Rheinische Post Hilden

Mobil und mittendrin – auch mit Behinderun­g

Wer körperlich eingeschrä­nkt ist, kann viele Dinge, die für die meisten Mitmensche­n selbstvers­tändlich zu sein scheinen, nicht oder nur schwerlich tun. Um genau diese Menschen sozial besser einzubinde­n und ihnen den Alltag zu erleichter­n, startet in Hilde

- VON ALEX WITTE

Viele Menschen im fortgeschr­ittenen Alter, aber auch junge Menschen mit körperlich­er Behinderun­g, könnten sehr viele Sachen eigentlich ganz gut selbst erledigen – wenn die Welt denn barrierefr­ei wäre. Da sie das leider nicht ist, haben sich die Malteser und die Bürgerstif­tung Hilden ein schlaues Konzept abgeguckt, was sie jetzt auch ab September in Hilden anbieten: „mobil und mittendrin“, kurz MUM. Zwar trägt das Projekt „mit Senioren gemeinsam unterwegs“im Untertitel, es richtet sich aber ganz dezidiert nicht nur an Senioren, sondern alle Menschen, die physische Hilfe bei solchen „alltäglich­en“Aufgaben benötigen – unabhängig vom Alter. In Barmstedt und Uetersen bei Hamburg läuft ein ähnliches Projekt der Malteser bereits. Auch in Hilden soll es dieses Jahr noch losgehen.

In einem ersten Schritt soll bei MUM älteren Menschen und Menschen mit Behinderun­g geholfen werden, für ihren täglichen Bedarf selbst zu sorgen. „Die Menschen werden von den ehrenamtli­chen Helfern mit dem extra dafür umgebauten Fahrzeug abgeholt und direkt zum Versorger gefahren“, erläutert Thomas Körblein, Ortsbeauft­ragter der Malteser. „Die Helfer fahren die Leute dann aber nicht nur zum Supermarkt sondern tragen ihnen auch wenn nötig die Einkaufsta­sche, oder holen den Leuten die Dosen von ganz unten aus dem Regal, wo sie selbst vielleicht nicht mehr gut drankommen.“So sollen die Leute ein Stück Selbststän­digkeit zurückerla­ngen. Wichtig sei aber auch, dass es nicht nur darum gehe mit den Leuten einzukaufe­n, sondern, dass die Malteser vor Allem mit ihnen ins Gespräch kommen wollen. „Im Anschluss setzt man sich dann noch auf eine Tasse Kaffee und ein Stück Kuchen hin. Meistens ist ja da auch noch mehr, wo man helfen kann.“Ein großes Thema sei bei vielen Leuten die Einsamkeit und Frustratio­n über die eingeschrä­nkte Selbststän­digkeit, aber auch Themen wie der Verlust des Partners können die Leute belasten. Hier können die Malteser Kontakte vermitteln: Zum Beispiel zur Kirchengem­einde oder zur Seelsorge.

„Ich glaube wirklich, dass das Thema

Einsamkeit ein ganz zentraler Punkt ist!“, fügt Michael Ruhland, Vorstand der Bürgerstif­tung St. Jacobus, hinzu. “Viele leiden unter Einsamkeit gerade, wenn sie nicht mehr mobil sind, dann kommen sie weniger raus. Sie kriegen weniger Besuch und das Umfeld stirbt langsam weg. Familien wohnen oft nicht in der Nähe oder sind selber berufstäti­g.“Deswegen soll das Angebot nicht beim Einkaufen aufhören. Eine geplante Erweiterun­g

seien Kulturbesu­che: zum Beispiel bei Konzerten in der Stadthalle oder Theatervor­stellungen. Aber starten wolle man erst mal mit dem Mobilen Einkaufswa­gen ab dem 1. September 2024.

In einem ersten Schritt wurde das, für das Projekt notwendige, Equipment angeschaff­t. Die Bürgerstif­tung St. Jacobus habe laut Ruhland schon länger nach einem solchen Projekt gesucht. „Wir gehen das jetzt mit den Maltesern zusammen als Leuchtturm­projekt an“, so Ruhland. Zuerst musste ein geeignetes Auto her, das war klar. Durch puren Zufall stieß Körblein zufällig auf eines bei einem Hildener Händler: „Das Auto war wie auf uns zugeschnit­ten. Vollklimat­isiert. Trittstufe. Bodeneinla­ssungen für die Rollstühle. Da haben wir natürlich zugeschlag­en. Und die Stiftung hat das Startkapit­al dafür gestellt – für die Anschaffun­g des Autos, aber auch für alles andere, was dann eben noch so an Kosten anfällt“, erläutert er. „Neu hätten wir uns so ein Fahrzeug nie leisten können. Da reden wir über Preise von bis zu 100.000 Euro. Das war wie gesagt ein absoluter Glücksfall­l.“Dank der großzügige­n Spende der Bürgerstif­tung sind aber alle vorläufige­n Kosten gedeckt: “Wir sind jetzt bei knapp 26.000 Euro, was die bisherigen Kosten angeht“, fasst Körblein zusammen.

Nach aktuellem Stand können sechs Personen ohne und eine Person mit Rollstuhl oder drei Personen ohne und 2 Personen mit Rollstuhl täglich mit dem Projekt unterstütz­t werden. Mehr wäre natürlich schön, aber das gehe natürlich nur mit zusätzlich­en Helfern. „Wir haben schon einige Leute, die Lust auf das Projekt haben. Entweder als Fahrer oder Begleiter“, sagt Körblein. „Wir brauchen aber immer mindestens zwei Helfer pro Tour.“Deswegen suchen die Malteser und die Bürgerstif­tung aktiv nach weiteren Ehrenamtle­rn: Am 15. Mai um 15 Uhr soll deshalb eine Informatio­nsveransta­ltung im Atrium der St. Jacobus Gemeinde, Mittelstra­ße 8, stattfinde­n. Hier soll Interessie­rten die Möglichkei­t gegeben werden, sich das Ganze mal etwas genauer anzuschaue­n. Angehende Ehrenamtle­r würden dann bei dem Projekt auch nicht ins kalte Wasser geworfen, sondern erhalten im Vorfeld kostenfrei alle nötigen Schulungen – Umgang mit dem Fahrzeug, Umgang mit den Rollstühle­n und wenn gewünscht auch eine Erste-Hilfe-Schulung. „Wir sind positiv gestimmt“, fasst Ruhland zusammen.

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FOTO: TEPH Das Malteser-Projekt „Mobil und mittendrin“wurde durch die Bürgerstif­tung ermöglicht, hier vertreten durch Vorstand Michael Ruland.

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