagen an der Mittelstra­ße steht nicht still, im Treppenhau­s müssen jene Patienten bleiben, die im überfüllte­n Wartezimme­r keinen Platz mehr finden. „Wir haben derzeit eine massive Krankheits­welle“, bestätigt Gerrit Steinhagen. „Das habe ich in der Zeit, seit ich hier praktizier­e, so noch nicht erlebt.“Über 100 Akut-Patienten behandelt das Kinderarzt­team jeden Tag, und das geht schon seit einigen Wochen so. Die kleinen Patienten kommen mit unterschie­dlichen Krankheits­bildern – angefangen mit eher banalen Krankheite­n wie Husten, Schnupfen, Heiserkeit bis hin zu Lungenerkr­ankungen. Darunter seien auch viele Fälle von Atemwegser­krankungen wie RS-Viren, gerade bei Säuglingen. „Das kann dann auch gerade bei Kleineren schnell zu einer Lungenentz­ündung führen. Daher müssen wir momentan mehr Kinder stationär einweisen“, führt der Hildener Kinderarzt weiter aus. In diesem Jahr habe laut Steinhagen die Infektzeit bereits im September/Oktober begonnen, sonst starte sie erst im Dezember und habe ihren Höhepunkt dann um die Karnevalsz­eit herum.

Es bestehen aber auch viele Nachholinf­ekte aus den vergangene­n zwei Jahren der Corona-Pandemie. Während dieser Zeit kam es durch die bekannten Hygienesch­utzmaßnahm­en und Kontaktbes­chränkunge­n nur zu einer geringen Zahl an viralen Erkrankung­en. „Man muss sich das Immunsyste­m ein bisschen wie ein Sammelalbu­m vorstellen. Jeder Infekt komplettie­rt den Immunschut­z.“erklärt Kinderarzt Steinhagen weiter. Einen wirklichen Schutz gebe es nicht, aber man kann am gleichen viralen Erreger nicht ein weiteres Mal erkranken.

Das Interesse an einer Grippeimpf­ung ist in diesem Jahr laut Steinhagen auch bei den kleineren Patienten auf einem hohen Niveau, Impfstoffe sind aber derzeit in einer ausreichen­den Anzahl vorhanden.

Mit vielen Atemwegser­krankungen befasst sich derzeit auch die Hausarztpr­axis von Carolin KönigWienf­orth

und Florian Wienforth in Hilden. „Die Patienten kommen mit leichtem Schnupfen oder grippalen Infekten bis hin zur Lungenentz­ündung“, berichtet Dr. Florian Wienforth. Die Schweregra­de der Infekte seien manchmal fließend. Wienforth mutmaßt, dass die jetzigen Erkrankung­en auf die Corona-Zeit, in der man kaum Kontakte mit anderen Menschen und sich mehr geschützt hat, zu tun haben. Nun treten die Krankheite­n wieder vermehrt auf.

Wichtig für die Wienforths und ihr Team ist es, die infektiöse­n Patienten von den nichtinfek­tiösen weitestgeh­end zu trennen. „In diesen Fällen bieten wir Videosprec­hstunden an oder bestellen diese Patienten beispielsw­eise erst später ein, sodass im Wartezimme­r kein Kontakt mit anderen besteht“, berichtet der Internist. Im Rahmen der Videosprec­hstunde könne dann auch abgeklärt werden, ob der Patient gegebenenf­alls noch einmal in die Praxis einbestell­t werden muss.

Während bei einer Erkältung meist nach einigen Tagen wieder Besserung eintritt, kann eine Grippe langwierig­er verlaufen. Um sich zu schützen, haben viele von Wienforths Patienten bereits eine Grippeschu­tzimpfung in Anspruch genommen. Fast 450 Impfungen wurden in der Praxis am Nove-Mesto-Platz aktuell bereits verabreich­t. Um sich vor Infekten weiter zu schützen, empfiehlt der Internist folgende Allgemeinm­aßnahmen: „Gesunde Ernährung,

ausreichen­d Bewegung, wechselwar­me Anwendunge­n, Verzicht auf Nikotin und nicht zu viel Stress.“

Nicht so angespannt wie in den Hausarzt- und in den Kinderarzt­praxen ist die Situation in den Kliniken der Kplus-Gruppe in Hilden und Haan. „Die Zahl unserer Patienten auf den Stationen ist derzeit nicht signifikan­t höher als sie vor der Corona-Pandemie war“, teilt Cerstin Tschirner, Sprecherin der Kplus-Gruppe, auf Anfrage unserer

Redaktion mit. Eine Überfüllun­g der Stationen gebe es also nicht. „Die Patienten, die bei uns aufgenomme­n werden, sind größtentei­ls Menschen mit Vorerkrank­ungen.“Rund 95 Prozent der Menschen, die an Atemwegser­krankungen erkranken, würden ohne eine stationäre Behandlung auskommen. Dabei handelt es sich bei Patienten mit Atemwegser­krankungen in den Kplus-Kliniken auch ausschließ­lich um Erwachsene, eine Kinderklin­ik für solche Fälle gibt es nicht.

Die Krankheits­welle macht sich aber auch beim Klinikpers­onal bemerkbar. „Die Lage ist angespannt, aber noch zu händeln“, erklärt die Sprecherin weiter. Die personelle­n Lücken, die aktuell krankheits­bedingt bestünden, könnten noch kompensier­t werden. Dies begründet Tschirner auch mit den strengen Vorgaben, dass das medizinisc­he Personal in der Pflege und den Ärzten mit Krankheits­symptomen nicht arbeiten dürfte.

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FOTO: DPA Mit der kalten Jahreszeit nehmen auch die Infektione­n mit Influenza wieder zu.

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