Rheinische Post Hilden

Auf zwei Fahrrädern einmal um die Welt

Jobs und Wohnung gekündigt und ab aufs Rad: Rebecca Chudaska und Elias Huland haben sich auf eine Reise quer durch die Welt gemacht. Mit 20.000 Kilometern in den Beinen und um viele Erfahrunge­n reicher ist das Paar vor wenigen Monaten nach Deutschlan­d zur

- VON ELMAR KOENIG

„Wenn jemand eine Reise tut, so kann er was erzählen“, erkannte schon der Dichter Matthias Claudius. Viel zu erzählen haben auch Rebecca Chudaska und Elias Huland nach ihrer Reise rund um die Welt. Eigentlich beeindruck­en schon diese drei Zahlen: 14 Monate, 20.000 Kilometer, 21 Länder. Noch spektakulä­rer wird es, wenn die beiden Haaner das Gefährt ihrer Wahl verraten: Rund um den Globus ging es auf dem Fahrrad.

Seit mehr als einem Jahrzehnt sind die beiden Haaner ein Paar und waren gemeinsam immer wieder mit dem Fahrrad in Europa unterwegs. Nach den zähen CoronaJahr­en brauchte es eine Zäsur, beschreibt Elias Huland im Rückblick die Motivation zur Weltreise auf dem Fahrrad. Startpunkt war im Oktober 2022 Österreich. Es ging über den Balkan nach Athen. Und gerade die ersten Etappen durch Slowenien dürften vielleicht noch ein mulmiges Gefühl hinterlass­en haben. So warnten dort Schilder vor einem Bärengebie­t. Und auch im Norden Griechenla­nds ist das größte Raubtier des Kontinente­s immer noch heimisch. „Gerade im Herbst ist es vielleicht keine gute Idee, dort sein Zelt aufzuschla­gen, wenn ein Bär kurz vor dem Winterschl­af noch auf der Suche nach Kalorien ist“, erinnert sich Elias Huland an den Auftakt der Reise.

Tatsächlic­h aber sollte es weder hier noch in den anderen Ländern zu wirklich gefährlich­en Begegnunge­n mit Tieren kommen. „Selbst die Schlangen in Australien sind uns rechtzeiti­g aus dem Weg gekrochen“, berichtet der 31-Jährige über die Tour am anderen Ende der Welt. Australien und Neuseeland waren jedenfalls die nächsten Stationen, die das Paar in Angriff nahm. Von dort aus ging es immer wieder auf dem Rad und auf der Fähre weiter durch Südostasie­n: Indonesien, Malaysia, Thailand, Kambodscha, Vietnam, China und Japan waren einige der Länder, die Huland und Chudaska bereisten.

Für eine solche Tour braucht es jedenfalls stabiles Material. Unterwegs waren die beiden Abenteurer, die vor ihrer Reise bei der Deutschen Gesellscha­ft für internatio­nale Zusammenar­beit (GIZ) tätig waren, mit besonders stabilen Gravelbike­s. Obgleich: Ohne Pannen geht es auch mit solchen Rädern nicht. Huland zählt mit Blick auf sein Rad auf: „Das Vorderrad kommt aus Malaysia, das Hinterrad aus Südkorea, die Kurbel ist aus China und das Lenkerband aus Japan. Man kann leider keine Souvenirs mitnehmen, da man beim Reisegepäc­k sparen muss, aber dafür ist mein Fahrrad jetzt ein Souvenir:“Zudem zählte das Paar insgesamt 25 Platten auf seiner Reise.

Bei Pannen merkten die beiden Deutschen jedenfalls sehr schnell, dass die Menschen überall in der Welt gerne helfen. Oft ging es per Lastwagen in die nächste Stadt, wenn Material oder Beine nicht mehr wollten. Um die nächste Werkstatt zu finden, musste man eigentlich nur das landesspra­chliche Wort für Fahrrad kennen, es hört zum Beispiel auf Indonesisc­h auf den klangvolle­n Namen „Sepeda“, verrät Huland. Zudem gibt es

WhatsApp-Gruppen, in denen sich radelnde Globetrott­er austausche­n.

Die Natur kann aus ganz unterschie­dlichen Gründen beeindruck­en. In Malaysia war es eine Elefantenf­amilie, die in Sichtweite durch den Urwald marschiert­e und Bäume und Boden beben ließ. Aber auch hier wackelte die Erde, jedoch deutlich stärker: In Indonesien wurde das Paar in der Nacht durch ein Erdbeben aufgeschre­ckt. Huland:

„Wir hatten unser Zelt an der Küste aufgeschla­gen und waren sehr unsicher: Kommt ein Tsunami?“Gemeinsam mit den Einheimisc­hen habe man dann im Internet nach Nachrichte­n gesucht und glückliche­rweise feststelle­n können, dass das Epizentrum zu weit entfernt war, um gefährlich zu werden.

Eigentlich habe man relativ einfach von Land zu Land reisen können, berichtet der Haaner. Lediglich die Einreise

nach China sei aufwendig gewesen. In Hanoi verbrachte das Paar eine Woche, um ein Visum zu bekommen, dann musste es alle Übernachtu­ngen seiner Reise durch das Reich der Mitte vorab buchen – und konnte diese nach der Ankunft einfach wieder stornieren, ohne das sich irgendeine Behörde dafür interessie­rte.

Der Weg führte schließlic­h nach Tibet und damit auf Höhen von teilweise mehr als 4000 Metern. „Wichtig ist, dass man maximal 500 Höhenmeter Unterschie­d zwischen den Übernachtu­ngsplätzen hat“, hat Huland einen Tipp für jeden parat, der mit dem Rad hoch hinaus möchte, anderenfal­ls könne man höhenkrank werden. Ein typisches Symptom ist Übelkeit. Die körperlich­e Erfahrung war auch ohne Erbrechen intensiv: „Man merkt, dass der Atem schneller geht. Man schläft viel, aber nicht sehr gut. Das Gesicht quillt etwas auf.“

Der Abschluss der Asienreise folgte in Japan. Der Gegensatz zu Tibet hätte kaum größer sein können, zählt Tokio mit rund zehn Millionen Einwohnern (die Metropolre­gion kommt auf die vierfache

Zahl an Menschen), zu den größten Städten der Welt, doch: „Es war bis kurz vor dem Stadtzentr­um überrasche­nd ruhig, denn es gibt dort ausgedehnt­e Viertel mit vielen einsamen Straßen.“

Zwar sei der Verkehr vielerorts die größte Gefahrenqu­elle gewesen, jedoch nicht in Japan mit seinen gut ausgebaute­n Straßen und den rücksichts­vollen Menschen, die dort unterwegs sind. Aber was bleibt am Ende einer solchen Reise hängen? „Man lernt, dass man mit Problemen und Herausford­erungen umgehen kann“, findet Elias Huland. Und eine solche Herausford­erung bedeutet mit der Rückkehr zu Weihnachte­n, das Wiedereinl­eben in Deutschlan­d. Freundscha­ften wollen wieder gepflegt werden, und das Paar begibt sich allmählich wieder auf Jobsuche. Diese dürfte sich nach einer 20.000 Kilometer langen Fahrt vermutlich wie eine leicht zu bewältigen­de Etappe anfühlen.

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FOTOS: PRIVAT Keine Nummer zu groß war die Weltreise mit dem Fahrrad für Rebecca Chudaska und Elias Huland.
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Rebecca Chudaska und Elias Huland trafen in Indonesien auf andere Radreisend­e und auf Einheimisc­he.

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