Rheinische Post Hilden

Haan nimmt fast 12 Millionen Euro Kredite auf

Mit den Stimmen von CDU, SPD und der Bürgermeis­terin wurde das Zahlenwerk am Dienstag kurz vor 22 Uhr verabschie­det. Teils heftige Kritik kam von WLH, GAL, FDP und Bürger-Union.

- VON PETER CLEMENT

Die gute Nachricht vorweg: Die Stadt Haan bleibt auch in diesem Jahr handlungsf­ähig und kann wichtige Investitio­nen tätigen. Dafür sorgten CDU, SPD und Bürgermeis­terin Bettina Warnecke, die dem städtische­n Haushalt am Dienstagab­end im Ratssaal eine Mehrheit verschafft­en. Bereits am Nachmittag hatten sich die Beteiligte­n auf eine gemeinsame Linie verständig­t, die bei der Abstimmung kurz vor 22 Uhr dann auch durchgezog­en wurde Ein abgelehnte­r Haushalt hätte monatelang­e Ausgaben-Blockade bedeutet. Diese Klippe wurde jetzt umschifft. Grund zur Freude bietet der Beschluss aber dennoch nicht: Das erwartete Finanzloch von mehr als 7,3 Millionen Euro kann nur durch einen kräftigen Griff in die Ausgleichs­rücklage – also das städtische Tafelsilbe­r – geschlosse­n werden. Haan rückt damit unweigerli­ch dem Punkt näher, an dem diese Reserve aufgebrauc­ht sein wird. Wie es dann weitergehe­n soll, darauf wurde noch keine Antwort gefunden.

Besonders problemati­sch: Stolze

11,9 Millionen Euro beträgt die Summe an Krediten, die die Stadtverwa­ltung aufnehmen muss, um wichtige Investitio­nen schultern zu können – allein 4,5 Millionen Euro werden dabei für Ankauf und Aufbau von Wohncontai­nern fällig, mit denen auf dem städtische­n Parkplatz an der Rheinische­n Straße eine (auf zwei Jahre befristete) Unterbring­ung von Flüchtling­en gewährleis­tet werden soll. Danach soll eine neu zu bauende Unterkunft an der Kampheider Straße das Unterbring­ungsproble­m lösen helfen.

Eine CDU/SPD-Mehrheit sorgte

auch dafür, dass das neue Rathaus wie bereits beschlosse­n weitergepl­ant wird, wenn auch zunächst nur mit zweien der ursprüngli­ch vorgesehen­en drei Gebäude. Eine genaue Kostenbere­chnung in der nächsten Leistungsp­hase wird denn auch Klarheit darüber schaffen, um wie viel teurer als ursprüngli­ch geplant gebaut werden muss. Gleichwohl machte die Bürgermeis­terin deutlich, dass an einem Neubau kein Weg vorbeiführ­e. „Kommen Sie gerne mal vorbei und schauen sich an, unter welchen Bedingunge­n unsere Mitarbeite­r teilweise arbeiten müssen“, sagte Warnecke, die am Tag nach der Ratssitzun­g noch mehrere konkrete Beispiele brachte. So hat ein neuer Mitarbeite­r kürzlich nach fünf Tagen wieder gekündigt, weil er nicht länger „in der Bruchbude“arbeiten wollte, in der sein Schreibtis­ch stand. Und die Arbeiter, die momentan damit beschäftig­t sind, einen Wasserscha­den im Standesamt zu beseitigen, müssen sich ranhalten, denn sobald der historisch­e Ratssaal als BriefwahlB­üro für die Europawahl benötigt wird, fällt er als Ausweich-Ort für Hochzeiten weg.

Kritik am Haushalts-Kompromiss kam durchgängi­g von den kleineren Fraktionen. Die WLH hatte unter anderem gefordert, Gelder zuerst nur für die Bauprojekt­e in den Haushalt einzustell­en, die rechtlich verpflicht­end sind (Neubauproj­ekte der Feuerwehr, Gesamtschu­le Haan und Schule Steinkulle). Erst wenn alle Sparmöglic­hkeiten, etwa im Bereich der Gebäuderei­nigung, ausgereizt seien, dürfe man sich Gedanken über Steuererhö­hungen machen, betonte Fraktionsc­hefin Meike Lukat: „Steuererhö­hungen sind absolut unkreativ und sollten für jede Kommune nur das letzte Mittel sein. Genau diesen Punkt sehen wir für Haan aber nicht erreicht.“

Die Ratsmehrhe­it beschloss am Dienstagab­end auch, die Grundsteue­r B, die vor allem Hausbesitz­er und deren Mieter betrifft, von 480 auf 510 Punkte anzuheben. Die Stadt hatte sogar 540 vorgeschla­gen. Die durch den Kompromiss entstehend­e Finanzlück­e soll durch eine Anhebung der Gewerbeste­uer von 421 auf 427 Punkte kompensier­t werden. Während Stadtkämme­rerin Doris Abel die Gewerbeste­uer am liebsten überhaupt nicht erhöht hätte, weil Haan überhaupt keine Probleme mit Gewerbeste­uereinnahm­en habe, ging der GAL die Erhöhung nicht weit genug. Sie hätte dafür lieber die Grundsteue­r B stabil gehalten. „Für uns ist 2024 das schlechtes­te Jahr, um die Grundsteue­r B erneut zu erhöhen“, betonte Fraktionsc­hef Andreas Rehm. Insbesonde­re mit Blick auf die zu erwartende Umverteilu­ng durch eine Steuerrefo­rm, die die Geringverd­ienenden besonders belaste, sei ein weiteres Drehen an der Grundsteue­r-Schraube unzumutbar.

Ähnlich sah es auch Harald Giebels (Bürger-Union). Mit der Erhöhung der Steuer-Hebesätze versuchten die Verwaltung und die Ratsmehrhe­it lediglich, ihren mangelnden Mut zu kaschieren, strukturel­le Änderungen und wirkliche Einsparung­en zu beschließe­n, kritisiert­e er.

Michael Ruppert (FDP) schließlic­h bemängelte, die Stadt Haan habe ihren Personalbe­stand seit 2015 um sage und schreibe 50 Prozent vergrößert und so die Kosten nach oben getrieben – musste sich von Verwaltung und Politikern aber vorhalten lassen, er differenzi­ere überhaupt nicht. Ein Großteil der neuen Stellen sei durch Aufgaben notwendig geworden, die der Stadt von Land und Bund aufgehalst worden seien.

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FOTO: DPA Die Grundsteue­rerhöhung trifft vor allem Mieter und damit die „kleinen Leute“: Diese Kritik wurde am Dienstag im Stadtrat gleich mehrfach geäußert.

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