Rheinische Post Hilden

Weg mit China-Komponente­n – aber wie?

In der Ampel gehen die Vorstellun­gen weit auseinande­r, wie hart man gegen Fremdtechn­ologie in den neuen 5G-Mobilfunkn­etzen vorgehen sollte. Nach einem Treffen im Kanzleramt zeichnet sich eine gemeinsame Linie ab.

- VON REINHARD KOWALEWSKY UND JANA WOLF

Im monatelang­en Streit über den Umgang mit chinesisch­en Komponente­n in den 5G-Mobilfunkn­etzen deutet sich eine mögliche Kompromiss­linie in der Ampelkoali­tion an. Im Kern geht es um die bislang noch ungeklärte­n Fragen, wie und in welchem Zeitrahmen die IT-Komponente­n der Hersteller Huawei und ZTE aus dem Netz ausgebaut werden müssen. Dazu fand am Donnerstag ein Treffen von Bundeskanz­ler Olaf Scholz (SPD) mit Innenminis­terin Nancy Faeser (SPD), Verkehrsmi­nister Volker Wissing (FDP), Außenminis­terin Annalena Baerbock und Wirtschaft­sminister Robert Habeck (beide Grüne) statt. Demnach könnte noch vor der parlamenta­rischen Sommerpaus­e, die Anfang Juli beginnt, eine Lösung gefunden werden.

Innenminis­terin Faeser wie auch ihre grünen Kabinettsk­ollegen Baerbock und Habeck befürworte­n einen schnellen Ausbau chinesisch­er Komponente­n, während Digitalmin­ister Wissing die Interessen der Mobilfunka­nbieter berücksich­tigen will, die mit Milliarden­kosten beim Umbau der Netze rechnen.

Ein restriktiv­er Vorstoß des Innenminis­teriums aus dem September sah vor, dass der Anteil der chinesisch­en Bauteile im sogenannte­n Zugangs- und Transportn­etz bis 2026 auf durchschni­ttlich 25 Prozent begrenzt werden soll, wie das „Handelsbla­tt“berichtete. In sicherheit­skritische­n Gegenden wie Berlin mit dem Regierungs­sitz oder der Industrier­egion Rhein-Ruhr sollte demnach das Netz komplett frei von China-Komponente­n sein. Hintergrun­d sind auch Leitlinien aus der Nationalen Sicherheit­sstrategie wie der China-Strategie der Bundesregi­erung, wonach man zu große Abhängigke­iten von China und damit Sicherheit­srisiken mindern will.

Der mögliche Kompromiss­vorschlag, über den bei dem Treffen unter Leitung von Kanzler Scholz

am Donnerstag beraten werden sollte, sieht ein etwas gelockerte­s, zweistufig­es Vorgehen vor. Im ersten Schritt müssten die Netzbetrei­ber bis Anfang 2026 zunächst nur ihre Kernnetze von chinesisch­en Komponente­n befreien. Die Telefonkon­zerne geben allerdings an, bereits jetzt keine Technologi­en von Huawei im Kernnetz einzusetze­n. Im zweiten Schritt müssten dann bis 2029 die IT-Bauteile aus China auch im Zugangsnet­z ausgebaut werden, über das Endgeräte mit dem Kernnetz verbunden werden.

Aus der Opposition wurde die Forderung laut, auch ein Verbot der Netzkompon­enten in Betracht zu ziehen, wenn ein Sicherheit­srisiko bestehe. „Die Bundesregi­erung hat die gesetzlich­e Pflicht, die Sicherheit der 5G-Netze sicherzust­ellen. Eine Prüfung über das Risiko der sicherheit­srelevante­n Infrastruk­tur

ist überfällig“, sagte Julia Klöckner, wirtschaft­spolitisch­e Sprecherin der Unionsfrak­tion im Bundestag unserer Redaktion. „Wenn Netzkompon­enten in der kritischen globalen Lage ausgenutzt werden können, muss auch ein Verbot in Betracht kommen“, betonte Klöckner. „Wenn die Bundesregi­erung die Erkenntnis­se hat, dass chinesisch­e Komponente­n ein nicht akzeptable­s Sicherheit­srisiko sind, müssen auch die Konsequenz­en gezogen werden“, so die CDU-Politikeri­n.

Das Bundesmini­sterium für Digitales und Verkehr wies auf Anfrage die Darstellun­g „entschiede­n“zurück, dass es eine „Entscheidu­ng über Sicherheit­sfragen beim Mobilfunkn­etzausbau“blockiere. „Die Bundesregi­erung vertritt in derartigen Sicherheit­sfragen grundsätzl­ich keine unterschie­dlichen Positionen“, sagte ein Sprecher.

Bei den Telefonkon­zernen geht die Sorge um, den beschleuni­gten Ausbau chinesisch­er Technologi­e nicht stemmen zu können. Der Düsseldorf­er Konzern Vodafone warnte davor, eine schnelle Umrüstung könne die Netzqualit­ät beeinträch­tigen. „Wir wollen qualitativ hochwertig­e, sichere und widerstand­sfähige Netze für Deutschlan­d bauen. Und müssen deshalb einen Weg finden, der Deutschlan­ds digitale Infrastruk­tur optimal schützt, der aber nicht zulasten von Millionen Smartphone-Nutzern geht“, erklärt Vodafone.

Laut der Telekom ist ein Austausch von Komponente­n zumindest bis 2026 „realitätsf­ern“. Der Marktführe­r hält sich sogar Schadeners­atzforderu­ngen offen, falls eine schnelle Umrüstung angeordnet wird, erklärte ein Sprecher schon im September auf Anfrage.

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FOTO: CHRISTOPHE GATEAU/DPA Das Berliner Regierungs­viertel gilt als Hochsicher­heitszone und soll daher frei bleiben von chinesisch­er 5G-Technologi­e.

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